Ormesheimer: (v-li) Manfred Müller, Helmut Steinmann, Walter Hartz
Wir fuhren dann auf der neuen Strecke weiter und plötzlich zwischen zwei Städten hieß es: „Raus aus den Wagen und hinlegen.“ Wir wussten zuerst nicht, was los war, weil absolut nichts geschah. Dann wurde uns jedoch gesagt, dass der vorherige Transportzug von Partisanen überfallen und stark beschossen wurde und man Ähnliches auch diesmal befürchtete. Wir hatten also Glück gehabt. Nach einem Halt in der nächsten Stadt hatten wir sogar Ausgang, weil der Zug dort einen längeren Aufenthalt hatte. Als wir jedoch zum Bahnhof zurückkehrten, hatten wir fast die Abfahrt verpasst. Wir konnten gerade noch mit Hilfe von Soldaten auf den anfahrenden Zug aufspringen. Meine Freundin Gretel kannte sich in Venica gut aus, weil das schon vor ihrem Urlaub ihr Betätigungsfeld war. Sie wurde gleich von mir getrennt und kam zur Station, während ich noch für mehrere Tage beim Stab bleiben musste. Dann kam auch ich in die Krankenstation und musste Verwundete pflegen, die Gott sei Dank schon über das Schlimmste hinweg, d. h., auf dem Wege der Besserung waren. Hier hatte ich gleich in der Anfangszeit ein schlimmes Erlebnis. Da es an vielen notwendigen Dingen fehlte, waren auch keine Urinflaschen vorhanden. Also behalfen wir uns mit Konservendosen, die dann unters Bett gestellt wurden. Da wir mit dem Verbinden und dergleichen vollauf beschäftigt waren, bat ich eine Russin, die bei uns zum Putzen angestellt war, freundlich und im höflichen Ton, die Dose mit Urin zu entleeren. Da hat sich die Frau auf einmal gegen mich gestellt und mich mit glühenden Augen angefunkelt, dass mir Angst und Bange wurde. Hinterher konnte ich die Frau verstehen, denn was ich von ihr verlangte, war ja erniedrigend für sie. Was dann jedoch geschah, war schrecklich für mich. Bei meiner Zeit in Landstuhl hatte ich Soldaten der Waffen – SS kennengelernt, die ganz feine, anständige Menschen waren. Hier aber im Krankenzimmer sprang ein SS – Unteroffizier aus dem Bett, brüllte wie ein Verrückter die verängstigte Frau an und schleppte sie aus dem Zimmer. In meinem ganzen Leben werde ich den Anblick dieser Frau nicht vergessen. Was der Mann mit ihr hinterher gemacht hat, habe ich nie erfahren. (Fortsetzung folgt).