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mein Nonnweiler
Ausgabe 46/2025
Allgemeine Nachrichten
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Thomas Fritsch

Ein Leben für die Archäologie

Es gibt Menschen, deren Lebensweg sich früh abzeichnet. Bei Dr. Thomas Fritsch, dem archäologischen Mastermind hinter dem keltischen Ringwall von Otzenhausen, war es ein Kindheitstraum. „Ich wollte schon mit zwölf Jahren Archäologe werden“, erzählt der 1962 Geborene. Dieser Traum führte ihn von seiner Heimat Spiesen-Elversberg zum Studium der Vor- und Frühgeschichte, Klassischen Archäologie, Geologie und Archäometrie nach Saarbrücken, wo er 1993 promovierte. Bereits ab 1991 leitete er schon während des Studiums erste Ausgrabungsprojekte im Saarland. Die Saarländische Mosel, wo er während des Autobahnbaus an Ausgrabungen mitwirkte, bestätigte ihn früh in seiner Wahl. Heute, nach über 30 Jahren im Feld, ist seine Begeisterung ungebrochen. „Man schlägt ein Buch auf, das über 2000 Jahre alt ist – wie Cäsars 'Gallischer Krieg' – und liest, was sich hier abgespielt hat. Das ist absolut spannend.“

Das Projekt am Ringwall

1999 kam Fritsch zur Gemeinde Nonnweiler – mit einem klaren Auftrag: die archäologischen Untersuchungen rund um den keltischen Ringwall von Otzenhausen wiederaufzunehmen und aus den Ergebnissen touristische Impulse für die Region zu schaffen. Es war die erste systematische Grabung seit 1940. Gemeinsam mit studentischen Mitarbeitern und Gästen der Europäischen Akademie Otzenhausen öffnete Fritsch buchstäblich ein Fenster in die Vergangenheit. „Wir wollten Archäologie nicht im Elfenbeinturm betreiben“, sagt Fritsch. „Ziel war immer, Geschichte erlebbar zu machen.“ 2001 ging aus dieser Initiative die Terrex GmbH hervor – ein Zusammenschluss des Landkreises St. Wendel und vier umliegenden Gemeinden, um archäologische Forschung mit touristischer Entwicklung zu verbinden. Neben dem Ringwall wurde auch der Vicus Wareswald in Tholey zu einem Schwerpunkt des Projekts. Die seit 2001 laufenden Grabungen sind interaktiv gestaltet: Die Besucherinnen und Besucher können hier selbst tatkräftig mitarbeiten.

Forschung trifft Faszination

Im Zweijahresrhythmus veranstaltete Fritsch das große Keltenfest am Ringwall, das bis zu 20.000 Besucher an einem Wochenende anzog. Parallel dazu wuchs die Idee eines Museums, die schließlich mit dem Keltenpark Otzenhausen Gestalt annahm. Zwischen 2013 und 2016 entstand schließlich das Keltendorf samt Arena. Mit der Gründung des Nationalparks Hunsrück-Hochwald 2015 erhielt das Projekt eine weitere Dimension: Natur, Archäologie und Kultur wurden miteinander verknüpft. Seit 2023 findet diese Arbeit ihren musealen Höhepunkt in der Keltenpark-Ausstellung im Nationalpark-Tor.

Die Highlights und ungelösten Rätsel

Zu den besonderen Glanzlichtern seiner Karriere gehört die Entdeckung eines außergewöhnlichen Frauengrabes datiert auf 50 v. Chr. im Jahr 2013. „Ein Schatzgefäß mit über 130 Gegenständen – Schmuck, Waffen, Arbeitsgeräten“, beschreibt Fritsch den Fund. Die reiche Ausstattung und ein großes Tongefäß, das 30 cm über der Bestattung gefunden wurde, deuten auf eine hochangesehene Persönlichkeit hin, vielleicht eine Schamanin oder Heilerin, für die die Gemeinschaft gesammelt hatte.

Doch für jeden gelösten Fall tun sich neue Fragen auf. Die gewaltigen Befestigungsanlagen des Hunnenrings geben weiter Rätsel auf. „Hochrechnungen zur Bevölkerungsdichte der Kelten basierend auf Gräberfeldern ergeben etwa 3 Personen pro Quadratkilometer. Für den Einzugsbereich wären das vielleicht 200 Leute, mit 50 erwachsenen Männern. Und die sollen diese Mauern aufgebaut haben? Nicht nachvollziehbar.“ Wer baute den Ringwall? Wer versorgte die Arbeiter? Die Suche nach Antworten auf diese Fragen, das stetige Wachsen des historischen Puzzles, hält die Faszination für Fritsch lebendig.

Autor, Koch und Dorfchronist

Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit ist Fritsch auch kulturell vielseitig engagiert. Archäologie muss für ihn wirksam und erlebbar sein. Diesem Anspruch wird er in vielfacher Weise gerecht. Als Autor schuf er mit „Der Herr vom Ringwall – Die letzten Tage der Kelten im Hochwald“ einen historischen Roman, der zur Zeit Cäsars spielt und fiktive Handlung mit realen Forschungserkenntnissen verwebt. Auf der Buchmesse in Frankfurt stellte er ihn vor, ein zweites Buch ist bereits in Planung. Daneben ist er ein gefragter Referent, Gastdozent und sogar gelegentlicher Fernsehgast: Als „Keltenkoch“ stand er für den SWR vor der Kamera und realisierte auch schon einen Schulungsfilm über Kelten im Saarland. In Schwarzenbach, wo er seit rund 15 Jahren lebt, engagiert er sich ehrenamtlich in der Kulturinitiative Schwarzenbach. Er sammelt historische Fotografien, erstellt eine digitale Datenbank über die alten Gebäude und trägt dazu bei, die Geschichte des Dorfes lebendig zu halten.

Die Verantwortung: Für die Zukunft graben

Seine Motivation speist sich aus einer tiefen Überzeugung: „Wir lernen aus dem, was früher schon passiert ist. Wir machen aber trotzdem immer wieder die gleichen Fehler.“ Deshalb sei es so wichtig, die eigene Ortsgeschichte nicht zu zerstören. „Einmal ausgegraben, ist das weg. Wichtig ist, alles ordentlich zu dokumentieren, damit die Nachwelt daraus Nutzen ziehen kann.“ Dass die Gemeinde Nonnweiler seine Stelle seit über 25 Jahren mitfinanziert, ist für ihn auch ein Zeichen der Weitsicht. „Sie erkennt, dass daraus Gewinne möglich sind. Besucher kommen, essen und trinken, besuchen Veranstaltungen, übernachten. Das ist Wertschöpfung für die ganze Region.“

Aktuell wertet Thomas Fritsch die Ausgrabungen vom Hunnenring (1999-2013) aus und bereitet eine große wissenschaftliche Publikation vor. Die Funde lagern sicher im Landesdenkmalamt in Reden. Der Puzzlekasten der Geschichte ist für ihn nie vollständig, aber jedes neue Teil, das er findet, macht das Bild der Kelten im Hochwald ein wenig klarer. (LeWe)