Es gibt Menschen, deren Lebensweg sich nicht an geraden Linien, sondern an der inneren Überzeugung orientiert. Einer von ihnen ist Cedric Josef Latz. Der 33-Jährige, der in Kastel verwurzelt ist und dessen Herz für die Feuerwehr, den Kirchenchor und die Gemeinschaft schlägt, wurde kürzlich im Erzbistum Luxemburg zum Diakon geweiht. Ein bedeutender Schritt auf einem Weg, der ihn von der frühkindlichen Faszination für das Altargeschehen bis in ein soziales Brennpunktviertel der Stadt Luxemburg geführt hat.
„Ich bin ein sehr geselliger und froher Mensch“, sagt er über sich. Diese Lebensfreude ist ihm anzumerken, wenn er von seiner Berufung spricht. „Schon im Kindesalter war klar, dass ich Priester werden möchte.“ Aus dem Messdiener von einst wurde ein Mann, der diesen Traum mit beeindruckender Konsequenz verfolgte. Doch der Weg war nicht immer linear. Nach dem Abitur ging es zunächst ins Priesterseminar nach Trier, dann für ein Theologiestudium nach München.
Die Entscheidung für Luxemburg: Ein Schritt in die Zukunft
Über den Umweg München, wo er vier Jahre studierte, ist er durch seine Kontakte zu Luxemburger Seminaristen in Luxemburg gelandet. Der entscheidende Moment kam mit einem Perspektivwechsel. „Es war die kirchliche Situation in Deutschland“, beschreibt Latz seine Motivation für den Wechsel ins nahe, doch so anders geprägte Luxemburg. Ihn störte zunehmend, dass die Kirche in Deutschland durch massive Verwaltungsapparate und das System der Kirchensteuer oft wie ein großes Unternehmen wirke. Der Bischof als „Arbeitgeber von vielen hundert Leuten“ statt als „Hirt“ – das lenke vom eigentlichen Auftrag, dem gelebten Evangelium, ab. Dennoch habe er durchaus Verständnis für den Bischof, der Verantwortung für die vielen Angestellten hat. In Luxemburg, einem „außergewöhnlich säkularen Staat“ mit strikter Trennung von Kirche und Staat, fand er ein erfrischend alternatives Modell: keine Kirchensteuer, ein kleineres, überschaubareres Bistum und einen lebendigen, multikulturellen Glauben, der von Zuwanderern aus aller Welt mitgeprägt wird.
„Ich wollte den Schritt in die Zukunft gehen“, betont Latz mit Nachdruck. „Denn auf kurz oder lang wird es der Kirche in Deutschland so ergehen wie der Kirche in Luxemburg.“
Für ihn war es eine bewusste Entscheidung für einen pastoralen Dienst in einer säkularen Gesellschaft, auch wenn dies finanziell weniger lukrativ ist. „Ich wollte nicht viel Geld verdienen, sondern Priester sein.“
Angekommen im Brennpunkt: Gelebter Glaube in Bonneweg
Sein Pastoralpraktikum absolvierte er in der Pfarrei Bonneweg in Luxemburg-Stadt, einem lebendigen, aber auch sozial herausfordernden Viertel nahe dem Bahnhof. Hier, wo sich Drogenabhängigkeit und Obdachlosigkeit mit buntem Familienleben und 35 Nationalitäten im Gottesdienst mischen, hat Latz den Glauben konkret erlebt.
„Zuerst war ich überwältigt von den vielen Ehrenamtlichen“, berichtet er. Über 200 Menschen engagieren sich hier unentgeltlich – in der Sozialarbeit, als Messdiener, Küster oder jene, die sich um die Blumen in der Kirche kümmern. „80 Leute haben einen Schlüssel zur Pfarrei, keiner von ihnen bekommt Geld.“
Besonders beeindruckt hat ihn die Arbeit des „Social-Equipe“, die sich speziell um Menschen am Rand kümmert. „Dienstagabends geht eine Gruppe zu den Obdachlosen zu den Containern, wo sie schlafen können. Man interessiert sich für sie, redet mit ihnen.“ Diese Begegnungen haben ihn zutiefst geprägt: „Ich habe wirklich gelernt, was es bedeutet, dass jeder Mensch als Geschöpf Gottes die gleiche Würde hat.“ In einer Stadt, in der extremer Reichtum auf bittere Armut trifft, sei es eine zentrale Aufgabe der Kirche, diese Würde sichtbar zu machen und denen eine Stimme zu geben, die sonst ignoriert werden - eben auch klar zu machen, dass der Obdachlose die gleiche Würde hat, wie alle anderen auch. Die Marienverehrung zur Trösterin der Betrübten habe es ihm überdies sehr einfach gemacht, seine neue kirchliche Heimat anzunehmen.
Musik als Gebet und Gemeinschaft als Kraftquelle
Ein Markenzeichen von Cedric Latz ist seine tiefe Verbundenheit mit der Musik. Das Talent liegt in der Familie. „Schon meine Großeltern waren sehr musikalisch.“ Er lernte Trompete, machte eine Orgelausbildung, singt in Chören und erhält sogar Gesangsunterricht am Konservatorium in Luxemburg. „Musik ist für mich auch Ausdruck von Gefühl, sie kann mehr als Tausend Worte sagen“, erklärt er. In der Kathedrale von Luxemburg ist er als Kantor aktiv. „Augustinus sagte einmal: 'Wer singt, betet doppelt.' Ich glaube, dass das wahr ist.“
Trotz seiner neuen Heimat ist die Verbindung in die alte Heimat nach wie vor stark. Familie, Handwerkerverein, katholische Frauengemeinschaft, Feuerwehr, Kirchenchor, die Pfarrkapelle und die Sing-Family – in Kastel ist er verwurzelt. Viele Kasteler waren bei seiner Diakonenweihe dabei, und seine erste Messe als Diakon assistierte er in seinem Heimatort. Das hat ihn tief berührt.
Ein optimistischer Blick in die Zukunft
Angesichts von Krisen in der Kirche blickt Latz trotzdem nicht pessimistisch in die Zukunft. „Ich bin der Überzeugung: Kirche ist nicht von Menschen gemacht. Die existiert so lange, wie Gott das möchte.“ Er sieht, dass die Sehnsucht nach Glauben bei jungen Menschen da ist. Die Kirche müsse nur wieder lernen, Antworten zu geben. In Luxemburg macht ihm eine Jugendgruppe namens „Lux Youth“ Hoffnung, die den Glauben aktiv und freudig lebt. Gleichzeitig warnt er vor einfachen Antworten evangelikaler Gruppen, denen es an theologischer Tiefe fehle. Gott wirke auch in Menschen, die nicht mehr glauben können. „Jeder Mensch ein geliebtes Kind Gottes und hat seinen Ursprung in Gott. Auch die säkularen Menschen von heute sehnen sich nach der Gewissheit, dass Gott sie liebt.“
Passend dazu verweist er auf Papst Benedikt, der sagte, es gebe so viele Wege zu Gott, wie es Menschen gibt. „Aber dies kann man nur in der Gemeinschaft der Kirche. Es gibt aber einen Trost: der Heilige Geist wirkt auch in der Kirche, wenn das Bodenpersonal schlecht ist. Unterstützen wir also den Heiligen Geist bei seiner Arbeit und machen es ihm nicht unnötig schwer.“ (LeWe)