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Öffentlicher Anzeiger - Stadt Püttlingen
Ausgabe 35/2023
Seite 3
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Stolpersteine Püttlingen 2023: Wer ist Rosa?

Um 1940

um 1914

Um 1930

„Du bist wie eine Farbe. Nicht jeder wird dich mögen. Doch es wird immer jemanden geben, dessen Lieblingsfarbe du bist.“

(Unbekannt)

Rosa Rech, geborene Altmeyer, wurde am 17.05.1900 in Köllerbach als Tochter von Barbara geb. Blum und Peter Altmeyer geboren. Als ihre Mutter 1903 im Steinbruch in Köllerbach zu Tode kam, wurde Rosa zur Halbwaisen. Sie lebte bis zu ihrer Hochzeit 1930 in ihrem Elternhaus als Haustochter. Mit ihrem Ehemann, dem Bergmann Peter Rech schenkte sie innerhalb von sechs Jahren fünf Kindern das Leben. Hinzu kamen zwei Jungen, die die Eheleute bereits mit in die Ehe brachten. Kurz nach der Geburt ihres letzten Kindes, 1936, litt Rosa an einer psychischen Überforderung. Recherchen ergaben, dass in der Krankenakte „praktisch über Nacht eine Schizophrenie entwickelt“ vermerkt war. Bis zu dieser Diagnose galt Rosa als normal, intelligent und mit einer schnellen Auffassungsgabe. Doch nun konnte sie ihre Kinder nicht mehr versorgen und fühlte sich wie gelähmt und verfolgt. Die Folge: sie wurde in die Heilanstalt in Merzig eingewiesen und von dort nach Hadamar verlegt. Hadamar war zu diesem Zeitpunkt noch eine „normale“ Pflege- und Heilanstalt. Als Ende 1940 die Landesheilanstalt Hadamar zur Tötungsanstalt im Rahmen der „Aktion T4“ umgebaut wurde, verlegte man Rosa nach Herborn. Dort wurde sie zwangssterilisiert. Am 07.03.1941 wurde sie nach Hadamar zurückgebracht. Sie wurde fotografiert und ihr Mund wurde auf Goldzähne untersucht. Dann wurde Rosa entkleidet und in den sogenannten Duschraum geführt. Dieser Tag sollte auch ihr Todestag sein.

Rosa wurde 40 Jahre alt. Sie ist ein Opfer der Gräueltaten des Naziregimes. Eine von 70.000 Menschen, die wegen ihrer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderungen von 1940 bis 1941 (Aktion T4) ermordet wurden. Viele offene Fragen bleiben. Ihre fünf Kinder kamen 1938 in ein Waisenhaus in Kleinblittersdorf und wurden in verschiedenen Pflegefamilien in der Pfalz untergebracht. Rosa durfte ihre Kinder nicht aufwachsen sehen oder ihre Enkelkinder im Arm halten. Nur kurze Zeit durften ihre Kinder ihr Lachen hören, ihre Enkelkinder haben sie nie kennengelernt.. Hätte die Familie dazu nicht ein Recht gehabt? Rosa – ein Mensch, der es zu leben verdient hatte.

Der Künstler Gunter Demnig wird am 20. September in Köllerbach in der Fresagrandinaria Straße im Gedenken an Rosa einen Stolperstein verlegen. Denken wir gemeinsam an Rosa, die nach ihrem Leidensweg endlich wieder in ihrem Geburtsort ankommt.

Die Quellen wurden durch die Enkelkinder erarbeitet. Sie werden die Geschichte ihrer Oma anlässlich der Stolpersteinverlegung erzählen.