Diese Bleistiftzeichnung des Mihlaer Heimatmalers Reinhard Ernst atmet noch gut fühlbar die gewachsene Situation der alten Neustadtstraße.
Die historische Bachmühle am Mihlaer Ölberg. Ihr Mühlrad wurde mit einem Oberwasser angetrieben, welches in Lauterbach von der Lauter abzweigte und bereits die Sandmühle antrieb, welche technische Leistung!
Erinnert an den einstigen Wohlstand der Bewohner der Mühlgasse; das bekannte „Hölzerkopf-Haus“.
Was Mihlaer Straßennamen erzählen
Flur- und Straßennamen gehören zu den wichtigsten gewachsenen historischen Quellen. Sie künden von den früheren Lebensbedingungen unserer Vorfahren. Häufig haben diese für Flurstücke, Felder, Wege, Plätze oder Äcker spezielle Bezeichnungen gewählt, die, immer weitervererbt, die Besonderheit dieses Flurstückes deutlich machten.
Viel hat sich dabei über die Jahrhunderte verändert, manche Namen sind heute nicht mehr zu deuten, wenn man aber auf den Kern des Namens stößt oder diesen erschließen kann, dann ist es mitunter möglich, Rückschlüsse auf die früheren Zusammenhänge zu ermitteln.
Setzen wir unsere kleine Wanderung mit historischen Straßennamen durch Mihla fort.
Eine der ältesten schriftlich vorliegenden Aufzählung von Mihlaer Straßennamen ist im Kirchenbuch erhalten. Pfarrer Himmel setzte sich kurz nach dem 30jährigen Krieg im Zusammenhang mit der Aufstellung eines Pfarrzinsregisters mit einige Jahre nach dem großen Krieg immer noch nicht wieder aufgebauten Bauernhäusern in der Ortslage auseinander. Dabei wurden als Straßennamen „Im Bach“, „Neustadt“, „Hinter der Kirche“, „Hinter dem Brauhaus“, „In der Mühlgasse“, „Auf dem Eisfeld“ und „In der Aue“ aufgezählt. Damit sind uns sicher die ältesten Straßennamen in unserem Ort benannt, immerhin schon mindestens 450 Jahre so genannt.
Einige dieser Straßennamen bedürfen keiner Erklärung, andere dagegen schon.
Beginnen wir mit der „Neustadt“, die sich als Neustadtstraße erhalten hat.
Diese Bezeichnung meint keine neue Stadt, Mihla war nie eine solche, sondern bezieht sich auf „neue Stätten“, also Wohnhäuser, die beidseitig in dieser Straße und damit außerhalb des alten Ortes entstanden sind. Gleich zu Beginn der Straße lag die älteste Herberge mit Ausspanne, die „Schwarze Herberge“, der spätere „Mohren“, nicht von ungefähr an diesem Fahrweg in Richtung Mühlhausen und Langensalza.
Vermutlich wurde diese Straße, die sicher als Fahrweg bereits viel älter ist als die Wohnbebauung, zu einer neuen Wohnsiedlung, als die Bevölkerungszahl Mihlas rasch zunahm.
Dies könnte in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts gewesen sein, als nach Pestwelle und Agrarkrise mehrere kleinere Siedlungen in der Umgebung eingingen und die Bewohner in den größeren und sicheren Ort Mihla zogen und sich dort außerhalb der Dorfbefestigung am alten Verbindungsweg von der Werrafähre und von den Schlössern von Creuzburg und nach Mühlhausen und Langensalza ansiedelten.
Erklärungen bedarf auch der Straßenname „Hinter dem Brauhaus“.
Eines der Mihlaer Brauhäuser, Bier zu brauen wurde noch bis vor gut 200 Jahren in vielen Bauernhöfen durchgeführt, sicher das größte und bis 1533 im Besitz der Kirche befindliche, soll sich nach alten Überlieferungen auf dem heutigen Grundstück Ecke Brauhausstraße/Ölberg befunden haben. Damit würde auch der Straßenname „Hinter dem Brauhaus“ Sinn machen. 1533 wurde dieses Brauhaus erwähnt, als das Braurecht im Zusammenhang mit einer Visitation der Kirchenrechte den Herren von Harstall zugesprochen wurde.
