In der Verbandsgemeinde Maikammer jährt sich im Juni ein ganz besonderes Ereignis. Vor genau 10 Jahren hat die Verbandsgemeinde eine sehr hohe Hürde, nämlich die des höchsten Gerichtes unseres Landes, übersprungen. Mit Urteil vom 8. Juni 2015 hat der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz das Gesetz zur Eingliederung der Verbandsgemeinde Maikammer in die Verbandsgemeinde Edenkoben als mit der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nicht vereinbar und damit für verfassungswidrig erklärt. Das Gericht ist damit der Auffassung gefolgt, dass eine Verbandsgemeinde, die ihre dauerhafte Leistungsfähigkeit nachgewiesen hat, nicht zwangsweise aufgelöst werden darf.
Rückblick:
Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Eingliederung der Verbandsgemeinde Maikammer in die Verbandsgemeinde Edenkoben zum 1. Juli 2014 gab es die Verbandsgemeinde Maikammer fast 1 Jahr real nicht.
Die nach dem vorgenannten Gesetz „aufnehmende“ Verbandsgemeinde Edenkoben hatte ein funktionsfähiges „Gesamtgebilde“ zu schaffen und administrative und politische Strukturen zusammenzuführen. All das ging für die Beteiligten mit einem beachtlichen Veränderungsprozess einher. Satzungen, Vereinbarungen und Verträge mussten angepasst sowie die Beteiligungsstrukturen in kommunalen Unternehmen neu geordnet werden. Büros wurden aufgelöst und an neuen Standorten eingerichtet, Unmengen von Akten transportiert und in andere Dokumentenmanagementsysteme eingegliedert.
Daneben hatten sich die kommunalpolitischen Akteure auf die neue Situation einzustellen und waren gefordert, ihre Wahlvorschläge zur Verbandsgemeinderatswahl und der Wahlen der Ausschüsse im Jahr 2014 an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Eine besondere Herausforderung war die Erarbeitung und Aufstellung des ersten Gesamthaushaltes der neuen Verbandsgemeinde.
Doch die Verbandsgemeinde Maikammer hat sich mit der erzwungenen Fusion nicht „geschlagen gegeben“ und mit einer immensen Kraftanstrengung für den Erhalt ihrer Selbstständigkeit gekämpft.
Bereits im Jahr 2012 hatte eine überwältigende Zahl der Bürgerinnen und Bürger der Verbandsgemeinde in einer qualifizierten Bürgerbefragung ihren Willen zum Erhalt der Verbandsgemeinde Maikammer deutlich zum Ausdruck gebracht.
In den Folgejahren wurde von engagierten Bürgerinnen und Bürgern rund um Volker Stephan eine Bürgerinitiative gegründet und unter maßgeblichem Einsatz des langjährigen Bürgermeisters Karl Schäfer ein umfangreiches Gutachten auf den Weg gebracht, in dem die „möglichen Wirkungen einer Fusion mit der Verbandsgemeinde Edenkoben auf die Zusammenlegung beider Verwaltungen anhand einer IST-Analyse“ dargestellt wurde.
Wesentliche Schlussfolgerungen aus dem Gutachten waren u.a.:
| • | Die Verbandsgemeinde Maikammer hat die Leistungsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Verwaltungskraft großer Verbandsgemeinden. |
| • | Durch den kommunalen Gebietszusammenschluss der Verbandsgemeinden Maikammer und Edenkoben wird die Leistungsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Verwaltungskraft der Verbandsgemeinden weder kurz- noch mittelfristig verbessert oder gesteigert. |
| • | Die Annahme, dass mit einem kommunalen Gebietszusammenschluss die Verbandsgemeinde Maikammer zur Realisierung der erhofften Fusionsgewinne aus Synergien beitragen kann, hat sich nicht bestätigt. |
Schließlich klagte die Verbandsgemeinde Maikammer mit Unterstützung der Kanzlei Oppenländer Rechtsanwälte aus Stuttgart erfolgreich gegen die Eingliederung in die Verbandsgemeinde Edenkoben.
