Wenn es um das große Geschenkebringen an Heiligabend geht, stehen Christkind und Weihnachtsmann in einem Wettbewerb, der nicht nur die kleinen Herzen höher schlagen lässt, sondern auch die Gemüter der Großen erhitzt.
Während der eine die norddeutschen Kinder mit seinem Schlitten von Rentiere zieht, kuschelt das andere, das Christkind, in seinen engelhaft-glitzernden Kleidern unter dem schimmernden Weihnachtsbaum.
Doch woher kommen diese beiden traditionsreichen Figuren eigentlich?
Die Wurzeln des Weihnachtsmannes reichen bis zum Bischof Nikolaus zurück, der im 4. Jahrhundert in Myra lebte. Man sagt, er habe die Bedürftigen und vor allem die Kinder mit Geschenken beglückt. Ein gutes Werk, das in den Kollekten seiner Nachfolger fortgeführt wurde, bis die Figur des Nikolaus sich im Laufe der Jahrhunderte wandelte. Der Nikolaustag am 6. Dezember blieb zwar ein festes Datum im Kalender, doch als sich im 19. Jahrhundert viele Menschen von den Institutionen der Kirche abwandten, musste ein neuer Begleiter her. Plötzlich hatte der gute Nikolaus einen langen roten Mantel an, eine rote Mütze auf dem Kopf und flog auf einem Schlitten durch den nächtlichen Himmel – etwas übertrieben?
Die Verwandlung zum heutigen Weihnachtsmann, den wir heute kennen, nahm ihren Anfang im 18. Jahrhundert. Durch die poetischen Texte von Hoffmann von Fallersleben, wie „Morgen kommt der Weihnachtsmann, kommt mit seinen Gaben...“, begann der Weihnachtsmann zunehmend seine bischöflichen Attribute abzulegen. Der Einfluss von „Santa Claus“, der aus den USA wieder zurück nach Europa schwappte, trug ebenfalls zu dieser Metamorphose bei. Über die Jahre wurde er mehr und mehr zur Personifikation des festlichen Schenkens, unterstützt von den einprägsamen Darstellungen aus dem Hause Walt Disney und einem namhaften Limonadenhersteller. Eine interessante Fußnote am Rande: Die ikonische Darstellung des rundlichen, bebrillten Weihnachtsmanns im roten Mantel stammt von Thomas Nast – einem deutschen Emigranten, der in Amerika nicht nur als Vater des politischen amerikanischen Cartoons, sondern auch unserer modernen Weihnachtsfigur gilt.
Und wenn wir schon beim Weihnachtsmann sind: Die legendären neun Rentiere, die seinen Schlitten ziehen – von Rudolf über Cupid bis hin zu Blitzen und Donner – sind das Ergebnis einer Weihnachtsgeschichte des Amerikaners Robert May, die durch die Melodien seines Schwagers Johny Mark unvergesslich gemacht wurde. Wer hätte gedacht, dass diese bunten Figuren so viele interessante Ursprünge haben?
Im Gegensatz dazu steht das Christkind.
Im evangelischen Glauben wurde der Nikolaus durch den „Heiligen Christ“ ersetzt, der nicht am Nikolaustag sondern am Heiligabend die Geschenke brachte. Martin Luther war derjenige, der diesen Wandel initiierte – eine Reformation, die im Nachgang von großer Bedeutung war. Unter dem Christkind hatte sich Luther ursprünglich einen Geschenkebringer ohne konkrete Gestalt vorgestellt. Im Laufe der Jahrhunderte änderte sich dies: Das Christkind wurde zur Symbolfigur, dessen Äußeres über die Jahre eine engelartige Gestalt annahm – ein süßes, mädchenhaftes Wesen mit goldenen Locken und einem Hauch von Sternenstaub, das mit Ernsthaftigkeit und einem liebevollen Blick zu den Kindern herabsah. Erst Anfang des letzten Jahrhunderts akzeptierten auch die Katholiken diesen „protestantischen“ Brauch. Bei den Protestanten wiederum zeichnete sich ironischer Weise eine Gegenbewegung ab: In den Teilen Deutschlands mit überwiegend evangelischer Bevölkerung wurde das Christkind fast völlig vom Weihnachtsmann verdrängt, der den von Luther verpönten Nikolaus eigentlich ersetzen sollte. So machten sich die beiden Geschenkebringer auf, ihre Runden zu drehen – der Weihnachtsmann im profanen Norden, das Christkind im frommen Süden.
Aber was passiert in den Teilen Deutschlands, wo Traditionen aufeinanderprallen?
Die Antwort ist einfach. Während oft der Nikolaus, der mit seinem Begleitern wie Knecht Ruprecht, Krampus oder Hans Muff auftritt, die ersten Geschenke bringt, sorgt das Christkind für das große Fest an Heiligabend. So hat jeder seine eigene Art, das Fest des Schenkens zu gestalten. Diese gespaltene Tradition weckt gerade an der Adventszeit die heißesten Debatten. In Weimar wird heiß diskutiert, ob der Weihnachtsmann nicht doch eine Gefährdung für das Christkind darstellt, während in Bayern die Menschen den leichten Einfluss aus dem Norden belächeln. Letztendlich steht da jedoch ein entscheidender Punkt im Raum: Jeder hat sein eigenes Weihnachtsgefühl, das sowohl das Christkind als auch den Weihnachtsmann umfasst. Zuletzt ist Weihnachten nicht nur eine Frage des Silhouettenspiels zwischen rotem Mantel und fliegenden Engeln. Es ist vielmehr eine Zeit der Liebe, des Gebens und des Miteinanders, die über die Konturen von Brauchtum hinausgeht. Vielleicht dürfen wir uns einfach an der Vielfalt erfreuen, die wir in unserem Land haben – eine bunte Mischung aus bayerischer Tradition und norddeutscher Herzlichkeit. Ob nun das Christkind mit zarten Flügeln oder der Weihnachtsmann mit seinem schweren Sack – beide erfüllen in dieser festlichen Zeit eine ganz besondere Rolle und zaubern ein Lächeln in die Gesichter der Kinder. Letztendlich ist die Frage nach dem „Wer bringt die Geschenke?“ vielleicht die falsche. Eine Antwort, die uns alle vereinen sollte, lautet: Es sind die Geschichten, die wir uns gegenseitig erzählen, die Traditionen, die wir bewahren, und die Freude, die wir teilen. Frohe Weihnachten!
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