Titel Logo
mein Mandelbachtal
Ausgabe 42/2025
mein Ormesheim
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Verein für Heimatkunde Ormesheim

Ormesheimer: Günter Pitzius

Kriegserlebnisse von Else Lonsdorf (9)

Wir fuhren nun weiter und weiter, uns schien der Weg endlos zu sein, bis wir schließlich auf einen Kradfahrer trafen, der sich als Amerikaner zu erkennen gab. Er war Sanitäter. Gleich darauf erschienen Rotkreuz-Autos mit fast nur farbiger Besatzung. Gegen alle Erwartungen waren alle sehr freundlich zu uns. Das lag wohl daran, dass wir allesamt von der gleichen Gattung waren, nämlich dem Roten Kreuz. In einem Dorf an dem Fluss Eger wurden wir zur Kommandantur geführt. Kurz vorher hatten die Sanitäter ihre Gewehre in die Eger geworfen. Als unser Oberarzt, der so viel Gutes für uns getan hatte, mit erhobenen Händen hilflos dastand, mussten wir alle weinen. Beim Befehl, er solle seine Pistole abgeben, weigerte er sich mit ernstem Gesicht. Er wolle nur einem Offizier seine Waffe übergeben! Aus einem Zimmer nebenan erschien ein Offizier, der Oberarzt stand ihm gegenüber, beide salutierten und die Pistole wechselte den Besitzer. Es war gewissermaßen ein feierlicher Augenblick.

Von dieser Stunde ab waren wir Gefangene. Wir wurden am gleichen Abend auf ein Feld geführt. Während der Nacht kamen immer mehr Soldaten als Gefangene hinzu. Am nächsten Tag waren wir unter freiem Himmel eingezäunt. Drei Wochen lang dauerte dieser Zustand. Zu essen gab es kaum etwas und ich kann mich heute nicht mehr daran erinnern, ob wir Hunger gelitten hatten. Mit fünf Mitgefangenen haben wir auf einem Lastwagen die Nächte verbracht. Ein Problem: die Toiletten, die es nicht gab. Aber Not macht erfinderisch. Eine von uns kam auf folgende Idee: Fünf von uns machten einen Kreis und hielten die Decke rundum. Und innerhalb des Kreises wurde dann die Notdurft verrichtet. Gegen Ende unserer Gefangenenzeit wurden wir einem Verhör unterzogen. Ich war nachts an der Reihe und musste darüber Auskunft geben über meinen bisherigen Lebenslauf, ob ich in der Partei war. Wahrheitsgemäß erwähnte ich meine Mitgliedschaft bei der BDM (Bund deutscher Mädel). Es kam der Tag der Entlassung. In einem Zelt mussten wir in Reih und Glied vortreten und mussten 5 Instanzen durchlaufen. Den Entlassungsschein mit 5 verschiedenen Stempeln habe ich noch bis heute. Ein großer, gelber Stempel wurde auf meinen Mantel gedruckt. Mit dem bin ich mit dem Lastwagen und am Schluss mit dem kostenlosen Zug in St. Ingbert angekommen. (Ende des Berichts).