Bezug: Ihr Schreiben vom 07.06.2023, Aktenzeichen: 5070-64-8762/18-3-65690/2023
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Landesvorstand des BUND Thüringen hat dem Unterzeichner dieses Schreibens sowie seiner Untergliederung BUND Kreisverband Wartburgkreis & Eisenach bei oben genanntem Planfestellungsverfahren eine Vollmacht zur Außenvertretung erteilt und ihn hiermit mit der Stellungnahme beauftragt. Für die Möglichkeit, zum oben genannten Planfeststellungsverfahren Stellung nehmen zu dürfen, möchten wir uns hiermit bedanken.
Zunächst sei bemerkt, dass wir bereits mit Schreiben vom 27.10.2021 zur Variante „Steingraben" Stellung genommen hatten. Diese Stellungnahme hat weiterhin Gültigkeit, auch wenn die Variante „Verfüllung des Steingrabens" formal „vom Tisch" ist, denn betroffen durch die neue Variante ist nach wie vor das gesamte damals unter Punkt „Schutzgut Flora und Fauna" beschriebene Artenspektrum (Orchideen, Vögel, Amphibien, Fledermäuse), ebenso die Schutzgüter „Wasser", „Boden" und „Mensch". Somit sind auch die Anmerkungen unseren ehemaligen Kreisvorsitzenden Nordian Renner bezüglich der Eignung von kalkhaltigem Karstuntergrund, wie er im betroffenen Geltungsbereich vorkommt, für eine Abfalldeponie, nach wie vor aktuell.
Damals schrieb Nordian Renner zum Punkt „Schutzgut Boden" (Zitat):
„Abfälle, die auf einer Deponie der Klasse II abgelagert werden dürfen, weisen Anteile mineralischer Schadstoffe auf. Es ist zulässig, auch Schadstoffe mit organischen Beimengungen erhöhter Gefährlichkeit einzubringen. Sowie auch Reststoffe mit erhöhten Konzentrationen sich nicht zersetzender anorganischer Schadstoffe abzulagern.
Langfristige Auswaschung von solchen Schadstoffen ist am geplanten Standort sichergestellt, da es sich bei der geplanten Örtlichkeit um keine geologische Senke handeln kann. Diese gelangen dann über den Wasserkreislauf in die Umwelt.
In der Deponietechnik spricht man von säkularen Ereignissen. Das bedeutet, dass diese Baukörper für Jahrhunderte, sogar für Jahrtausende am Platz verbleiben. Eine ausreichend sichergestellte Abdichtung ist in der Praxis nach dem Stand von Wissenschaft und Technik über solche Zeiträume nicht darstellbar.
Grundabdichtungen aus organischen Stoffen (z.B. PEHD) sind über solche Zeiträume noch mit keinerlei Praxiserfahrung und damit keinerlei Sicherheit hinsichtlich ausreichender Funktionalität versehen. Deshalb kommen auch (zusätzlich) mineralische Abdichtungen zum Einsatz. Voraussetzung für die dauerhafte Standsicherheit und damit Funktionsfähigkeit der Abdichtung ist die Standfestigkeit des Deponiekörpers und seines Auflagers.
Die geplante Deponie wird auf carbonathaltigem Grundgestein errichtet. Von diesem ist bekannt, dass es ebenfalls in analogen Zeiträumen des Bestehens einer Deponie chemisch abgebaut wird (Stichwort: Kohlenstoffkreislauf). Je mehr Kohlendioxid sich in der Luft befindet (Stichwort: Klimawandel), umso mehr Lösungsfähigkeit bringen künftige Niederschläge mit sich. Deshalb kann zum heutigen Zeitpunkt keine (retrospektiv basierte) Prognose auf die Dauer der Standfestigkeit des anstehenden Grundgesteins am geplanten Deponiestandort gegeben werden. Hinzu kommt verschärfend, dass chemische Erosion besonders an Grenzschichten (z.B. der Grundabdichtung) stattfindet. In der Folge ist es naheliegend, dass eine Deponie am geplanten Standort für die vorgesehenen Abfälle definitiv nicht geeignet ist. Eine Ablagerung an diesem Standort unter den geschilderten Bedingungen würde langfristig eine Freisetzung der Stoffe zwangsläufig mit sich bringen. Dabei ist unter den aktuell unsicheren Annahmen keinerlei Prognose für eine ausreichende Langfristigkeit gegeben bzw. nach dem heutigen Stand der Technik nicht annähernd ausreichend sicher prognostizierbar"
An der Stellungnahme zur neuen Variante „Deponie auf Deponie" aktiv und engagiert mitgewirkt hat dankenswerterweise besonders Herr Lutz Kromke, Einwohner von Amt Creuzburg, Stadtratsmitglied, aktives Mitglied von BUND und VdF (Verein der Freunde von Naturpark Eichsfeld-Hainich-Werratal und Nationalpark Hainich) und Kenner der örtlichen Gegebenheiten. Seinen erarbeiteten Anmerkungen zur Variante „Deponie auf Deponie" schließt sich hiermit der BUND Landesverband Thüringen mit seiner Untergliederung Kreisverband Wartburgkreis & Eisenach vollinhaltlich an. Unsere Kritiken, Forderungen, Vorschläge und Fragestellungen zur neuen Variante haben somit folgenden Wortlaut:
„Grundsätzlich ist bekannt, wie wichtig es ist, eine geeignete Fläche zur Entsorgung der Abfälle Deponie - Klasse 2 auch im Wartburgkreis weiter zu erschließen.
