Ein ganz besonderer Geburtstag stand am vergangenen Samstag im Hause Tinnes an: seit nunmehr 120 Jahren bereichert das Familienunternehmen mit seinen hochwertigen Backwaren die Kreisstadt Merzig und gehört zu den ältesten bestehenden Bäckereibetrieben im Saarland. Sie ist sogar die älteste Bäckerei an der unteren Saar.
Zur Feier des Tages hatte Familie Tinnes für ihre Kundinnen und Kunden den roten Teppich ausgerollt und hielt zu den bekannten Öffnungszeiten kleine Überraschungen - leckeres Jubiläumsbrot, eine Sektbar, geführt von Yvonne, Marion und Maria Tinnes, die beliebten Nussecken als Dankeschön und Live-Musik - für sie bereit. Im Bäckerfahrrad, das sonst das Schaufenster ziert, wurden für die Ruanda-Stiftung Altendiez, zu der Familie Tinnes eine langjährige und innige Freundschaft pflegt, Laugenbrezeln verkauft.
Am frühen Nachmittag wurde dann mit langjährigen Weggefährten sowie den 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf das besondere Ereignis angestoßen. Unter den zahlreichen Gratulanten befand sich auch Oberbürgermeister Marcus Hoffeld, der die Glückwünsche der Kreisstadt Merzig überbrachte und sich für die gute Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung bedankte. Er freue sich sehr, so Marcus Hoffeld, dass die nächste Generation bereits in den Startlöchern stehe und somit der Fortbestand der Traditionsbäckerei gesichert sei.
Die Geschichte der Handwerksbäckerei begann im Herbst 1904, als Johann und Margarethe Tinnes ihre erste „Brot- und Feinbäckerei Tinnes“ eröffneten. Das Gebäude existiert mittlerweile nicht mehr, es befand sich jedoch ungefähr in Höhe der heutigen „Schankstraße 31“. Das Geschäft florierte und so wurde das kleine Häuschen 1912 durch einen großen Neubau in der „Kaiserstraße 36“ (heute Ecke „Schankstraße“/„Brauerstraße“) ersetzt, dem jetzigen Standort. Drei verschiedene Straßennamen, erklärte Simon Tinnes in einer kurzweiligen Präsentation, habe man im Laufe der mehr als 100 Jahre auf Visitenkarten und Plakate gedruckt: ab 1914 die bereits erwähnte „Kaiserstraße“, ab 1935 die „Straße des 13. Januar“ und nach dem 2. Weltkrieg bis heute die „Schankstraße 46“.
Im Jahr 1922 absolvierte Sohn Peter seine Meisterprüfung im Bäckerhandwerk. Gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Josef, ebenfalls Bäcker und später auch Bäckermeister, standen sie für die zweite Handwerks-Generation.
Peter Tinnes übernahm mit seiner Frau Lene 1938 die Bäckerei in Merzig, sein Bruder Josef eine in Heidelberg. Diese wurde 1953 an Alfons Göbes verpachtet, 1967 von Hans und Stefanie Göbes, geb. Tinnes, übernommen und erst im vergangenen Jahr geschlossen. Stefanie Göbes war extra aus Heidelberg angereist und wurde von Simon Tinnes herzlich begrüßt.
Der 2. Weltkrieg wurde auch für Familie Tinnes zum Schicksalsschlag. Im Jahre 1944 wurde Merzig aufgrund des nahe gelegenen Westwalls und der Grenze zu Frankreich evakuiert. Die Familie kam in Franken unter. Die vorübergehend verlassene Bäckerei wurde bei einem Angriff auf Merzig zum Ziel einer amerikanischen Fliegerbombe - zurück blieben nur noch Schutt und Asche. In den Kriegswirren verlor Peter Tinnes seine beiden Brüder und verbrachte die Nachkriegszeit in Gefangenschaft.
Rund ein Jahr später entdeckte Lene Tinnes in den Trümmern der Bäckerei einen noch intakten Holzbackofen. Gemeinsam mit dem späteren Bäckermeister Fritz Blum, der bis 1989 im Betrieb mitwirkte und später fast schon zur Familie gehörte, begann sie mit ganz einfach Mitteln unter einem Wellblechdach mit der ersten Brotherstellung und dem Brotverkauf.
1948 starteten Peter und Lene Tinnes den Wiederaufbau der Bäckerei. Ihr Mut legte den Grundstein für den Weiterbetrieb.