Im Weg verlief das „Mühlenwasser“, ein vor hunderten von Jahren von der Lauter in Lauterbach abgezweigter Wasserlauf eines „Oberwassers“, das neben der Lauterbacher Mühle die Mihlaer Sandmühle und über die „Pfarrwiese“ die Mihlaer Bachmühle oberschlächtig antrieb.
Von der Sandmühle aus verlief das Oberwasser über die Pfarrwiese, querte den Hundsanger und verlief als offener Graben entlang der Straße „Hinter dem Brauhaus“ bis zum Ölberg. Dort ergoss sich das Wasser über eine Rinne auf das Wasserrad der Bachmühle, verlief dann aber nicht gleich in die Lauter zurück, sondern tangierte die „Badstube“, um in Höhe der Badergasse die Lauter zu erreichen.
Was für eine gewaltige Arbeitsleistung, diesen Kunstgraben zu erreichten und zu unterhalten! Beide Mühlen lagen also am gleichen Oberwasser, das auf eine Länge von etwa 1, 5 Kilometern geführt wurde!
Das Mihlaer Brauhaus, daher die Bezeichnung „Hinter dem Brauhaus“, wurde nicht über den Mühlgraben mit frischem Wasser versorgt, sondern die oberhalb der Sandmühle befindliche Quelle soll eine eigene Leitung gespeist haben, die dann parallel zum Mühlgraben über die Pfarrwiese bis zum Standort des alten Mihlaer Brauhauses geführt wurde.
Eigentlich einleuchtend, dass man zum Brauen eben frisches Quellwasser benötigte, oder?
Machen wir gleich wegen der örtlichen Nähe mit der „Badergasse weiter.
Den Namen erhielt sie, weil lange Zeit am Ausgang der Gasse das alte Mihlaer „Baderhaus“ lag, heute das dortige Wohnhaus. Der Bader war der frühere „Mediziner“ im Ort, lange bevor studierte und gut ausgebildete Ärzte diese Arbeit übernahmen.
Er war für alles zuständig, vom Zähneziehen bis hin zu Operationen kleineren Ausmaßes. Nebenbei betrieb er die „Badstuben“, in der man die vielfältigsten Formen eines Wannenbades genießen konnte.
Oft wird die Gasse auch als Badegasse angesprochen, sie diente jedoch nicht als leichter Zugang zur Lauter, in der man früher sicher baden konnte. Vielmehr dürfte sie, direkt neben dem Pfarrhaus gelegen, bereits im Mittelalter, als Mihla von einer umlaufenden Mauer geschützt wurde, schon eine wichtige Verbindung zum „Unterdorf“ gewesen sein und war wohl mit einer Pforte versehen.
Zuletzt für heute die „Mühlgasse“.
Ihr Name ist eigentlich klar. Diese Gasse führte zur ältesten Mühe Mihlas, zur Werramühle. Diese wurde bereits im Jahre 1248 schriftlich erwähnt. Vermutlich aus dieser Zeit stammt der „Mühlgraben“, der von der Werra beim Grauen Schloss abzweigte und die Werramühle unterschlächtig antrieb. Genauso alt dürfte auch die Mühlgasse sein.
Die Gasse stellte die Verbindung von der Mühle zum Dorf her, aber auch zu den Handelswegen, die über Mihla verliefen. Über die Verlängerung der Mühlgasse, den „Honiggraben“ kamen unsere Vorfahren zum „Tor“ in der Markstraße und damit auch in den eigentlichen Ort.
Am Ausgang der Mühlgasse entstand im 16. Jahrhundert ein kleiner Werrahafen. Alle Handelsschiffe und Flöße mussten anlegen und auch die mitgeführten Waren zum Kauf anbieten. Dieses Stapelrecht in Mihla führte mehrfach zu heftigen Auseinandersetzungen mit den bedeutenderen Werrahäfen Eschwege und vor allem Wanfried.
Der durch den Mühlenbetrieb und den Handel in den Ort einziehende zeitweilige Wohlstand zeigte sich auch in der Bebauung der unteren Mühlgasse mit stattlichen Höfen, von denen sich noch das „Hölzerkopfhaus“ erhalten hat.
-Ortschronist Mihla