Krematorium. Bilder: Markus Mörsdorf
Baracke im Gelände des ehemaligen KZ Struthof
Die Schülergruppe am Eingang des ehemaligen KZ
Es schafften tatsächlich einige, wenige, zu entkommen. Doch für die allermeisten der hier Inhaftierten war es ein Leben ohne Hoffnung, jemals wieder in Freiheit leben zu können. Rund 50 Schülerinnen und Schüler der Stufe 9 der Gemeinschaftsschule Marpingen erhielten im Juni auf einer Tagesexkursion ins elsässische Natzweiler-Struthof einen unter die Haut gehenden Einblick in das Leben der hier inhaftierten Frauen und Männer. Zwischen 1941 und 44 waren in diesem zynisch als „Straf- und Arbeitslager“ benannten KZ insgesamt 52 000 Menschen eingepfercht, die nach der Nazi-Ideologie kein Recht auf Leben besaßen, da sie die politische Lehre Adolf Hitlers ablehnten, Demokraten waren, als Juden, „Zigeuner“, Abartige, Rebellen deklariert wurden und, denunziert u.a. auch von der nazitreuen und verängstigten Nachbarschaft, in diesem Konzentrationslager in den elsässischen Vogesen deportiert wurden. 22 000 verloren hier ihr Leben, hingerichtet, gequält, gefoltert, zu mörderischer Arbeit gezwungen, vergast.
Trotz der außergewöhnlichen museumspädagogischen Aufbereitung des ehemaligen KZ fiel es den 14-15jährigen nicht leicht, sich in die Lage der Häftlinge hineinzuversetzen. Das Schreckliche, das hier geschah, übersteigt das Vorstellungsvermögen. Die Gewalt, der entwürdigende Drill, die Schikanen und sadistischen Praktiken, die die SS, die Lageraufsicht der Nazis, hier hatten walten lassen, wurden von Geschichtslehrer Herr Gotthard eindrücklich und anschaulich erläutert. Erschreckend war der Blick durch die eigens eingerichtete Luke in die Gaskammer, durch die die skrupellosen Kommandanten den Erstickungstod der Menschen live beobachten konnten. Fluchtversuche einiger weniger, die ja nichts mehr zu verlieren hatten, endeten häufig im Stacheldraht und Elektrozaum des Lagers. Wer es schaffte, wurde einer Hetze durch Hundestaffeln ausgesetzt, und das Überleben in dieser von Angst, Gewalt und Tod dominierten Gesellschaft, die die Nazis in Deutschland und den von ihnen besetzten Gebieten implementiert hatten, war keineswegs sicher.
Für den Religions- und Geschichtslehrer Patrick Gotthard ist es ein zentrales Anliegen, diese dunkle Zeit den Jugendlichen von heute nicht nur inhaltlich, sondern auch emotional näher zu bringen. „Es sind die Emotionen, die uns bewegen und die Schüler und Schülerinnen von heute genauso nachempfinden können wie die Generationen zuvor“, erklärt er sein Engagement. Daher stehe für ihn immer auch der Besuch in Natzweiler-Struthof auf dem Programm, wenn die Naziherrschaft und der Zweite Weltkrieg besprochen werden.
Nach dem Besuch dieses Gedenkstätte sind nicht nur Luisa Wagner, Laura Krawczyk, Arijana Sefa fest überzeugt: „So etwa darf sich nie mehr wiederholen.“ Dazu braucht es aber heute, angesichts erneut ausufernder Gewalt, nicht nur Wissen, sondern auch Mut, sich gegen alle zu stellen, die diese Zeit verharmlosen oder sich wieder einen „starken Führer“ wünschen, ergänzen sie. Was bei der Lautstärke, mit der solche Thesen vertreten werden, oft gar nicht so leicht falle. Doch mit ihrem Besuch in Natzweiler-Struthof haben sie alle eine Menge Anschauungsmaterial und Hintergrundinformationen erhalten, die das mutige Entgegentreten fördern kann.