Wenngleich die Einwohnerzahl von 8.500 unterhalb der seinerzeit seitens des Landesgesetzgebers geforderten Mindesteinwohnerzahl von 12.000 Einwohnern lag, sah die Verbandsgemeinde aufgrund ihrer Wirtschaftskraft keine Notwendigkeit einer Zusammenführung.
Zu Recht, wie dann der rheinland-pfälzische Verfassungsgerichtshof am 8. Juni 2015 entschied.
Im vorliegenden Fall kam die im Gesetz aufgeführte Ausnahmeregel zur Anwendung, die die langfristig finanziell tragfähigen Strukturen und die Wirtschaftlichkeit der Verbandsgemeinde in den Mittelpunkt stellt und anhand derer die Richter eine Unterschreitung der Mindesteinwohnerzahl akzeptierten.
11 Monate und 8 Tage nach der erzwungenen Zusammenlegung wurde der gesamte Prozess rückabgewickelt. All dies kostete erneut immens Zeit, Kraft und auch Geld.
Ausblick:
Im Nachhinein betrachtet war die Rückabwicklung nicht nur Herausforderung, sondern gleichermaßen auch Chance.
In allen Aufgabenbereichen konnten seither große Vorhaben umgesetzt oder zumindest angeschoben werden.
So konnten - getragen von der Überzeugung, dass Schulen wichtige Standortfaktoren sind - an allen drei Schulstandorten umfangreiche Baumaßnahmen realisiert werden. In Kirrweiler die Einhausung der Pausenhalle sowie die Umsetzung eines 2. Rettungsweges und der 1. Bauabschnitt der Sanierung der Schulturnhalle. In St. Martin eine umfangreiche Brandschutzsanierung der Grundschule und in Maikammer die Umsetzung eines neuen Sanitärbereiches. Ferner wurden neue Spielgeräte auf den Pausenhöfen angebracht. Darüber hinaus wurden zur Verbesserung der Luftqualität und Energieeinsparung in allen 3 Grundschulen Raumlufttechnische Anlagen installiert. Ferner ist Dank des Digitalpaktes die Digitalisierung der 3 Grundschulen immens vorangeschritten.
In Zusammenarbeit mit der Stadt Neustadt wurde für Seniorinnen und Senioren das Angebot Gemeindeschwester plus eingerichtet und bereits personell aufgestockt. Eine entsprechende Fachkraft ist Ansprechpartnerin für hochbetagte, aber noch nicht pflegebedürftige Bürgerinnen und Bürger und gibt Hilfestellungen, damit diese möglichst lange in vertrauter Umgebung leben können. Darüber hinaus wurden Digitalbotschafter und Sicherheitsbeauftragte für Senioren ausgebildet und der Seniorenwegweiser fortgeführt.
Ferner wurden Ideen von Jugendlichen aufgegriffen und z.B. WLan im Jugendtreff angeboten bzw. ein sog. Bolzplatz in der Gemeinde Maikammer befindet sich in der Planung.
Zur Unterstützung Geflüchteter und Entlastung des Ehrenamts wurde eine Integrationsbeauftragte eingestellt; eine weitere Kraft wird alsbald folgen.
Überzeugt davon, die Feuerwehr als wichtigste Sicherheitsorganisation der Verbandsgemeinde möglichst dezentral aufgestellt sein sollte, wurden in den vergangenen Jahren 6 neue und 1 gebrauchtes Feuerwehrfahrzeug angeschafft. Ferner wurde die technische Ausstattung der Feuerwehr optimiert. Darüber hinaus wurde ein Hauptamtlicher Gerätewart eingestellt. Als Zeichen der Wertschätzung wurden darüber hinaus für alle Kameradinnen und Kameraden Ausgehuniformen angeschafft und Dienstausweise ausgestellt sowie für Feuerwehrangehörige kostenfreier Eintritte ins Kalmitbad gewährt.
