Eisengießer - 1959, Bild zur Verfügung gestellt von Harald Peter
Belegschaft - 1895
Ofen um 1900
Carl Gottbill
Die Mariahütte, heute ein Ortsteil von Braunshausen in der Gemeinde Nonnweiler, blickt auf eine eindrucksvolle dreihundertjährige Geschichte zurück. Sie ist nicht nur ein bedeutender Industriestandort im Landkreis St. Wendel, sondern auch das letzte erhaltene Eisenhüttenwerk einer ganzen Reihe von Betrieben, die einst im nördlichen Saarland und im Hochwald die wirtschaftliche Entwicklung prägten. Während Namen wie Hubertushütte, Antoniushütte oder Züscher Hammer längst Geschichte sind, lebt die Tradition in Mariahütte weiter.
Anlass für den Rückblick auf diese außergewöhnliche Industriegeschichte bot das Jahr 2022, in dem das Werk sein 300-jähriges Bestehen feierte. Zu diesem Jubiläum fanden Ausstellungen im Bürgerhaus Braunshausen und im Werk selbst statt – begleitet von der Vorstellung des Buches „Die Mariahütte – 300 Jahre Industriekultur 1722–2022. Einblicke in die Arbeit unserer Vorfahren“ von Harald und Claudia Peter, das die Geschichte des Werkes in beeindruckender Tiefe dokumentiert.
Von der „Forstwäldchenschmelze“ zur Mariahütte
Der Grundstein für die Mariahütte wurde am 12. Juni 1722 gelegt, als der Trierer Kurfürst und Erzbischof Frantz Ludwig dem aus Verviers (Belgien) stammenden Hüttenmeister Remacle Joseph Hauzeur die Rechte zum Eisenerzabbau und zum Bau einer Eisenschmelze verlieh. Zunächst „Forstwäldchenschmelze“ genannt, entstand hier an der Prims ein Standort, der ideale Voraussetzungen bot: reichlich Holz zur Holzkohlegewinnung, Wasser zur Energieerzeugung und Erz als Rohstoff.
1764 ging die Anlage an Dr. Carl Gottbill über, der sie modernisierte und unter den Schutz der Gottesmutter Maria stellte – daraus entwickelte sich der bis heute gebräuchliche Name „Mariahütte“. Unter seiner Leitung florierte das Werk, und seine Nachkommen prägten über Generationen hinweg die Industriegeschichte des Ortes.
Aufstieg, Krisen und Wandel
Mit der Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts begann für die Mariahütte eine neue Zeit. Der Bau der Eisenbahnlinie 1897 und die Elektrifizierung 1901 verbesserten Transport und Produktion erheblich. Doch die beiden Weltkriege, wirtschaftliche Krisen und politische Grenzverschiebungen stellten das Werk immer wieder vor große Herausforderungen.
Trotz Stillständen, Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg und schwieriger Nachkriegsjahre gelang der Neustart. Nach 1947 gehörte Mariahütte zum Landkreis St. Wendel im Saarland. Unter wechselnden Eigentümern entwickelte sich das Werk weiter – 1960 übernahm das Unternehmen Diehl den Standort und richtete ihn neu aus.
Mit der Einstellung der klassischen Gießerei- und Ofenproduktion wandelte sich die Mariahütte zu einem modernen Standort der Wehrtechnik. Wo einst Eisen gegossen wurde, produzieren heute CNC-Maschinen hochpräzise Bauteile für die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie.
Gegenwart und Zukunft
Heute, mehr als 300 Jahre nach ihrer Gründung, ist die Mariahütte Teil des Unternehmens Diehl Defence. Über 700 Menschen arbeiten hier aktuell und am benachbarten Standort Maasberg – in einem Werk, das Kriege, Krisen, technische Revolutionen und politische Umbrüche überstanden hat.
Die Mariahütte ist mehr als ein Industrieort – sie ist ein Symbol für die Beständigkeit und Anpassungsfähigkeit unserer Region und der Menschen, die hier leben und arbeiten. Ihre Geschichte steht für den Fleiß, den Mut und den Fortschrittsgeist unserer Vorfahren.
Wer die faszinierende Entwicklung dieses besonderen Ortes im Detail nachvollziehen möchte, findet in dem reich bebilderten Buch von Harald und Claudia Peter „Die Mariahütte – 300 Jahre Industriekultur 1722–2022. Einblicke in die Arbeit unserer Vorfahren“ viele spannende Einblicke in die Arbeitswelt, die Menschen und die Geschichte der Mariahütte. (LeWe)