Von Ines Telle
Am 8. November 1725 wurde in Reinsdorf bei Artern ein Kind geboren, das später Musikgeschichte schreiben sollte: Johann Georg Tromlitz. 300 Jahre später erinnert seine Heimatgemeinde an einen Mann, der vom einfachen Dorfkind zum gefeierten Flötenvirtuosen Europas wurde - und dessen Wirken bis heute in der Musikwelt nachklingt.
Getauft wurde der kleine Johann Georg in der St.-Petrus-und-Pauls-Kirche zu Reinsdorf. Sein Vater, Hans Georg Tromlitz, stammte ebenso aus dem Ort, seine Mutter hieß Margarethe. Pfarrer Zimmermann, der erst kurz zuvor sein Amt angetreten hatte, nahm die Taufe vor. Noch heute zeugen Einträge in den alten Kirchenbüchern von der tiefen Verwurzelung der Familie Tromlitz in der Region.
Schon als Kind muss man sein außergewöhnliches musikalisches Talent bemerkt haben. Wahrscheinlich sang der junge Tromlitz im Adjuvantenchor der Kirchengemeinde, wo der Kantor seine Begabung förderte. Vermutlich war es auch Pfarrer Zimmermann, der - selbst einst Schüler des Gymnasiums Rutheneum in Gera - den Kontakt dorthin vermittelte. So begann die Bildungslaufbahn eines Jungen, der mit Fleiß und Begabung über die Grenzen Thüringens hinaus bekannt werden sollte.
Im Gymnasium Rutheneum in Gera lernte Tromlitz den späteren Pastor Christoph Benjamin Carl kennen - eine Freundschaft, die ein Leben lang hielt. Ein Traueintrag aus Neumark an der Saale belegt später, dass Tromlitz’ Sohn die Tochter seines einstigen Schulfreundes heiratete - ein schönes Zeugnis dieser Verbindung.
Nach seiner Schulzeit studierte Tromlitz ab 1750 in Leipzig Rechtswissenschaften und wurde zum kaiserlichen öffentlichen Notar ernannt. Doch seine wahre Leidenschaft galt der Musik. Bereits Mitte der 1750er Jahre trat er als Flötist im „Großen Concert“, dem späteren Gewandhausorchester Leipzig, auf. Sein reiner Ton, seine Virtuosität und seine Präzision machten ihn bald zu einem gefeierten Künstler.
Er heiratete die Leipzigerin Maria Christina Bock, mit der er fünf Kinder hatte.
Sein Sohn Georg Christian Gotthold Tromlitz wirkte zunächst als Kantor in Greiz und später als Stadtkantor und Komponist in Plauen. Über ihn führt die Familienlinie weiter zu einer der bedeutendsten Musikerinnen des 19. Jahrhunderts: Clara Schumann, geborene Wieck - die Urenkelin von Johann Georg Tromlitz. Als gefeierte Pianistin, Komponistin und Ehefrau des Komponisten Robert Schumann setzte sie das musikalische Erbe ihrer Familie auf höchstem Niveau fort.
Auch als Autor machte er sich einen Namen: Seine Schriften - „Kurze Abhandlung vom Flötenspiel“ (1786), „Ausführlicher und gründlicher Unterricht, die Flöte zu spielen“ (1791) und „Über die Flöten mit mehreren Klappen“ (1800) - gelten bis heute als Standardwerke der Musiklehre.
Tromlitz’ Ruhm reichte weit über Deutschland hinaus. Zwischen 1796 und 1800 wirkte er als Kammermusiker am Zarenhof in St. Petersburg. Am 4. Februar 1805 starb er in Leipzig - hochgeachtet und in Fachkreisen unvergessen.
Zum 300. Geburtstag erinnert Reinsdorf bei Artern an seinen berühmten Sohn - einen Mann, der mit Talent, Leidenschaft und Forschergeist vom kleinen Thüringer Dorf hinaus in die großen Konzertsäle Europas gelangte. Sein Leben zeigt, dass große Musik manchmal dort beginnt, wo man sie am wenigsten erwartet: in einem kleinen Dorf, das bis heute stolz auf ihn ist.