Was die wichtigen Zukunftsthemen Energie, Klima und Umwelt betrifft, wurde die Installation von Photovoltaikanlagen auf den öffentlichen Gebäuden ausgeweitet, zuletzt auf dem Klärschlammplatz in Kirrweiler.
Darüber hinaus wurden unter Bürgerbeteiligung eine Nachhaltigkeitsstrategie, ein Gewässerentwicklungsplan sowie ein Starkregenkonzept beschlossen und teilweise umgesetzt (Renaturierungen, Ausweitung Gewässerunterhalt, Raumrechen).
Ferner ist die Verbandsgemeinde dem Kommunalen Klimapakt Rheinland-Pfalz sowie dem Pakt „resiliente Wasserversorgung“ beigetreten und Gründungsmitglied der Arbeitsgemeinschaft „fahrrad- und fußgängerfreundlicher Kommunen“.
Regelmäßige Investitionen in die Infrastruktur der Werke, sei es in Hochbehälter, Ver- und Entsorgungsleitungen oder Regenüberlaufbecken sind die Basis einer zuverlässigen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung. Daneben dürfen sich die Bürgerinnen und Bürger seit Jahren einer moderaten Gebührensituation bei Wasser und Abwasser erfreuen.
Neben den vorgenannten Maßnahmen hatte die Verbandsgemeinde die Sanierung des Kalmitbad zu schultern. Wie schon die Maßnahmen im 1. Bauabschnitt konnten auch jene des 2. Bauabschnitts erfreulicherweise innerhalb des Zeit- und Kostenrahmen umgesetzt werden.
Außerdem wurde mit dem Ministerium des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz ein deutlich erhöhter Zuschuss für die notwendige Sanierung des über 40 Jahre alten Rathauses verhandelt. Hintergrund hierfür war die Zusage des Landes aus dem Jahr 2015, finanzielle Nachteile, welche die Verbandsgemeinde durch die sich als rechtswidrig erwiesene Zwangsfusion im Jahr 2014 zu verzeichnen hatte, auszugleichen. Die bewilligte Zuwendung für die Sanierung des Rathauses war höchstwahrscheinlich die einzige und letzte Möglichkeit, die zugesagte Wiedergutmachung des Landes gegenüber der Verbandsgemeinde Maikammer zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger in voller Höhe auszuschöpfen.
Neben den investiven Vorhaben hat die Verbandsgemeinde Maikammer in den vergangenen 10 Jahren fortwährend versucht, ihrem Anspruch an eine zukunftsorientierte, leistungsstarke und bürgernahe Verwaltung gerecht zu werden, sich laufend den sich verändernden Bedingungen angepasst und ihre effiziente Verwaltungsorganisation weiter verbessert. Hierbei haben sich die hohe Flexibilität und das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erneut als ein Garant für die Leistungsstärke der Verbandsgemeinde Maikammer erwiesen. Überall da, wo es möglich und sinnvoll war, wurden Arbeitsabläufe mit Hilfe moderner Informations- und Kommunikationstechnik optimiert und Antragsformulare bzw. Prozesse digitalisiert.
Darüber hinaus ermöglicht seit geraumer Zeit ein Mängelmelder Bürgerinnen und Bürger, aber auch Gästen der Verbandsgemeinde, Mängel, die an Straßen oder Wegen, Grünanlagen oder Sportstätten, Spielplätzen oder sonstigen öffentlichen Einrichtungen und Gebäuden festgestellt werden, schnell und unbürokratisch auf digitalem Wege der Verwaltung mitzuteilen.
In dem seit 2021 herausgegebenen Newsletter erhalten interessierte Bürgerinnen und Bürger neben dem wöchentlich erscheinenden Nachrichtenblatt Kurzinformationen zu aktuellen Themen.
Darüber hinaus wurde die Zusammenarbeit mit anderen Kommunen wurde ausgebaut.
