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Werratal Bote Mitteilungsblatt der VG Hainich-Werratal und Stadt Treffurt
Ausgabe 15/2024
Amt Creuzburg
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Historisches

In der Nähe von Hötzelsroda hatten US-Streitkräfte einen Sanitätspunkt errichtet. Hierhin brachten sie auch gefallene deutsche Soldaten, wenn diese nicht auf den Friedhöfen der einzelnen Orte beigesetzt worden waren. So entstand der Soldatenfriedhof Hötzelsroda, auf dem heute über 350 deutsche Soldaten beerdigt sind. Frühe Aufnahme aus den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts.

Während in Mihla die Gefallenen auf dem Friedhof beigesetzt wurden tobten noch bis zum 8. Mai heftige Kämpfe und fielen dutzende weitere Mihlaer in den letzten Kriegstagen. Grab des Unteroffiziers König, der im Panzer bei Hahnroda fiel.

Die zerstörte Mihlaer Eisenbahnbrücke, hier eine Aufnahme aus den 60er Jahren, als die Reste der Brücke abgebaut wurden.

Die Geschehnisse nach Kriegsende in Mihla

Teil 1

Das Ende der Kampfhandlungen und der Einmarsch der US-Streitkräfte in Mihla gegen Mittag des 4. Aprils 1945 hatten für viele Menschen die alte Welt zusammenbrechen lassen. Zum zweiten Mal innerhalb von nur 27 Jahren hatte man das erleben müssen, aber nun schien, verglichen mit 1918, doch alles anders. Fremde Truppen hatten die eigene Armee besiegt und dies auch noch auf eigenem Grund und Boden, erstmals seit vielen Jahren war die Heimat Kriegsschauplatz geworden und hatte viele Opfer bringen müssen.

Zunächst überwog wohl bei den meisten Mihlaern, die im Verlauf des Tages aus den Wäldern in den Ort zurückkehrten, das Gefühl, einer großen Gefahr entronnen zu sein. Diese Meinung vertiefte sich in den nächsten Tagen weiter, vor allem, als Nachrichten über das Schicksal der Nachbargemeinden eintrafen. Creuzburg war durch den fanatischen Widerstand deutscher Einheiten zu beinahe 80 Prozent zerstört, Ütteroda, Spichra und Hörschel hatte es ebenfalls ganz schlimm getroffen.

In Mihla selbst waren die Brücken gesprengt, viele Schäden an den Gebäuden durch die Detonationswelle und auch durch Artilleriebeschuss eingetreten, das Futterlager am Viehrasen und zwei in der Nähe gelegene Wohngebäude abgebrannt, aber ansonsten hatte es keine weiteren Schäden oder gar Opfer unter der Zivilbevölkerung gegeben.

Im Lazarett in der Mihlaer Schule lagen am 4. April etwa 20 verwundetet deutsche Soldaten, die am nächsten Tag von den Amerikanern in Kriegsgefangenschaft in Richtung Hersfeld abtransportiert wurden. Ebenso ging es den zahlreich in und um Mihla gefangen genommenen deutschen Soldaten, die zunächst in einem provisorischen Lager zwischen Mihla und Lauterbach auf der dortigen Wiese bewacht wurden.

Dort mussten sie unter freiem Himmel lagern. Durch die Einwohner von Mihla und Lauterbach wurden Lebensmittel gesammelt und es kamen so viele zusammen, dass am 13. April nach dem Abtransport der Gefangenen noch ein mit Nahrungsmitteln gefüllter Wagen in ein Lazarett nach Eisenach gebracht werden konnte. Das Unternehmen wurde durch die Frau des noch in Kriegsgefangenschaft befindlichen Pfarrers, Frau Hoffmann, organisiert, die beim Deutschen Roten Kreuz als Krankenschwester arbeitete, ein erstes Zeichen von Solidarität, dass man, außer den ständigen Spenden für das Winterhilfswerk, so lange vermisst hatte.

Die meisten der Gefangenen wurden erst am 12. April auf offene Fahrzeuge verladen und nach Westen abtransportiert.

Die amerikanischen Kampftruppen, die am 4. April Mihla eingenommen hatten, zogen bereits am gleichen Tag in Richtung Kammerforst weiter. Nachfolgende Infanterieeinheiten waren bereits am 5. April in Mihla. Der Ortskommandant richtete sich im Haus Hellmund in der Eisenacher Straße (heute Wohnhaus Familie Märten) ein. Zeitweise lagen auch im Roten Schloss Stabseinheiten und die Schule wurde mit Soldaten belegt.

Noch war Krieg und über die Rundfunkempfänger vernahmen die Mihlaer die Meldungen über die Fortsetzung der Kampfhandlungen, die sich noch bis Mitte Mai hinziehen sollten. Wohl recht ungläubig vernahm man die nun so weit entfernt klingenden Wehrmachtsberichte über den fanatischen Kampfwillen der deutschen Truppen und den unbeugsamen Kampfgeist der Naziführung, die bis zuletzt aus den sicheren Bunkern unter der Reichskanzlei Durchhalteparolen und Siegeszuversicht versprühte. Diese Meldungen kamen bei der Mehrzahl der Menschen in unserer Region kaum noch an, verfingen sich wohl, so Zeugenaussagen, am ehesten in den Hirnen der durch 12 Jahre Naziherrschaft am meisten verblendeten Jugendlichen.

Hier soll es durchaus einige gegeben haben, die den aus ihrer Sicht schmählichen Zusammenbruch der Verteidigung an der Werralinie als Verrat der Offiziere und Soldaten sahen und die insgeheim einen Gegenschlag entgegenfieberten.

Diese Haltung führte dann auch zu den immer wieder in Zeitzeugenberichten genannten Aktionen der "Werwölfe", die aber tatsächlich wohl nicht über einige Gespräche und Absichtserklärungen hinauskamen.

Noch immer fielen Männer aus Mihla in diesem wahnsinnigen Schlusskampf, obwohl in ihrem Heimatort bereits Friede herrschte!

Im Kirchenbuch vermerkte Pfarrer Mitzenheim allein für das Jahr 1945 25 Beerdigungen von gefallenen Soldaten, viele Gedenkfeiern sollten noch folgen und zogen sich bis in das Jahr 1947 hin. Das Schicksal der sogenannten „Vermissten“ belastete weitere Familien. Dutzende Männer aus Mihla befanden sich in Kriegsgefangenschaft. Mitunter hatten die Angehörigen seit Monaten keine Nachricht erhalten und waren völlig im Ungewissen über die Zukunft.

Am 5. und 6. April wurden Luftkämpfe zwischen deutschen und amerikanischen Flugzeugen beobachtet und deutsche Flugzeuge schossen mit Bordwaffen auf amerikanische Fahrzeuge. Am 6. April war nochmals starker Geschützdonner zu vernehmen. Wie sich dann später herausstellte, beschossen die Amerikaner Eisenach, das dann an diesem Tag eingenommen wurde. Einen Tag später durchfuhren viele amerikanische Panzer und andere Fahrzeuge Mihla in Richtung Mühlhausen. An diesem Tag hätte der Krieg nochmals beinahe unser Gebiet erreicht. Bei Struth wurde in einer letzten Schlacht ein deutscher Vorstoß in Richtung Eisenach aufgehalten und unter großen Verlusten für beide Seiten zurückgeworfen („Panzerschlacht bei Struth“).

Erst ab dem 8. April stellten die amerikanischen Behörden Genehmigungen aus, wieder nach Eisenach gehen zu dürfen (Fahrverbindungen waren nicht vorhanden).

R. Lämmerhirt