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Öffentlicher Anzeiger - Stadt Püttlingen
Ausgabe 44/2025
Bei uns Daheim Püttlingen
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Würdevolles Erinnern an Schicksal psychisch kranker Menschen

Dipl. Psychologe Ralf Schmitt führte die Besuchergruppe des „Demokratie leben-Projektes“ durch das Psychiatriemuseum. Foto: M. Jungfleisch

30 Geschichtsinteressierte besuchten das Psychiatriemuseum Merzig

Feinsinnig, künstlerisch, würdevoll wird im Psychiatriemuseum Merzig das Schicksal seelisch kranker Menschen und die über 2000-jährige Geschichte der Psychiatrie inszeniert. Statt Zwangsjacken an der Wand oder Elektroschocker in der Vitrine zeigt Dipl. Psychologe Ralf Schmitt, Initiator des Museums, eine behutsame Dokumentation der Psychiatrie im Allgemeinen und ihre Besonderheiten in Merzig. „Wir wollten einen Ort der Besinnung, des respektvollen Erinnerns an ein einstmals großes Haus und das Schicksal seiner Patienten schaffen, als wir das Museum eingerichtet haben.“

Ein gelungenes Ansinnen. Davon überzeugten sich rund 30 Geschichtsinteressierte aus dem Köllertal, die diesen außergewöhnlichen Ort im Dachgeschoss der Klinik besuchten. Erschütternde Details aus dem Klinik- und Therapiealltag konnte Ralf Schmitt erzählen: „Die 1876 errichtete ‚Provinzialirrenanstalt‘ war ein autarkes Krankenhaus mit eigenem Heizkraftwerk, vielen landwirtschaftlichen und handwerklichen Betrieben, eigener Kapelle, eigenem Pfarrer und eigenem Friedhof. Die Kranken waren oft viele Jahre in Merzig untergebracht. Viele von ihnen wurden bis 1978 fernab ihres Zuhauses auf dem klinikeigenen Friedhof begraben. Daran erinnert der ‚Raum mit dem leeren Feld’. Acht mit Erde aus verschiedenen saarländischen Landkreisen gefüllte Quadrate sind auf dem Boden ausgestellt – nur eines ist leer: Es steht für jene 800 Merziger Patienten, die in der Nazi-Zeit deportiert und umgebracht wurden und niemals ein eigenes Grab bekamen“, erzählt Ralf Schmitt.

Wie sich die Behandlung psychisch kranker Menschen im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hat, erstaunte die Gäste. In der Türkei wurden Patienten mit Musik, Düften und Wasserspielen behandelt, in Europa mit der Kalt-Wasser-Schocktherapie. „Unvorstellbar“, sagte Heide Kneipp-Groß. Lange betrachteten Claudia und Rainer Trappmann die Darstellung „Der kompetente Mensch“. Sie zeigt Politiker wie Winston Churchill oder Schriftsteller wie Ernest Hemingway, die trotz (oder wegen?) ihrer psychischen Krankheiten sehr erfolgreich waren. „Das hätten wir nicht vermutet“, sagten beide. „Ein beeindruckendes Museum mit vielen Ermahnungen, kranke Menschen nicht auszugrenzen“, ergänzte Gabriele André-Schmidt.

Organisiert wurde die Führung von Monika Jungfleisch vom Aktionsbündnis Stolpersteine für Riegelsberg. Gefördert wurde die Exkursion vom Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“. Der Regionalverband Saarbrücken fungiert dabei als lokale Partnerschaft für Demokratie und hat so die Möglichkeit, zivilgesellschaftlich und demokratisch aktive Menschen und Organisationen, die sich in ihrem kommunalen Umfeld für die Demokratie engagieren, zu stärken und zu vernetzen.