Beim Betrieb des Kalmitbad, der Wasserversorgung, den Grundschulen und der Gemeindeschwester plus arbeitet die Verbandsgemeinde mit der Stadt Neustadt zusammen.
Bei verschiedenen Aufgaben der Feuerwehr gibt es ebenfalls eine Kooperation mit der Stadt Neustadt, aber auch der Verbandsgemeinde Edenkoben.
Ende 2022 haben die Verbandsgemeinden Maikammer, Edenkoben, Annweiler und Hauenstein eine gemeinsame Vergabestelle gegründet, um Ausschreibungen effizient und rechtssicher durchzuführen.
Seit 2022 gehört die Verbandsgemeinde Maikammer neben der Verbandsgemeinde Edenkoben und div. Kommunen aus dem Landkreis Germersheim zur „LEADER-Region vom Wein zum Rhein“, was u.a. Zugriff auf Fördermittel der Europäischen Union ermöglicht.
Aktuell hat die Verbandsgemeinde Maikammer gemeinsam mit vier anderen Verbandsgemeinden einen Förderantrag auf den Weg gebracht, um im Archivwesen enger zusammenzuarbeiten und gemeinsames Personal einzustellen.
Sehr gespannt sein dürfen wir auch auf die Ergebnisse der Studie zu Identität, Lebensqualität und Tourismus in der Verbandsgemeinde Maikammer.
Wissenschaftliche Studien belegen, dass kommunale Identität eine wichtige Voraussetzung für zivilgesellschaftliches und politisches Engagement ist. Weiter belegen Untersuchungen, dass Einheimische zentralen Komponenten des touristischen Erfolges sind. Ferner zeigen Forschungen zur Tourismusakzeptanz Zusammenhänge zwischen der Einschätzung zur Lebensqualität und zum Identitätsempfinden auf. Im vergangenen Jahr haben die Verbandsgemeinde und die drei Ortsgemeinden nach jeweils einstimmigen Beschlüssen in den Räten das Deutsche Tourismusinstitut mit der Durchführung einer wissenschaftlichen Untersuchung beauftragt, deren Ziel es ist, mehr Klarheit über die kommunale Identität in der Verbandsgemeinde zu bekommen. Insbesondere soll aufgezeigt werden, mit welchen Möglichkeiten und Maßnahmen sich die Verbundenheit ggf. weiter stärken lässt. Da es sich um ein wissenschaftliches Forschungsprojekt des Deutschen Instituts für Tourismusforschung handelt, ist das Projekt für die Verbandsgemeinde mit keinen Kosten verbunden. Das Projekt ist zu Jahresbeginn 2025 gestartet. Mit ersten Ergebnissen wird zum Jahresende gerechnet, bevor diese dann im Frühjahr 2026 ggf. in politische Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse einfließen.
Fazit:
Getragen von den Bürgerinnen und Bürgern und einem herausragenden ehrenamtlichen Engagement mit viel Herzblut hat sich die Verbandsgemeinde Maikammer in den über 50 Jahren ihres Bestehens trotz der „kleinen“ Einwohnerzahl zu einer der „Großen“ in Rheinland-Pfalz entwickelt. Die Infrastruktur ist auf einem sehr hohen Niveau.
Dies alles sichert den Bürgerinnen und Bürgern eine gute Lebensqualität und viele Arbeitsplätze vor Ort.
Dabei hat sich gerade das besondere Gefüge der Verbandsgemeinde bzw. die einander ähnlichen Strukturen in den 3 Ortsgemeinden (Weinbau, Tourismus, vergleichbare Größen) als Stärke erwiesen.
Ebenso ist die ausgewogene Zusammensetzung des Ratsgremiums mit 11 Ratsmitgliedern aus Maikammer, 6 aus Kirrweiler und aus 7 aus St. Martin ein Garant für die erfolgreiche Entwicklung der gesamten Verbandsgemeinde.