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Öffentlicher Anzeiger - Stadt Püttlingen
Ausgabe 20/2025
Amtliche Bekanntmachungen
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Wer ist Fritz Klein?

„Wer sich seiner Vergangenheit nicht erinnert, ist dazu verdammt sie zu wiederholen.“

(George Santayana, Philosoph, Spanien)

Fritz Klein wurde als Sohn von Ludwig Wilhelm Klein und Emma Luise Katharina geb. Schertz, am 18.12.1898 in Hilschbach geboren. Er heiratete am 11.08.1921 Henriette Katharina Becker.

Fritz wuchs in Engelfangen als Sohn einer Bergmannsfamilie auf und arbeitete als Hauer und Schlepper in der Grube Viktoria in Püttlingen bis er 1918 als Soldat an der Westfront im Ersten Weltkrieg dienen musste. Nach dem Krieg engagierte er sich im Bergmannsverband und war ab 1919 SPD-Mitglied. Seit 1932 Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Engelfangen. Bis zur Saarabstimmung war er als Vorsitzender des SPD-Ortsverbandes und Vertreter des Sozialistischen Schutzbundes, dem er sich 1933 anschloss, tätig. Kämpfte aktiv gegen die Rückgliederung, verteilte Flugblätter gegen Hitler, klebte Plakate und übernahm mit anderen den Saalschutz bei Versammlungen. Nach dem Anschluss des Saarlandes an das Deutsche Reich flüchtete er am 18.01.1935 über Forbach nach Südfrankreich. Im November des gleichen Jahres folgte ihm seine Ehefrau. Vom 19.11.1935 bis 20.11.1936 lebte er in Vergongheon (Département Haute Loire), ab 21.11.1936 bis 20.03.1940 in Faulquemont gemeldet und arbeitete ab Anfang 1937 als Hauer auf der Grube Faulquemont. In Forbach gehörte Fritz der SPD-Grenzstelle um Emil Kirschmann, Hanna Kirchner und Richard Kirn an. Er agierte als Kurier, der Propaganda, Geldmittel und Nachrichten über die grüne Grenze nach Deutschland brachte. Im Februar 1937 war er einer von 33 sozialdemokratischen und kommunistischen Politikern und Gewerkschaftern, die an einer Exil-Konferenz angesichts des zweiten Jahrestags der Rückgliederung des Saargebietes teilnahmen. Dort wurde der Widerstand gegen den Nationalsozialismus organisiert und der Aufruf „Saarvolk höre“ verabschiedet, der in das Saargebiet geleitet wurde.

Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde Fritz am 5. September 1939 interniert (zunächst in Pont à Mousson), dann vom 21.03.1940 bis 04.06.1940 nach Decazeville (Aveyron), wo er als Bergmann beschäftigt wurde. 1944 erklärte er der Gestapo in einem Verhör, dass er sich freiwillig für das französische Heer meldete, aus Dankbarkeit, dass Frankreich ihn als Flüchtling aufgenommen hatte. Fritz wurde jedoch für kriegsdienstuntauglich befunden. Im Juni 1940 flüchtete er nach Blaye-les-Mines (heute Département Tarn) und arbeitete in verschiedenen Gruben in Südfrankreich, nachdem er dem Recrutement des Etrangers zugeteilt worden war und ab 09.10.1941 auf Grube Carmaux. Am 12.04.1943 erhielt er eine Aufforderung von der deutschen Behörde in Toulouse, nach Deutschland zurückzukehren, was er ablehnte. Am 9. Oktober 1943 wurde er von der deutschen Feldgendarmerie in seiner Wohnung in Carmaux aufgegriffen und bis Anfang 1944 im Gefängnis in Toulouse wegen politischer Unzuverlässigkeit inhaftiert. Im gleichen Jahr wurde er dann nach Deutschland gebracht, zunächst bis Mitte Februar Neue Bremm Saarbrücken, anschließend bis 29.07.1944 im Lerchesflur Saarbrücken und vom 30.07.1944 bis 22.09.1944 im Zuchthaus Bruchsal, jeweils wegen „Hochverrat“. „Hier besteht kein Zweifel, dass sich Fritz Klein während seines Aufenthaltes in Frankreich weit mehr in deutschfeindlichem Sinne betätigte, als er jetzt zugibt. Klein ist ein verbissener Feind des nationalsozialistischen Deutschland geblieben“ (Schlussbericht der Saarbrücker Gestapo vom 03.02.1944 zum „Fall Klein“ mit der Forderung „Strengste Bestrafung ist am Platz“). Vom Volksgerichtshof wurde er am 29. Juni 1944 in Freiburg wegen Hochverrats, landesverräterischer Waffenhilfe und Feindbegünstigung zum Tode verurteilt. In der Urteilsbegründung heißt es „Alle seine einzelnen Tathandlungen beruhen auf seiner fanatisch marxistischen Gesinnung und seinem Hass gegen das nationalsozialistische Deutschland … (Es gebe) zur Sühne der schweren Schuld und um des Schutzes von Reich und Volk willen nur die Todesstrafe“. Seine Ehefrau, die sich noch in Carmaux aufhielt, nachdem sie sich vorher mehrfach vor der deutschen Polizei verstecken musste, erhielt am 30.07.44 einen letzten kurzen Brief ihres Mannes. Am 22. September 1944 wurde er mit der Guillotine im Strafgefängnis Seilerbahn in Bruchsal hingerichtet. „Das Urteil des Volksgerichtshofes vom 29. Juni 1944 wurde am 22. September 1944 18 Uhr in der Richtstätte des Strafgefängnisses Seilersbahn in Bruchsal vollstreckt“, meldete der Karlsruher Oberstaatsanwalt dem Reichsjustizminister. „Zwischenfälle und Ereignisse von besonderer Bedeutung kamen nicht vor.“ Die Leiche wurde dem Anatomischen Institut an der Heidelberger Universität als Seziermaterial verkauft. Wie wenig Mühe sich die deutschen Behörden mit seinen Personalien machte, zeigt, dass in den Akten des Zuchthauses in Bruchsal mehrfach Blaye-les-Mines als Geburtsort angegeben wurde. Seine Ehefrau kehrte erst am 02.02.1946 aus Carmaux (Tarn) zurück nach Püttlingen.

Der erste Parteitag der Sozialdemokratischen Partei des Saargebietes ehrte ihn am 30.06.1946 als Opfer des Faschismus.

Fritz Klein stand für seine Ideale ein. Für uns ist Fritz Klein Opfer der Politik des 3. Reiches. Er musste seine Heimat verlassen, war auf der Flucht und wurde schlussendlich hingerichtet.

Die Projektgruppe Erinnerungsarbeit recherchiert die Leidenswege der Opfer aus der Stadt Püttlingen und verlegt Stolpersteine an den zuletzt frei gewählten Adressen. Am 14. Mai wurde der Stolperstein von Fritz in der Engelfanger Str. 13 verlegt.

Denken wir gemeinsam an Fritz Klein. Wünschen wir ihm, dass er nun für immer in Püttlingen bleiben wird.

Der Text und die Quellen wurden von Rudolf Hahn unter Zuhilfenahme folgender Quellen erarbeitet: Klaus Michael Mallmann/Gerhard Paul: Das zersplitterte Nein. Saarländer gegen Hitler. Dietz, Bonn 1989, ISBN 3-8012-5010-5, S. 135–136; Klein Fritz in der Datenbank Saarland Biografien und Ursula Langkau-Alex: Geschichte des Ausschusses zur Vorbereitung einer Deutschen Volksfront. Akademie-Verlag, 2004, ISBN 978-3-05-004032-5, S. 281–282.

Die Patenschaft dieses Stolpersteins hat der SPD Ortsverband Ritterstraße übernommen.