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Amtliches Mitteilungsblatt - Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft Bad Tennstedt
Ausgabe 16/2023
Gemeindenachrichten aus Ballhausen
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Auszug aus dem Heft Heimatsagen die Tretenburg betreffend

Auszug aus dem Buch „Ein Sträußlein Heimatsagen aus dem Kreise Weißensee i. Th.“

Wie Bonifatius die Thüringer zum christlichen Glauben belehrte

Zwischen Gebesee und Herbsleben liegt unweit der Unstrut ein kleiner, unscheinbarer Hügel, der nur eine Höhe von 167 Metern erreicht, aber dennoch wie ein Wächter in das ziemlich flache Land hinausschaut. Dem Volke gilt er heute noch als ein alter, wichtiger Ort, von dem man sich mancherlei zu erzählen weiß. Schon vor 1200 Jahren stand, so wird berichtet, eine starke Burg hier oben, welche die „Tretenburg“ hieß, weil zu alten Zeiten die alten Thüringer in ihr zusammentraten zu Kriegsrat und wichtigen Handlungen. Diese Burg soll schon eine wichtige Rolle gespielt haben, als Bonifatius die Thüringer zum christlichen Glauben belehrte. Alte Chroniken erzählen darüber folgendes:

Als Bonifatius vernahm, daß das Land zu Thüringen noch heidnisch sei, nahm er sich vor, es zum christlichen Glauben zu belehren. Er fragte einen alten thüringischen Ritter, wie es in Thüringen aussähe. Der Ritter antwortete ihm also: „Das Land zu Thüringen ist zwölf Meilen lang und breit und wird von zwei mächtigen Wäldern, nämlich dem Thüringerwalde und dem Harz, eingeschlossen, auch hat es zwei schöne fischreiche Wasser, die Werra und die Saale.

Käme es zu dem christlichen Glauben, so würde es das beste Land.“

Als nun Bonifatius solches hörte, versammelte er eine große Menge Volks und zog mit Heeresmacht nach Thüringen. Als die Thüringer solches vernahmen, erschraken sie sehr und verzagten an ihrem Leben. Sie flohen deshalb alle zugleich, Mann und Weib, auf die Tretenburg und beschlossen, allda tot oder lebendig zu bleiben. Denn damals waren nicht viele mächtige und feste Städte im Lande, daß sie Schutz darin hätten finden können.

Der Apostel aber begehrte, daß die Thüringer zu ihm kämen. Darauf schickten sie die Vornehmsten und Obersten, die im Lande waren, zu ihm, damit sie anhörten, was er von ihnen wollte. Bonifatius sprach: „ Liebe Leute, ihr sollt nunmehr das Heidentum verlassen und den christlichen Glauben annehmen, ihr sollt an Christus glauben und euch taufen lassen. Tut Ihr´s, so soll es euch nimmermehr gereuen; wollt ihr aber nicht, so will ich ein ander Liedlein mit euch singen.“ Darauf antworteten die Thüringer: „Was für Nutz und Frommen kann uns daraus entstehen?“ Der Apostel sagte ihnen: „Gottes Sohn ist auf dieser Welt und Erde um des menschlichen Geschlechts willen geboren, hat menschliche Natur angenommen und mit sich gebracht Gerechtigkeit und Friede. Das ist gleich gewogen den Armen und den Reichen. Darum sollt ihr gerne an ihn glauben, und wenn solches geschieht und ihr euch taufen lasset, so sollet ihr von aller unrechten Gewalt an Leib und Gut hier auf Erden und hernach an der Seele von Sünde, Tod, Hölle und Teufels Gewalt entledigt werden.“ Als die Thüringer solches hörten, antworteten sie: „Lieber Herr, wenn der geborene Gott solches vermag, so richtet er es auch dahin, daß wir des Zehnten, den wir dem König in Ungarn geben müssen, ledig werden. Denn wir müssen verzehnten unsern Leib und unser Gut, unser Weib und Kind und alles was wir haben. Werden wir vom Zehnten frei, so wollen wir uns taufen lassen und gerne folgen. Geschieht solches aber nicht, so wollen wir den Christenglauben nimmermehr annehmen, sondern bei unserm Glauben tot oder lebendig bleiben.“

Bonifatius ging zu seinen Räten und sprach: „Ich bedarf guten Rates wegen der Hartnäckigkeit der Thüringer. Soll ich sie des Zehnten entledigen, so ist der König der Ungarn so mächtig, daß solches nicht wohl geschehen kann. Soll ich sie aber erschlagen und ihr Blut auf mich nehmen, das fällt mir schwer. Doch will ich sie nicht in ihrem falschen Glauben und ihrer Blindheit sitzen lassen. Ich bitte euch deshalb um einen guten Rat, daß niemand sagen kann, die Thüringer wären mit Gewalt vor dem Bonifatius geblieben.“

Die Räte antworteten ihm: „Herr, eure Absicht und Meinung dünket uns fürs Beste, daß ihr den Thüringern eine Bedenkzeit gebt, damit sie sich wohl besinnen mögen. Indessen könnt ihr des Kaisers oder des Papstes Hilfe erlangen.“ Der Bischof willigte ein und war mit solchem Rat zufrieden. Als er aber dieselbe Nacht in seiner Ruhe lag, kam eine Stimme von Gott und sprach: „Bonifatius, du zweifelst, daß die Thüringer an mich glauben sollen? Hast du nicht gesehen, daß ich bin auf diese Welt gekommen und habe menschliche Natur angenommen um des Menschen willen und bin der Armen Förderer sowohl als der Reichen und habe mit mir gebracht Friede und Gerechtigkeit? Darum will ich nicht, daß ein Mensch Zins oder Zehnten geben soll einem anderen Menschen. Ich will die, so an mich glauben, beschützen und gegen alle unrechte Gewalt verteidigen. Darum zeige den Thüringern meine Gnade, Treue und Barmherzigkeit an und sage ihnen, daß der König von Ungarn ihnen den Zehnten nimmermehr abgewinnen soll. Du aber sollst nicht von ihnen kommen, sondern bei ihnen im Lande bleiben.“ Der Bischof war über diese Stimme erfreut und verkündete sie den Thüringern. „Damit ihr aber dessen gewiß sein möget“, sprach er weiter, „daß euch der König von Ungarn nimmermehr den Zehnten abgewinnen soll, so will ich selbst bei euch so lange im Lande bleiben, bis ihr solches selbst sehen werdet.“ Darüber wurden denn die Thüringer herzlich froh.

Es hatte aber damals Bonifatius sein Lager in einem Bruch bei der Unstrut, nicht weit von Nägelstedt. Als nun die Ungarn vernahmen, daß ihnen die Thüringer den zehnten verweigerten, auch erfuhren, daß solches auf Befehl des Bonifatius geschehe, zogen sie mit großer Heeresmacht nach Thüringen und trafen des Bonifatius Heer an auf dem Bruch. Sie stürmten so stark auf sie ein, daß sie die vorderen in die Unstrut trieben. Bonifatius aber rief den lieben Gott um Hilfe und Beistand an, so daß die Ungarn erlagen und mit ihrem Blute die Unstrut rot färbten.

So gewann Bonifatius den Streit. Als das die Thüringer sahen, nahmen sie den christlichen Glauben an und ließen sich taufen.

Ende Auszug.

Elke Kühne

Ortschronist Ballhausen