Die zusätzlichen geplanten Stoffe und Mengen zur Einlagerung erfordern im Vorfeld alle in Frage kommenden Bedingungen entsprechend zu würdigen.
Bei der geplanten Erweiterung der Deponie handelt sich um ein für die Raumordnung sowie für den Eingriff in die Landschaft bedeutsames Vorhaben (ca. 11,7 ha), das u.a. auch noch landschaftsprägender als der bisherige Ist-Zustand sein wird - unabhängig von den möglichen ökologischen Auswirkungen.
Angaben, Änderungsvorschläge und Fragen zur Projektskizze Projekt Nr. 13.4177
1.3. Antragsgegenstand
Im Antrag wird die Variante Deponie auf Deponie beschrieben.
Eigentlich ist die aktuelle Nutzung zur Schlacke- Ablagerung schon jetzt so (Deponie auf Deponie) genehmigt worden.
Müsste der Antrag nicht daher wie folgt heißen: 1.Deponie (Haushaltsabfälle) + 2. Deponie (Schlacke) + 3. Deponie Klasse 2?
Zu 3.1. Geografische Lage:
Die geografische Lage ist nicht korrekt benannt - genannt ist die Gemeinde Mihla. Korrekt
und der gegenwärtigen Situation angepasst wäre aber: Stadt Amt Creuzburg, Ortsteil Mihla.
Zu 3.2. Örtliche Gegebenheiten:
Bei der Erweiterungsfläche handelt es sich teilweise um Wald, der sich jetzt noch in 450 m Abstand zum Wohngebiet Hahnroda befindet.
Die klima-, ökologischen und biologischen Schutzfunktionen sind für diesen Bereich auch durch die Nähe zum NSG Klosterholz und Nordmannsteine, das auch zum FFH-Schutzgebiet „Creuzburger Werratalhänge" gehört, ein wichtiger Baustein zur Biodiversität.
3.3 Besonders geschützte oder schützenswerte Flächen:
Die Angaben sind unvollständig. Hinweise auf Naturschutzgebiet sowie Fauna-Flora-Habitat- (FFH) Gebiet fehlen.
3.5 Zu erwerbende Grundstücke:
19,5 ha Wald werden zur geplanten Erweiterung der Deponie erworben.
Das bedingt u.a. auch die Nähe zur Siedlung Hahnroda (450 m).
Das NSG Klosterholz und Nordmannsteine als Teil des FFH-Gebietes befindet sich in ca. 600 m Abstand.
5.2. Basisabdichtung:
Die 1. Deponie besitzt wie im Antrag beschrieben keine Basisabdichtung, geheilt werden kann aus technischen Gründen dieser Zustand nicht.
Daraus ergibt sich folgende Frage:
Wie ist der aktuelle Sachstand zur „Rekultivierung und Abdeckung" der Schlackenhalde, der Teil der aktuellen Einlagerungsgenehmigung ist?
5.4. Hydrogeologische Situation:
Der geplante Standort grenzt direkt an den Vorfluter Steingraben an.
Frage: Wie kann eine mögliche Kontamination auch in den Vorfluter Steingraben bei möglichen extremen Witterungsverhältnissen ausgeschlossen werden (Stichwort Klimawandel, Starkregen mit Erosionseffekten und Hochwassergefährdung, Beispiel Rheinland/Pfalz Sommer 2021 - Ahrtal)? Hinweis: Der Steingraben mündet in die Werra (Fließgewässer 1. Ordnung).
7. Inhalt und Umfang des UVP-Verfahrens
7.2.:
Bedingt durch die Nähe zum NSG Klosterholz und Nordmannsteine, das Teil vom FFH Schutzgebiet Creuzburger Werratalhänge ist, fehlen die Angaben zur notwendigen FFH-Vorprüfung.
8.3.1. Schutzgut Mensch, insbesondere menschliche Gesundheit:
Durch die geplante Erweiterung der Deponie ergibt sich eine Annäherung an das Wohngebiet Hahnroda oberhalb von Buchenau mit einem möglichen Abstand von ca 450 m.
Eine detaillierte Darstellung der technischen Anlagen zum Betreiben der Deponie-Nebenanlagen: z.B. Lader, Brecher, Siebanlagen, Walzen mit allen möglich technischen Angaben ist im Vorfeld darzustellen.
