Wenn am 11. November Kinder mit leuchtenden Laternen durch die Straßen ziehen, Lieder erklingen und vielerorts ein Martinsfeuer lodert, wird eine jahrhundertealte Tradition lebendig: das Martinsbrauchtum. Es erinnert an den heiligen Martin von Tours – einen der populärsten Heiligen des christlichen Abendlandes – und an seine beispielhafte Tat der Nächstenliebe: die Teilung des Mantels mit einem frierenden Bettler.
Martin wurde um 316 in Pannonien (dem heutigen Ungarn) geboren und diente zunächst als römischer Soldat. Der Legende nach begegnete er vor den Toren Amiens einem frierenden Bettler und teilte mit ihm seinen Mantel. In der folgenden Nacht erschien ihm Christus im Traum – in eben jenem Mantel gehüllt. Dieses Erlebnis wurde für Martin zum Wendepunkt: Er ließ sich taufen, verließ das Militär und widmete sein Leben dem Glauben. Später wurde er Bischof von Tours und prägte das Bild eines neuen, volksnahen Bischofs: asketisch, predigend, mildtätig und der Armen verpflichtet.
Die älteste Lebensbeschreibung, die „Vita S. Martini“, verfasste um 395 Sulpicius Severus. Sie machte Martin zum Vorbild christlicher Nachfolge und trug entscheidend zu seiner Verehrung bei. Bald entstanden in ganz Europa Martinskirchen – in Rom, auf dem Monte Cassino, in Linz, Trier oder Köln. Allein in Frankreich zählte man im Mittelalter über 3.600 Kirchen, die ihm geweiht waren.
Dass sich Martins Popularität über Jahrhunderte hielt, liegt nicht nur an seiner vorbildlichen Lebensgeschichte. Der 11. November, der Tag seines Begräbnisses, markierte früher auch das Ende des bäuerlichen Jahres und den Beginn der vorweihnachtlichen Fastenzeit. Man verabschiedete Herbst und Ernte mit einem Festmahl – oft mit der berühmten Martinsgans – und beglich Pacht- oder Lohnverpflichtungen.
Aus diesen weltlichen Bräuchen entwickelte sich das heutige Martinsfest. Noch bis ins 19. Jahrhundert wurde der Tag meist im privaten Kreis gefeiert, häufig in Gasthäusern mit Speis und Trank. Kinder gingen auf sogenannte Heischegänge, baten um Gaben und sangen Martinslieder. Martinsfeuer leuchteten in den Dörfern und Städten.
Um 1900 erlebte der Brauch eine Wiederbelebung: Vom Niederrhein und aus Düsseldorf ausgehend, entstanden organisierte Martinszüge. Kinder trugen Laternen, Lieder und Gedichte erzählten von der Mantelteilung, und die Figur des Heiligen wurde in Umzügen dargestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahmen Pfarrgemeinden, Schulen und Stadtteile die Tradition erneut auf – nun mit stärkerem sozialem Akzent: Das Teilen, das Schenken von Martinstüten und das Engagement für Bedürftige standen im Mittelpunkt.
Die romantische Vorstellung des 19. Jahrhunderts, Martinsfeuer und Lichterzüge seien Überreste heidnischer Feste, gilt heute als überholt. In Wahrheit wurzeln sie in der liturgischen Tradition: Früher wurden Prozessionen mit Lichtern von der Kirche hinaus in die Gemeinde abgehalten – ein Symbol für das Tragen des Glaubens in die Welt.
So bleibt der Kern des Martinsbrauchtums bis heute aktuell: „Wer teilt, gewinnt.“ Die Botschaft des Heiligen Martin ruft dazu auf, Mitgefühl zu zeigen und Gemeinschaft zu leben.
Ein schönes Sinnbild hierfür findet sich im Altar der Schneiderzunft in der Düsseldorfer Kirche St. Lambertus: Dort ist Martin hoch zu Ross dargestellt, wie er den Mantel teilt – doch der Bettler fehlt. Die Betrachter selbst sollen sich in seiner Rolle erkennen. So wird die Botschaft des Heiligen lebendig: Jeder kann der sein, der teilt.
Bierfeld startet den Reigen
Den Auftakt macht Bierfeld am Freitag, 7. November. Um 17:30 Uhr beginnt die Feier in der Kirche. Der Laternenzug setzt sich um 18:00 Uhr in Bewegung, angeführt von St. Martin und begleitet von der Kolping Kapelle. Ziel ist das Feuerwehrgerätehaus, wo das Martinsfeuer brennt, Brezeln an die Kinder verteilt werden und der Löschbezirk für das leibliche Wohl sorgt.
Feier in Sitzerath
Am Sonntag, 9. November, findet die Martinsfeier in Sitzerath statt. Beginn ist um 17:30 Uhr mit einer Andacht in der Kirche, die von den Messdienern gestaltet wird. Anschließend wird der Heilige Martin, musikalisch begleitet vom Musikverein Kostenbach, zur Benkelberghalle geleitet. Dort warten Martinsfeuer, Brezeln und ein Umtrunk durch die Messdiener.
Zwei Umzüge am Montag
Gleich zwei Orte feiern am Montag, 10. November: In Nonnweiler startet der Umzug um 17:30 Uhr mit der Martinsfeier in der Kirche. Der Laternenzug führt über die Trierer Straße und den Mühlenweg zum Martinsfeuer auf dem Schulhof, wo die Feuerwehr Brezeln verteilt und bewirtet. Parallel beginnt in Schwarzenbach um 17:30 Uhr ein Wortgottesdienst auf dem Dorfplatz. Der Laternen- und Fackelzug, begleitet von der Pfarrkapelle und der Jugendfeuerwehr, zieht durchs Dorf. Das Feuer wird am Kolpinghaus abgebrannt, wo es auch Brezeln gibt.
Weitere Termine
Die Gemeinden laden alle Kinder und Erwachsenen herzlich ein, mit ihren Laternen die Umzüge zu begleiten und gemeinsam das Fest des Teilens zu feiern.