Vier Ormesheimer auf dem Heimweg nach dem Heimatabend: (v-re) Osmund Borner (94), Änne Speicher (102), Agathe Dier und Irmgard Bachmann-Cernko
Von Landstuhl aus ging es zunächst ins Mutterhaus, und von dort wurde ich abkommandiert zum damaligen Krankenhaus auf dem Reppertsberg in Saarbrücken, wo ich in einer Männerstation Dienst tun musste. Von dieser Zeit blieb mir ein Ereignis bis zum heutigen Tag im Gedächtnis. Da lag ein Mann, der uns ständig um Wasser gebettelt hat. Wir durften ihm jedoch keins geben, warum auch immer. Wir wussten, der Mann war leberkrank und seine Lippen waren völlig verkrustet. Es war ein Jammer, den Mann so leiden zu sehen. Als wir eines Morgens vom Mutterhaus zur Arbeit kamen, hörten wir, dass er verstorben sei. Im Leichenschauhaus konnte ich ihn noch einmal sehen. So eine Sache vergisst man in seinem Leben nicht mehr.
Nach einem Aufenthalt von 6 Wochen im Mutterhaus bekam ich nochmals Urlaub, dann kam die Einberufung fürs Lazarett in der Ukraine. Einen Teil der Schwesternkleidung bekamen wir schon im Mutterhaus, den Rest sollten wir in Berlin erhalten. Als ich mit meiner Mutter auf den Zug wartete, sie hatte mich zum Abschied begleitet, entdeckte ich eine junge Frau in der gleichen Kleidung wie ich. Es stellte sich dann heraus, dass die Frau genau wie ich nach Venica in der Ukraine unterwegs war. Für mich war das eine Riesenfreude, für die lange Reise eine Gefährtin gefunden zu haben. Nach dem traurigen Abschied von meiner Mutter ging es nun ab nach Berlin Babelsberg, wo sich die Filmstudios befinden. Dort sollten wir den Rest unserer Kleidung bekommen. Meine neue Freundin Gretel meinte, hier müsste uns jetzt so ein Filmfritze über den Weg laufen! Dies hörte einer, der direkt hinter uns auf der Bank saß. Der Mann lachte, und es war nicht zu glauben, es war der bekannte Filmschauspieler Karl Radatz, bekannt aus den Filmen „Stukas“ oder „Sophienlund“ aus der Zeit des 2. Weltkrieges. Noch eine Besonderheit auf dem Bahnhof Zoo: Ich erlebte die erste Rolltreppe in meinem Leben. Nun begann die dreitägige Fahrt nach Venica in der Ukraine. Nur einmal mussten wir in Preslitovs umsteigen, weil es ab hier eine andere Schienenspur gab. (Fortsetzung folgt).