Der Sohn von Peter und Lene Tinnes, Hans-Horst, legte 1962 seine Meisterprüfung in Saarbrücken ab und läutete damit die dritte Generation ein. Nur wenig später, 1970, übernahm er, mit seiner Frau Maria, die am Josefstag 1964 ihren ersten Arbeitstag hatte und bis im letzten Jahr im Laden aktiv war, die Bäckerei. Neben Backwaren fand man bei Tinnes fortan auch Lebensmittel. Ein kleiner REWE-Frischemarkt wurde der Bäckerei angeschlossen. Die Produktion wurde erweitert und mit neuen, arbeitserleichternden Maschinen ausgestattet.
Im Laufe der Zeit verschwand der Frischemarkt und Tinnes wurde in den 1980er-Jahren, neben den bewährten Backwaren, zum „Tchibo-Kaffeedepot“.
1992 legten die beiden Söhne Peter und Hannes als Bäcker in vierter Generation ihre Meisterprüfungen in Olpe ab.
Der Bäckerei wurde 1993 ein Bistrobereich und ein Stehcafé angeschlossen. Ab diesem Zeitpunkt servierte die Familie kleine, warme Gerichte, Snacks, Kaffee und belegte Sandwiches. Das war der Startschuss für den „To-Go-Markt“.
Kurz vor der Jahrtausendwende eröffnete in der ersten Etage des Eckhauses das „Café Tinnes“, am 01.12.1999 startete die Erfolgsgeschichte vom „Frühstücken im Herzen der Stadt“.
Seit 2007 sind Peter und Marion Tinnes das Gesicht von „Bäckerei & Café Tinnes“, sie gaben der Bäckerei, die 2009 eine völlig neue Verkaufsfläche erhielt, ein modernes Gesicht. Ein weiterer umfangreicher Umbau folgte 2017. In diesem Jahr war die Familie außerdem Teil der „Botschafter-Kampagne“ der Kreisstadt Merzig unter dem Motto „Echt familiär“.
Seit 2021 arbeiten alle drei Kinder von Marion und Peter Tinnes im Betrieb: der älteste Sohn, Simon, startete 2010 seine Ausbildung und legte bereits 2016 in Weinheim seine „Meister & Betriebswirtprüfung“ mit Erfolg ab. 2022 absolvierte er eine Weiterbildung zum „Brotsommelier“ an der Bundesakademie des deutschen Bäckerhandwerks in Weinheim. Tochter Yvonne ist, nach einer Ausbildung im Hotellerie-Bereich, seit 2015 im Betrieb und absolvierte ihren „Brot- & Genussberater“ 2021 in Weinheim. Elias, der jüngste Sohn, hat im letzten Jahr seine Ausbildung als Landesbester abgeschlossen.
Die stetige Weiterentwicklung des Familienunternehmens zeigen die Brotgenussabende, die seit 2023 regelmäßig von Simon und Yvonne Tinnes im Café veranstaltet werden und meist frühzeitig ausverkauft sind. Zu abwechslungsreichen Brotsorten, kombiniert mit feinen Wurst- und Käsespezialitäten, werden regionale Weine gereicht. Darüber hinaus erhalten die Besucherinnen und Besucher interessante Informationen rund um das Thema „Brotgenuss“, dabei ist schnell zu erkennen, mit welcher Passion Simon und Yvonne Tinnes in ihrem Beruf tätig sind. Dies war auch in der Präsentation zu spüren, die Simon Tinnes mit der ein oder anderen lustigen Anekdote auffrischte.
Großer Beliebtheit erfreuen sich bei den Kundinnen und Kunden auch saisonale Produkte, wie beispielsweise die Nasen-Berliner während der Karnevalssession, die Muttertagsherzen aus Erdbeere-Biskuit oder die Glücksschweinchen-Amerikaner um Silvester und den Neujahrstag.
Die Bäckerei Tinnes ist auch auf Facebook und Instagram zu finden.
Kontakt: Bäckerei Tinnes, Schankstraße 46, 66663 Merzig. Tel.: 06861/2359, E-Mail: info@baeckerei-tinnes.de, Website: www.baeckerei-tinnes.de
Öffnungszeiten (Bäckerei): Montag bis Freitag, 05:00-18:30 Uhr; Samstag, 05:00-14:00 Uhr
Öffnungszeiten (Café): Montag bis Freitag, 07:00-18:30 Uhr; Samstag, 07:00-13:00 Uhr