Der Advent ist diese seltsame Übergangszeit, in der es draußen immer früher dunkel wird, die Luft kalt und klar ist und man das Gefühl hat: Jetzt passiert gleich etwas.
Es ist die einzige Jahreszeit, die uns offiziell erlaubt, langsamer zu machen, obwohl alles um uns herum schneller wird. Die Stadt glitzert schon wie verrückt, die Werbung schreit „nur noch X Tage!“, und trotzdem gibt es diese vier Wochen, die eigentlich sagen: Warte mal. Atme durch. Lass die Vorfreude sich aufbauen, statt sie sofort zu verbrauchen.
Ein paar Gedanken, die mir dieses Jahr durch den Kopf gehen:
- Der Advent ist wie das langsame Anschwellen einer Welle. Am 1. Dezember ist noch kaum etwas zu spüren, am 24. ist sie da – und wenn man die ganze Zeit nur gerannt ist, merkt man gar nicht, wie sie einen umhaut.
- Die Dunkelheit ist nicht der Feind. Sie ist der Raum, in dem Licht erst richtig zur Geltung kommt. Eine einzige Kerze im Fenster wirkt im November viel stärker als hundert Lichterketten im Oktober.
- Es geht weniger darum, 24 Türchen zu öffnen, sondern darum, ein paar Türen zuzumachen: eine Stunde weniger Bildschirm, ein „Nein“ zu einer Einladung zu viel, ein Abend ohne Plan. Plötzlich ist Platz für dieses leise Knistern, das man sonst übersieht.
- Adventskalender für Erwachsene sollten eigentlich rückwärts laufen: Jeden Tag etwas abgeben statt etwas bekommen. Einen alten Groll. Eine überflüssige Erwartung. Die Perfektionslust beim Plätzchenbacken.
- Die schönsten Momente passieren meist nebenbei: der Geruch von Orangen und Nelken, wenn man den ersten Glühwein draußen trinkt. Das Kratzen der Streusalzmaschine um fünf Uhr morgens. Der erste Schnee, der tatsächlich liegen bleibt. Dampfende Atemluft beim Spaziergang mit jemandem, mit dem man sonst nur über Termine redet.
- Advent ist die Kunst, sich auf etwas zu freuen, ohne schon zu wissen, wie es genau wird. Weihnachten plant sich nie so, wie man denkt – und genau das macht es später so wertvoll.
Kurz gesagt: Es sind vier Wochen, in denen man sich erlauben darf, ein bisschen kindlich zu werden – nicht im Sinne von Konsum, sondern im Sinne von Staunen. Die Welt wird nicht untergehen, wenn das Haus nicht perfekt geschmückt ist und nicht alle Antworten auf WhatsApp sofort kommen.
Nimm dir die Erlaubnis, ein bisschen langsamer zu gehen. Die Lichter, die Gerüche, die Kälte – alles ist nur geliehen für diese paar Wochen. Danach kommt wieder das normale Leben. Aber jetzt gerade darf es ein bisschen zauberhaft sein. Ohne großen Grund. Einfach so.