Leo Altmeyer
Leo Rupp, ein schwules KZ-Opfer aus Köllerbach
Leo Rupp wurde am 23.03.1897 in Köllerbach - Engelfangen geboren. Er arbeitete als Bergmann, wurde am 10. Mai 1936 von der Kriminalpolizei Saarbrücken in das dortige Strafgefängnis eingeliefert. Vorgeworfen wurden dem damals 39-jährigen ledigen Mann aus der Köllerbacher Bärenbergstraße 24 homosexuelle Handlungen mit einem 18-jährigen Schmied. Haftbefehl wurde erlassen, Untersuchungshaft angeordnet, es gab Verhandlungstermine vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Saarbrücken. Am 13. November 1936 kommt es zu einem Entlassungsbefehl für beide Männer aus der Untersuchungshaft. Ob dem Richter klar war, dass eine mögliche Strafe durch die lange Untersuchungshaft als verbüßt zu gelten hatte oder ob die Verdachtsmomente eventuell ausgeräumt werden konnten, muss wegen fehlender Gerichtsakten offen bleiben.
Leo Rupp, der Vorsitzender des 1921 in Engelfangen gegründeten Kegelclubs „Gut Holz“ mit 13 Mitgliedern war, geriet Jahre später erneut in die Fänge der Kriminalpolizei. Am 11. April 1942 wurde er auf Beschluss des Amtsgerichts Völklingen mit einem Haftbefehl in das Strafgefängnis Saarbrücken eingeliefert. Der Verdacht des Verbrechens gegen § 175a stand im Raum, es folgte die Anklage vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts II in Saarbrücken. Nach mehreren Verhandlungstagen verurteilten die Richter den ledigen Köllerbacher am 12. August 1936 zu einer Gefängnisstrafe von 18 Monaten, die er im Strafgefängnis von Dietz an der Lahn abzusitzen hatte. Doch damit nicht genug: Nach wohlgemerkt verbüßter Gefängnisstrafe sorgte die Kriminalpolizei Saarbrücken dafür, dass Leo Rupp nicht in die Freiheit entlassen wurde, sondern wie viele andere Homosexuelle, die mehr als einen Partner „verführt“ hatten, in die sogenannte Schutzhaft wegen § 175 genommen wurde.
Am 30. November 1943 kam Leo Rupp in das Konzentrationslager Natzweiler, für viele Homosexuelle aus Südwestdeutschland ein Ort des Grauens. Als §175-Häftling mit der Kartei-Nummer 6370 wurde Leo Rupp um den Jahreswechsel 1944 in das Außenlager Natzweiler-Schörzingen überstellt. Ein Ort, der ob des kräftezehrenden Abbaus von Ölschiefer gefürchtet war und für viele Häftlingen das Todesurteil bedeutete. Offensichtlich hat Leo Rupp diese Qualen überlebt. Quellen belegten seine Rückkehr in die Heimat nach Kriegsende. Leo Rupp starb am 30.07.1962 im Knappschaftskrankenhaus Völklingen.
Dr. Burkhard Jellonnek
Leo Altmeyer
Leo Altmeyer wurde am 7. August 1897 in Püttlingen geboren. Als Sohn des Grubenschmieds Johann Altmeyer und seiner Frau Gertrud aus St. Wendel wuchs er mit acht Geschwistern in der damaligen Hindenburgstraße auf. Seine Schwester Gertrud, die 1990 verstarb, erinnerte ihn als einen stillen und musisch begabten Menschen. In seiner Freizeit spielte er Geige und Mundharmonika und widmete sich der Malerei.
Leo arbeitete als Bergmann unter Tage. Nach einem Arbeitsunfall traten angeblich epileptische Anfälle auf. Auf Veranlassung eines Betriebs- oder Amtsarztes wurde er zwangsweise in die Heilanstalt Scheuern an der Lahn eingewiesen. Später erfolgte seine Verlegung in die Heil- und Pflegeanstalt Arnsdorf in Sachsen, von wo aus die sogenannten T4-Transporte in die Tötungsanstalten organisiert wurden.
