Titel Logo
Amtsblatt der Stadt Werra-Suhl-Tal
Ausgabe 7/2024
Informationen
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Berka/Werra

Im Keller der ehemaligen Brauerei in der Kirchstraße sorgten dort seit Jahrzehnten gelagerte, aber aus dem Blick der Öffentlichkeit verschwundene chemische Substanzen aus dem Brauereibetrieb, für eine Havarie - ausgelöst durch marode gewordene Lagerungshilfen, zerbrochene Glasbehälter und eine folgende chemische Kettenreaktion. Diese Ursache stellte sich jedoch erst im Nachhinein heraus. Nach dem von einer ukrainischen Familie abgesetzten Notruf war man von einer defekten Wasser- oder Gasleitung ausgegangen. Auch ein vermuteter Schwelbrand nach Kohlenmonoxid-Messung zeigte sich als Fehlanalyse.

Durch ein offenes Fenster im Kellerbereich waren Gerüche und Dämpfe ausgetreten, die eine in der Wohnung in der Brauerei lebende ukrainische Familie zuerst bemerkte und die Alarm schlug. Die Familie wurde in einer Behelfsunterkunft in der Gaststätte zur Post untergebracht und versorgt.

Neben zehn Feuerwehren waren ab etwa 21.30 Uhr der Gefahrgutzug des Wartburgkreises, Kräfte des DRK Eisenach, Fachberater der Feuerwehr Bad Hersfeld sowie der Einsatzleitdienst und die Polizei vor Ort. Es wurde eine lange Nacht für alle beteiligten Einsatzkräfte. Unter Vollschutz agierten die Fachleute. Die Trupps des Gefahrgutzuges waren unter Schutzanzügen mit Messgeräten und Prüfröhrchen im Einsatz. Da nicht festzustellen war, um welchen Stoff es sich genau handelt, wurde eine Umweltdiensteinheit aus Bad Hersfeld angefordert.

Eine für Gefahrguteinsätze typische Anlage samt Waschzelt wurde aufgebaut. Nach Erkundung und Probennahme konnte ein Gemisch aus Phosphor,- Salpeter- und Schwefelsäure ausfindig gemacht werden. Dämpfe und Gerüche basierten auf einer chemischen Kettenreaktion, heißt es.

Der ausgelaufene Stoff wurde schließlich gebunden, die Einsatzstelle abgesichert. Die Beseitigung und Beräumung des Kellers wird durch eine Spezialfirma gewährleistet, die von der Stadtverwaltung beauftragt werden muss. Bürgermeister Maik Klotzbach ahnt, was auf die Kommune zukommt, nicht nur die Rechnung für den Großeinsatz. Für den neuen Stadtrat wird diese Havarie und deren Folgen eines der ersten Themen sein. Bürgermeister Klotzbach sieht Kosten in dieser Sache für die Stadt entstehen. Die Verwaltung hat einen Gutachter mit der Schadensanalyse beauftragt. Erste Schätzungen liegen bei 10 - 20.000€. Ergebnisse werden in Kürze erwartet. Die im Keller der ehemaligen Brauerei gelagerten Chemikalien wurden vermutlich zur Fassreinigung und Waschvorgängen im Brauereibetrieb verwendet.

Allen Einsatzkräften und Helfern ist ein großer Dank auszusprechen. Dies war ein besonders außergewöhnlicher Einsatz, da beim Umgang mit unbekannten Chemikalien größte Vorsicht zu walten hat. Das umsichtige und fachkundige Handeln zeigt die große Fachkompetenz der Rettungskräfte. Das dieser Vorfall bei ordnungsgemäßen Umgang vermeidbar gewesen wäre, ist sehr ärgerlich. Eine Aufarbeitung ist notwendig. Dank ist auch der nahen Gaststätte zur Post und Anwohnern auszusprechen, die bis spät in die Nacht für die Versorgung der Einsatzkräfte mit Kaffee und Kuchen sorgten.

Brauereibetrieb in Berka/Werra endete 1991

Die Brauerei Zinn in Berka/Werra wurde 1865 gegründet, 1921 an die Aktienbrauerei Eisenach angegliedert, in den 1960er Jahren volkseigener Betrieb, später Teil eines Kombinats. Sie entwickelte sich zu einer der größten Brauereien in der Wartburgregion. Der Betrieb wurde mit der Wende 1991 eingestellt. Die Immobilie ging an die Stadt Berka/Werra.