Außerdem sollten die Betriebszeiten zum Betrieb der Deponie, einschließlich An- und Abfahrt der Transportfahrzeuge, dargestellt bzw. entsprechend festgelegt werden.
Durch die Abholzung von Waldfläche, die zur Erweiterung der Deponie zugeschlagen werden soll, ist auch von einer erhöhten Lärmbelästigung für den OT Mihla auszugehen.
Die Wirkungen der zusätzlichen Flächenversiegelung, die nicht ausgleichbar ist, sind nicht abschätzbar.
8.3.2 Schutzgut Tiere, Pflanzen, biologische Vielfalt:
Mit der geplanten Erweiterung der Deponie muss auch das angrenzende NSG Klosterholz und Nordmannsteine (Teil vom FFH-Gebiet Creuzburger Werrahänge sowie auch ins Natura 2000-Gebiet integriert) gründlich untersucht bzw. gewürdigt werden.
2016 wurde das NSG Klosterholz und Nordmannsteine mit Genehmigung vom Freistaat Thüringen erweitert, alle betroffenen Träger öffentlicher Belange haben im entsprechenden Verfahren die Erweiterung des NSG-Geltungsbereiches unterstützt und dieser zugestimmt (entsprechende Stellungnahmen der Stadt Creuzburg und der Gemeinde Mihla von damals sind gegeben).
Eine Verschlechterung von Status und Erhalt der Schutzgüter ist verboten, weil dies gemäß EU-Recht sanktioniert (mit Strafe belegt) wird.
Eine entsprechende Bestandsaufnahme im betroffenen Bereich der geplanten Erweiterung der Deponie, der Schutzgüter mit FFH- Vorprüfung und Eingriffs-Ausgleichsbilanz ist daher erforderlich.
Begründung dazu ist: Der Gleichbehandlungsgrundsatz.
8.3.5 Schutzgut Wasser
Wie unter Punkt 5.4 zu betrachten bzw. zu würdigen.
8.3.7 Landschaftsbild
Wie folgend unter Punkt 8.3.8 zu würdigen.
8.3.8. Kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter:
Die geplante Deponie befindet sich in Sichtweite zum Nationalpark Hainich.
Mit der geplanten Erweiterung (19,5 ha Erweiterungsfläche + 11m Erhöhung der Deponie wird die Wahrnehmung der Deponie zusätzlich verstärkt.
Ist damit die Aberkennung vom Titel „UNESCO Weltnaturerbe" möglich oder ausgeschlossen?
Eine Anfrage beim Titelgeber (UNESCO) ist daher in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Ministerium erforderlich.
Fazit:
Die ursprüngliche Begründung, eine geologische Mulde mit Müll zu verfüllen, wird nun mit der geplanten Erhöhung an exponierter Stelle zu einem unkalkulierbaren Risiko für alle Menschen und Schutzgüter im Einzugsbereich der Deponie. Der betroffene Bereich ist nach unserer Meinung aus Gründen des Umwelt- und Klimaschutzes (u.a. Nicht-Ausgleichbarkeit der für die Erweiterung erforderlichen Waldrodung) für eine bundesweite Bau-Abfallentsorgung, so wie es auch bei der Schlacke Entsorgung erfolgt ist, nicht geeignet.
Die geplante Erweiterung der Deponie Mihla- Buchenau kollidiert außerdem mit der touristischen Ausrichtung in unserer Region. Beispiele, wenn erforderlich, können bei Bedarf genannt werden.
Ein Termin vor Ort zur Besichtigung bzw. Begutachtung der geplanten Erweiterungsfläche mit den zuständigen Trägern öffentlicher Belange (TöB) und weiteren am Verfahren Beteiligten ist erforderlich, um die räumlichen Bedingungen entsprechend einschätzen zu können.
Vielen Dank"
gez. Lutz Kromke
Ergänzend zu den oben beschriebenen Ausführungen, besonders zu den Punkten „Schutzgut Wasser" und „Schutzgut Boden", wäre noch zu bedenken und zu untersuchen, wie sich der Grundwasserspiegel infolge der Rodung einer größeren Waldfläche innerhalb des Erweiterungsterrains (nach Westen und Nordwesten) verhält; wir gehen von einer Grundwasserabsenkung aus. Diese hat möglicherweise negative Konsequenzen für das NSG Klosterholz und Nordmannsteine hinsichtlich der Austrocknung des Bodens, der Vertrocknung der Vegetation und damit der Biodiversität. Es sei daran erinnert, dass im Erweiterungsgebiet (außerhalb der jetzigen Deponie) z.B. noch bestandsgefährdete Orchideen und bedrohte Amphibien vorkommen können. Mal ganz abgesehen von einer erhöhten Erosionsgefahr in den an die Deponie angrenzenden Bereichen in Richtung NSG, in Richtung Hahnroda und auch in Richtung Steingraben.
Mit freundlichen Grüßen
i.A. Klaus Fink
Vorstandsmitglied/Kassenwart
BUND Wartburgkreis & Eisenach