Das Glockenhaus neben der Mihlaer Kirche wurde im Jahre 1825 an dieser Stelle errichtet. Ein Vorgängerbau stand auf dem Marktplatz.
Ein „außerordentliches" Ereignis war im Jahre 1825 in Mihla zu verzeichnen. Wie überall im Lande wurde dem 50-jährigen Regierungsjubiläum Carl Augusts gedacht. Die Mihlaer Obrigkeit sah sich verpflichtet, dieses Fest besonders „herrlich" zu feiern.
Ein Umzug der Schuljugend mit Musikkorps, vom Geläut der Glocken begleitet, drei vom Propel abgefeuerte Böllerschüsse und der Marsch zum Goldberg, an dessen Hang die Gemeinde eine Pflanzstätte für junge Bäume als „immerwährendes Denkmal der höchst erfreulichen Jubelfeier" angelegt hatte, stellten neben Tanzvergnügen, Gottesdiensten und ein durch den Freiherrn von Harstall eingeleitetes Vogelschießen sowie ein abschließendes Feuerwerk die Höhepunkte der zweitägigen Feier dar.
Noch im gleichen Jahr begann man auf Kosten der Gemeinde einen neuen Glockenstuhl auf dem Gelände des alten Kirchhofes (heutiger Standort) zu errichten, zum Andenken „... an das denkwürdige Jubelfest 1825...". Dadurch wurden die Glocken vom alten Glockenhaus, das sich auf Gemeindeland (Marktplatz) befand, auf das Pfarrland des Kirchhofes verlagert. Die Kosten musste die Gemeinde tragen.
Die geschilderten Ereignisse machen deutlich, dass sich in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts deutliche Widersprüche im Leben der Mihlaer Bevölkerung herausbildeten. Die Ursachen lagen natürlich nicht im Verhältnis des Dorfes zur landesherrlichen Regierung, auch nicht in den sich zuspitzenden Beziehungen zwischen den Harstalls und der Gemeinde oder der Dorfobrigkeit zur Masse der Einwohner, sondern sie hatten tiefere und für das Verständnis der Menschen damals kaum fassbare Wurzeln. Die soziale Differenzierung der Bewohner, seit Jahrhunderten ausgeprägt und einer bestimmten Entwicklungsrichtung unterworfen, begann sich rasch zu verändern.
1827 zählte Mihla 1156 Einwohner. Von den etwa 220 Familien des Ortes lebten die meisten noch immer von der Landwirtschaft. Neben den beiden Gutsbesitzern, Friedrich Karl August Ernst von Harstall und Franz von Harstall (auf Diedorf, zeitweise in Lauterbach und Mihla) verfügten rund 20 größere Bauernwirtschaften über mehr als die Hälfte des Ackerlandes und des Waldes. Die Größe der Wirtschaften lag zwischen 2 bis 5 Morgen Land. Eine weitaus größere Anzahl von Dorfbewohnern als in früheren Jahren verfügte nun nicht mehr über einen die Existenz der Familie absichernden Grundbesitz. Etwa 60 Familien besaßen als Hintersassen, Einmietlinge oder Tagelöhner höchstens einen Grabegarten.
Das gleiche galt für die etwa 40 Dorfhandwerker, deren Unterhalt jedoch meist auf gesicherten Grundlagen basierte.
Während also die Gutsherren und Anspänner ihre wirtschaftlichen Positionen weiter verbessert hatten, verschuldeten immer mehr Kleinbauern, wurden landlos und verstärkten bald die Schicht der Tagelöhner.
Es war durch die traditionellen Erbgesetze durchaus normal, dass Bauerngüter an bis zu 20 Stellen der Dorfflur Felder besaßen, das Bauerngut Weifenbach sogar an 87 Stellen.
Infolge der Verschlechterung der Getreidepreise und der mangelnden Effektivität solcher Wirtschaften stieg die Verschuldung der Bauern. Pfändungen, Hypothekenbelastungen und Zwangsversteigerungen - von 1815 bis 1848 allein mindestens 21 durch das Harstallsche Gericht durchgeführte - waren an der Tagesordnung.
Die von Pfarrer Köhler auf Anweisung der Großherzoglichen Regierung seit 1817 geführte Pfarrchronik vermeldete sehr ausführlich die Entwicklung der landwirtschaftlichen Bedingungen, also von Witterung, Ernteerträgen, Getreidepreisen und andere, den Gewinn der Bauern beeinträchtigende Umstände. Wie ein roter Faden zieht sich die Feststellung von häufig fallenden Preisen und erschwerten Anbaubedingungen durch diese Berichte. So wurden 1817 noch 10 Groschen für das Creuzburger Malter Korn gezahlt, 1820 waren es noch 4 Groschen und 1824 wurden bei einer guten Ernte gar nur 3 Groschen erreicht!
Pfarrer Köhler bemerkte, die Preise seien zu einer Tiefe herabgesunken, „... wie sie kaum erlebt wurden..."
Im gleichen Jahr fielen auch die Hopfenpreise von 8 auf 4 Groschen, weil immer mehr ausländischer Hopfen angebaut wurde. Diese auf die Dauer für die
Bauern unerträglichen Zustände hielten für lange Zeit an, und erreichten mit der Agrarkrise von 1825 ihren Höhepunkt.
Die meisten Menschen in unseren Orten blickten sorgenvoll in eine ungewisse Zukunft …
Ortschronist Mihla