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Amtsblatt der Stadt Bad Berka
Ausgabe 1/2025
Nichtamtlicher Teil
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Nichtamtlicher Teil

Foto © I. Rühmann

Foto © Marlies Kirchner

EINFACH ERHABEN

Jeden Samstag um 18 Uhr und zum Gottesdienst werden die Glocken geläutet - von Hand wie eh und je: Schlicht, aber erhaben ragt St. Jacobus in Troistedt zwischen alten Bäumen auf. Im Inneren hat der Baumeister das Kirchenschiff mit der zweigeschossigen Empore ganz in Weiß, Blau und Gold gehalten. Auch der Kanzelaltar entstand nach Plänen des Architekten, der mit seinem klassizistischen Stil Thüringer Stadt- und Dorflandschaften wie kein anderer geprägt hat - und dennoch fast vergessen ist: Clemens Wenzeslaus Coudray. Zwei Gründe mehr, ihn 2025 zu feiern: Vor 250 Jahren wurde er in Fulda geboren, vor 175 Jahren starb er in Weimar.

Herzog Carl August hatte ihn 1816 an den Weimarer Hof geholt, hoch willkommen von Staatsminister Goethe. Als Oberbaumeister war Coudray auch für die Kirchen im Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach zuständig. Mehr als zwei Dutzend waren im Laufe seiner Amtszeit neu zu bauen oder zu ersetzen.

In Troistedt stand nur noch eine Brandruine.

Doppelt tragisch: Der 1823 begonnene Wiederaufbau war fast vollendet, als durch Unachtsamkeit beim Vergolden des Orgelprospektes erneut Feuer ausbrach - nur acht Tage vor der geplanten Einweihung!

1826 hatte Troistedt seinen Mittelpunkt zurück - erneuert und verändert, getreu Coudrays Maxime, dass „die Größe, das Erhabene im Einfachen seine Wurzel hat.“

Unübersehbar eine Besonderheit: In die Arkadengalerie beiderseits der Emporenkanzel sind weit ältere Apostelfiguren eingefügt. Ihre genaue Herkunft ist unklar. Goethe selbst soll die spätgotischen Schnitzwerke andernorts ausfindig gemacht und Coudray anvertraut haben. Einer der zwölf Apostel, ganz rechts, ist St. Jacobus, der Namenspatron der Kirche.

Anstelle des ursprünglichen Zeltdaches bekam der Turm 1904 eine neobarocke Haube - so hat der Bauhauskünstler Lyonel Feininger die Kirche in den 1920er Jahren mehrfach verewigt.

Auch der alte Pfarrhof, einziges rotes Haus an der Dorfstraße, trägt Coudrays Handschrift und steht unter Denkmalschutz.

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