Auf eine Anfrage seiner Geschwister zum Verbleib Leos erhielten sie am 29. April 1941 die Auskunft, er sei von der „Gemeinnützigen Krankentransport GmbH“ fortgebracht worden, man wisse nicht, wohin. Von weiteren Nachfragen solle man absehen. Wenig später teilte die Landes-Heil- und Pflegeanstalt Sonnenstein in Pirna mit, Leo Altmeyer sei am 11. Mai 1941 an einem „schweren epileptischen Anfall“ plötzlich verstorben. Noch am selben Tag wurde seine Leiche eingeäschert – jede Nachprüfung sollte unmöglich gemacht werden.
Leo Altmeyer war eines von mindestens 13.700 Opfern der nationalsozialistischen Krankenmorde in der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein. Nach seinem Tod erhielt seine Schwester Gertrud die Mitteilung, dass sein Nachlass – abgesehen von den Kleidern – lediglich aus einer Mundharmonika, einem Farbkasten sowie einer Barschaft von 6,43 Reichsmark bestanden habe.
Die Täter von Sonnenstein wollten alle Spuren tilgen. Doch sie haben es nicht geschafft, Leo Altmeyer aus dem Gedächtnis zu löschen. Mit diesem Stolperstein erinnern wir an ihn – für seine Angehörigen, für die Stadt und als Mahnung an uns alle.
Anna Blum
Wenig ist bekannt über das Leben von Anna Blum in – hoffentlich – glücklicheren Zeiten. Fest steht, dass sie am 12. Juli 1872 in Püttlingen geboren wurde. Sie hatte neun Halbgeschwister aus der ersten Ehe ihres Vaters und drei Schwestern aus seiner zweiten Ehe. Mit 14 Jahren verließ sie die Schule und arbeitete – nach igenen Angaben – zunächst als Landarbeiterin, später als Bedienstete beim Bürgermeister von Püttlingen.
Mit 28 Jahren, im Jahr 1900, wagte sie den Schritt in die große Stadt Saarbrücken. Dort verdingte sie sich als „Dienstmagd“ (in behördlicher Lesart: „ohne Beruf“) und wohnte bis zur Evakuierung der „Roten Zone“ im September 1939 in der Gutenbergstraße 50. Wo sie sich während der Evakuierung aufhielt, ist nicht bekannt und ließ sich nicht ermitteln.
Anna Blums Leben endete kurz vor ihrem 69. Geburtstag – auf höheren Befehl, „zum Wohl des Vaterlands“. Nachdem sie im August 1940 als „Räumungsrückkehrerin“ (Evakuierte) von Landjägern in Riegelsberg aufgegriffen und wegen Orientierungslosigkeit als geisteskrank („senile Demenz“) eingestuft worden war, kam sie in die Heil- und Pflegeanstalt Eichberg. In ihrer Krankenakte heißt es: „Die Umstände, die der Krieg für die Grenzbevölkerung brachte, haben sicher schwer auf die Kranke eingewirkt.“
Fast ein Jahr lang blieb sie dort und galt den Behörden als Belastung. Schriftwechsel zwischen den Ämtern der Westmark drehte sich vor allem um die Frage, wer für ihre täglichen Unterhaltskosten von 2,50 Reichsmark aufkommen sollte. Wegen ihres Umherirrens wurde sie zusätzlich als „belästigend“ eingestuft.
Gut dokumentiert ist der Zeitpunkt ihres Todes: der 9. Juli 1941, 21.10 Uhr, im Bau III der Landesheilanstalt Eichberg. Uneinigkeit bestand jedoch darüber, was als Todesursache angegeben werden sollte: „Lungenentzündung mit Idiotie“, wie zunächst vermerkt und später überschrieben mit „Altersschwäche und Altersschwachsinn“? Oder doch „zunehmende Herzschwäche bei allgemeinem Siechtum“? Offensichtlich rang man um Formulierungen für das, was man offiziell nicht benennen durfte.
Niemand machte sich damals die Mühe, nach noch lebenden Verwandten von Anna zu suchen. So starb sie einsam und vergessen – ein Opfer eines grausamen, unmenschlichen Systems. Mit diesem Stolperstein ehren wir ihr Andenken, bewahren ihren Namen und halten ihre Geschichte lebendig, damit sie nie wieder in Vergessenheit gerät.