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Amtsblatt der Stadt Bad Berka
Ausgabe 3/2025
Nichtamtlicher Teil
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Nichtamtlicher Teil

Foto © I. Rühmann

TYPISCH KLASSIZISTISCH

Freundlicher Empfang oben auf dem Lindenberg: „Herzlich willkommen in der Coudray Kirche St. Michael Tannroda“ steht an deren Eingang. Die Tür ist offen, und falls nicht, gibt’s den Schlüssel im Pfarrhaus.

Die Kirche wurde 1825 nach nur 15 Monaten Bauzeit eingeweiht und feiert 2025 das 200. Jubiläum. Ihr Architekt Clemens Wenzeslaus Coudray (1775 bis 1845) war 1816 dem Ruf des Großherzogs gefolgt und hat in drei Jahrzehnten als Oberbaudirektor das Bauwesen des Herzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach reformiert. Sein Mentor Goethe, als Staatsminister für viele Architekturprojekte verantwortlich, fand in ihm einen Mitstreiter und langjährigen Freund.

Coudrays klassizistische Handschrift zeigt sich in Thüringer Städten und Dörfern, unübersehbar in Weimar und Bad Berka, an Schlössern, Profanbauten - und Dorfkirchen: St. Michael in Tannroda, eine große Hallenkirche mit schmalen Rundbogenfenstern und zweistöckiger Empore, reiht sich ein in mehr als zwei Dutzend Kirchen, die nach seinen Plänen entstanden.

Geld vom Großherzog gab es dafür nicht, nur Spenden der Bevölkerung, des Adels und der Landeskirche. St. Michael schlug mit 6970 Talern zu Buche. Um sparsam und zweckmäßig zu bauen, führte Coudray modulare Baugruppen ein, getreu dem Rasterprinzip seines

Lehrmeisters Jean-Nicolas-Louis Durand, bei dem er in Paris studiert hatte. Seine typisierten Entwürfe wurden den jeweiligen Gegebenheiten angepasst und rationell variiert. Goethes Baumeister gilt deshalb auch als früher Wegbereiter des Bauhauses.

Mögen Portale, Fensterfronten, Turmhauben oder Kanzelaltäre der Coudray-Kirchen oft vom gleichen Typ sein, gleicht dennoch keine der anderen.

Das schmucke, zu Bad Berka gehörende Tannroda liegt idyllisch im Ilmtal und hat sich zu einer Kulturperle entwickelt: In der Kirche finden nicht nur Andachten statt, auch Ausstellungen, Konzerte und Lesungen. Im benachbarten Schloss und in den Resten einer mittelalterlichen Burg ist eine Stiftung aktiv, hier befindet sich ebenso das Korbmachermuseum. Und wer die 112 Stufen zum Bergfried hinaufsteigt, hat alles im Blick.

www.coudray.bad-berka.de