In vielen Bereichen sind die kirchlichen und kommunalen Strukturen gleich. So entspricht z. B. eine Landrätin in ihrer Funktion einer Superintendentin, ein Bürgermeister einer Verwaltungsgemeinschaft dem Gemeindekirchenratsvorsitzenden eines Pfarrbezirkes. Steffi Wiegleb ist in der Region seit 2002 im Kirchenkreis und bestens bekannt, seit vielen Jahren als Stellvertreterin zweier ehemaliger Superintendenten mit den Leitungsaufgaben vertraut. Mit dem Weggang von Superintendent Bálint 2020 wurde sie von der Kreissynode des Kirchenkreises als „amtierende“ Superintendentin berufen. Da nun bis 2027 eine Zusammenlegung der Kirchenkreise Mühlhausen, Nordhausen und Bad Frankenhausen-Sondershausen zu einem Kirchenkreis Nordthüringen erfolgen soll (ähnliche Überlegungen gibt es ja schon lange in kommunalen Bereichen), verzichtete man auf eine Stellenausschreibung und wählte Steffi Wiegleb offiziell als Superintendentin. Das eine ist der offizielle Akt, das andere ist aber eben auch eine „würdevolle“ Amtseinführung durch ihren Vorgesetzten - Regionalbischof Tobias Schüfer“.
So wurde also alles ordentlich vorbereitet.
Bad Frankenhausen erlebt dies ja nicht zu ersten Mal: Kirchenfahne, Blumenschmuck, Einsatz der Kirchen- und Posaunenchöre und „Versorgung“ der Gäste - alles ehrenamtlich. Da Steffi Wiegleb in der Umgebung „gut vernetzt“ ist (sie ist ehrenamtlich schon lange in der Notfall- Polizeiseelsorge und Einsatzkräftenachsorge integriert), war auch die Freiwillige Feuerwehr als Helfer dabei.
Am 5. Mai war es dann soweit. Mit festlicher Posaunenmusik erfolgte der Einzug der „Honoratioren“, Regionalbischof Tobias Schüfer nahm die Einführungshandlung vor und als nun ganz offiziell ins Amt eingeführte Superintendentin übermittelte sie in ihrer Predigt die folgenden Gedanken: “Der Satz im Amtsversprechen „Ja; mit Gottes Hilfe“ macht demütig, macht er doch auch sehr deutlich, dass man dieses Amt nicht allein aus eigener Kraft bewältigen kann. Woher aber dann immer wieder die Kraft und Bestärkung nehmen? Die Antwort auf diese Frage trifft auch für viele anderer Situationen im Leben zu. Ein Leuchter in der Hildesheimer Andreas-Kirche zeigt eine ganz besondere Abendmahlszene.
Die Jünger sind alle seitlich zu sehen. Nur Jesus selbst ist frontal zu erkennen, mit offenen Armen schaut er in die Gemeinde. Ihm gegenüber ist am Tisch noch ein Platz frei. Diesen Platz kann jeder von uns einnehmen und sitzt Jesus genau gegenüber. Was fragt oder erzählt ein Mensch, wenn er oder sie Jesus direkt gegenübersitzt? Wird davon erzählt, dass das Leben schwer fällt, wenn man plötzlich allein ist; dass es nicht leicht ist, trotz Erfolg im Beruf, einer tollen Familie Arbeit Familie, das Gewissen zu beruhigen, weil man nicht oft genug zur hilfsbedürftigen Verwandten fahren kann, die nur 30 Minuten entfernt wohnt und allein ist; daß man die Verantwortung für andere übernommen hat und doch unter den Umständen der Situation gebunden ist und leidet; dass man Angst vor dem Untersuchungsergebnis beim Arzt hat; dass man Beruf und Ehrenamt gerne macht, aber dabei die eigenen Familie zu kurz kommt, … Wohin soll ich denn gehen? Jesus aber rechnet an seinem Tisch nicht nur mit „strahlenden Gesichtern“, starken, unbekümmerten und erleichterten Menschen. Er rechnet mit den Mühseligen und Beladenen, die seine Nähe und Hilfe suchen. Er lädt sie ein, an seinem Tisch Platz zu nehmen und verspricht: „Ich will euch erquicken!“ Er selbst, ist die Antwort auf die Frage: „Wohin soll ich denn gehen?“. Als Jesus an diesem Abend mit seinen Jüngern am Tisch saß, wusste er das Judas ihn verraten würde; wusste, dass Petrus ihn verleugnen würde; wusste, dass Menschen ihn auslachen würden. Und dennoch gibt er nicht einfach alles auf. Muten wir ihm also zu, was unser Leben belastet, was uns niederdrückt oder traurig macht. Muten Sie sich zu, dass Sie gestärkt aus dieser Begegnung herausgehen werden, denn jeder kann erleben: Es ist für jeden von uns gesorgt, denn im Abendmahl kommt uns das Reich Gottes in Brot und Wein sichtbar näher“.
Nach Abendmahl und dem formellen Abschluss gab es auch einige Grußworte. Besonders bemerkenswert waren diese vom Wehrführer und Stadtbrandmeister der Freiwilligen Feuerwehr Bad Frankenhausen und von den Vertreterinnen des Kriseninterventionsteams und Seelsorgebeirates der Thüringer Polizei - eine besondere Würdigung der jahrelangen ehrenamtlichen Tätigkeit als Notfallseelsorgerin (nicht nur für die Unfallopfer, sondern auch für die Helfenden, die oft Schlimmes ertragen müssen).
Steffi Wiegleb wird diese Aufgabe im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch weiterhin tun. Nach Ende des Einführungsgottesdienstes traf man sich im Gemeindesaale der Unterkirche und auch vor der Kirche, um in zwanglosen Gesprächen sich mit den Anwesenden über dies und das auszutauschen.
Peter Zimmer
Bad Frankenhausen