Ormesheimer: Alfred Eisler und Max Groh
Jenseits des Flusses Dnepr blieben wir von Januar bis Ostern 1942 stationiert in einem Dorf. Dort hatte ich mit meinen Pferden grauenvolle Erlebnisse, die ich in meinem künftigen Leben nie vergessen habe. In dieser Winterstellung haben wir die Tiere in den Wohnungen der Häuser untergestellt, damit sie unter einem Dach waren. Die Räume waren in der Regel leer, ohne Möbel. Während dieser Zeit sind die meisten Truppenpferde verhungert, weil kein Fressen vorhanden war. Von meinen vier Pferden, die ich zu versorgen hatte, sind zwei gestorben. Das eine ist auf der Straße zusammengebrochen und nicht mehr hochgekommen, aus und vorbei! Ich habe da beim Pferd gekniet und seinen Kopf hochgehalten, habe vor lauter Kummer und Schmerz geheult wie ein kleiner Junge. In der Schmiede nebenan brannte ein Schlagmeister den verbleibenden Pferden noch das Divisionszeichen auf den Hinterbacken, damit man sie erkennen konnte, falls man sie gestohlen hätte. Man hatte alles Mögliche getan, nur kein Fressen für die Tiere beigeschafft. Kurz darauf lag auch mein zweites Pferd am Boden und konnte sich nicht mehr aufrichten. Ich habe seinen Kopf gehalten und es ist in meinen Armen gestorben. Die beiden anderen Pferde, die mir geblieben sind, waren russische Tiere, die an Kälte und Hunger gewöhnt waren und härtere Gangarten vertrugen. In dieser Zeit vom Januar bis Ostern habe ich jedoch auch schöne Tage erleben dürfen. Wir waren nur eine Handvoll deutsche Soldaten in dem russischen Dorf und konnten zu den Bewohnern ein richtig schönes Verhältnis aufbauen, was man angesichts des Kriegszustands nicht für möglich gehalten hätte. Es gab nicht nur keine Feindseligkeiten zwischen uns und den Leuten, sondern wir konnten an ihrem Leben teilnehmen, mit ihnen Mahlzeiten einnehmen oder mit ihnen den selbst gebrannten Schnaps in Hülle und Fülle genießen. Es war einfach eine schöne, lebenswerte Zeit mitten in einem unbarmherzigen, schlimmen Krieg. Fortsetzung folgt!
Hinweis:
In der letzten Ausgabe wurde auf dem Bild irrtümlich Alfred Angel (li) genannt. Es handelt sich dabei um Kuno Zell.