LATh - Staatsarchiv Altenburg, Altes Hausarchiv, Archivalien-Signatur 1071
Frank-Bernhard Müller, Leipzig
Das Schreiben Herzogs Johann Ernst an Herzog Friedrich Wilhelm aus Marksuhl am 13. April 1596 liegt im Original vor. Der Brief vom Osterdienstag ist von ihm selbst verfasst. Am Ende des Schriftstücks findet sich seine eigenhändige Unterschrift Johan Ernst Hertzog zu Sachssen etc., gefolgt von der bestätigenden Unterfertigungsformel Manu propria, dem sog. eigenhändig-Vermerk. (Abb.) Im Laufe des 15. und besonders des 16. Jahrhunderts hatte sich die eigenhändige Unterschrift auch bei den Landesfürsten durchgesetzt - mit dieser und anderen Formeln (subscripsit, eygen Hant).
Einige Bemerkungen zur historischen Einordnung des Textes: In einem Briefkonzept aus Marksuhl vom 3. Januar 1596 erteilt der Herzog den Befehl, die Pfarrer in den Gottesdiensten für eine glückliche Niederkunft der Herzogin Elisabeth beten zu lassen: Demnach d(er) Almechtige gütige Gott die hochgeb(orne) Fürstin vnsere f(ürstlich) liebe Gemahlen, fraw Elisabeth H(erzogin) Z(u) S(achsen) etc. geborne Gräfin zu Mansfeld mit leibesfrucht g(nädig) gesegnett. Gegründet auf diese Hoffnung will Johann Ernst die Gottliche Almachtt vmb ferner gedeylichen segen anrufen und fordert die Untertanen auf, die Schwangerschaft und die Niederkunft mit Gebeten zu begleiten. Sechs Wochen vor der Niederkunft hat Elisabeth das heilige Abendmal alhier in der Kirchen [in Marksuhl]/ bey der allgemeinen Christlichen Versammlung empfangen/ vnd sich sampt derselben Leibsfrucht in den gnedigen willen Gottes ergeben, berichtet ihr Beichtvater Martin Gnüge. Doch alle Bitten und Gebete haben sich nicht erfüllt. Die Entbindung am 8. April, es war der Gründonnerstag, gestaltete sich dramatisch, ja tragisch. Elisabeths Kind, notgetauft auf den Namen Johann Friedrich V., verstarb wenige Stunden nach der Geburt im Residenzschloß zu Marksuhl. Die dreißigjährige Mutter folgt ihm nur vier Tage nach ihrer Niederkunft, sie starb am Ostermontag, dem 12. April. Es waren sicherlich sehr versierte, erfahrene Hebammen, die der jungen Herzogin bei ihrer ersten Geburt beistanden. In den Eisenacher Kammerrechnungen haben sich ihre Namen erhalten - die Hebamme Helena aus Öpfershausen und die Hebamme Margaretha Schmid(t) aus Eisenach.
In der schon erwähnten Aktensammlung Acta das Ableben der Herzogin Elisabetha zu Sachsen betreffend finden sich ähnlich lautende Schreiben wie dieses vom 13. April: Am 15. April 1596 vermeldet die nun 55 Jahre alte Gräfin Sophia zu Henneberg den Tod Elisabeths. Da sie und ihr Gemahl Graf Poppo XII. Elisabeth bis in das 23. Jahr an Kindes statt erzogen haben, erwartet sie, dass in sämtlichen Kirchen ihrer Grafschaft eine Trauerpredigt gehalten werde. Am 16. April antwortet die örtliche Obrigkeit, sie drückt ihr untertäniges christliches Mitleid aus und versichert, eine Christliche Leichpredigt zu halten. Weitere Schreiben klären die Einzelheiten der Beerdigung. Am 20. April versichert Herzog Friedrich Wilhelm Herzog Johann Ernst, dass wegen der Überführung der Leiche Elisabeths nach Coburg die Hennebergische Regierung angewiesen worden sei, dem durchziehenden Conduct Bewirtung und Sonstiges zu leisten und dafür zu sorgen, dass sich die hessischen Beamten dementsprechend erweisen. Am 2. Mai dankt Sophia den Statthaltern und Räten für die Bereitwilligkeit, mit der sie die gewünschte Leichpredigt halten lassen wollen. Sie informiert, dass Elisabeth am 10. Mai In der Stad Creutzburgk bestattet wird. Ein weiteres, undatiertes Dokument enthält den unsignierten Vermerk, dass das Begräbnis am 10. Mai 1596 zu Creuzburg stattfindet.
Vier Leichenpredigten für Elisabeth - von deren Mutter wol achtmal durchlesen - sind an unterschiedlichen Orten gehalten und anschließend paarweise zum Druck gebracht worden. Sie enthalten alles, was man von einer Leichenpredigt erwartet (Widmung, Vorrede, Trauerpredigt, Personalia/Lebenslauf, Lobschriften). Pfarrer Friedrich Schönhaars Predigt in der Nikolaikirche zu Creuzburg endet mit dem wiederholten, für die Gattung erwartungsgemäßen Hinweis, dass Elisabeth im Glauben und in wahrer Anrufung Gottes verschieden sei. Nur im Creuzburger Trauergottesdienst hören wir von der leiblichen Mutter Elisabeths, Gräfin Margareta, die an der Beisetzung in der Nikolaikirche nicht teilnehmen konnte. Sie weilte seit Ende März 1596 in Marburg, um ihre Krankheiten behandeln zu lassen. Der plötzliche Tod ihrer Tochter und des Knaben im Kindbett hat sie sicherlich schwer getroffen. Schönhaar nannte ihren Zustand kümmerlich, er gibt Anlass, für ihre Gesundheit zu beten.
Vnserm Freundtlichen lieben Vettern, Brudernn vndtt Gevattern - diese Anredeformel lässt den heutigen Leser etwas irritiert zurück ob der Ansammlung von Begriffen, die sich recht eigentlich ausschliessen. Ist Friedrich Wilhelm Vetter, Bruder und/oder Gevatter? Hier handelt es sich nicht um präzise Verwandtschaftsgrade, die geschwisterliche Begrifflichkeit soll Ebenbürtigkeit ausdrücken. Der Hochadel benutzt ein Bezeichnungssystem, das auch außerhalb der dynastischen Kernfamilie verwandtschaftliche Bezeichnungen verwendet. Somit sind alle drei hier verwendeten Beziehungsformen möglich, Was heute auf die Kernfamilie beschränkt ist, wurde auf weitere Personengruppen ausgeweitet, ohne dass diese Verwandtschaftsgrade zwischen den beiden Herzögen wirklich bestehen. Aber der Tonfall ist gesetzt, man ist sich in Freundschaft gewogen, mit den Verwandtschaftsbezeichnungen lieben Vettern, Brudernn vndtt Gevattern ist Zugehörigkeit zum Hochadel signalisiert, zur Reichsfamilie der Wettiner. Dem Leser Friedrich Wilhelm (Zu Seiner Liebden Handen) signalisiert diese Begrüßungsformel eine freundliche Gesonnheit, aufmerksam wird er den Brief lesen. Vnserm Freundtlichen lieben lässt den Leser rasch einschätzen, in welchem Zusammenhang der Brief steht. Mit der Nennung von Status und Amt (Fursten, Hertzogen zu Sachssen, Vormunden, der Chur Sachsen Administrator, Landtgraf in Dhuringen, Marggraf zu Meissen) ist zugleich eine Form der Ehrerbietung verbunden, mit Herr das Adelsprädikat eingefügt.
Johann Ernst gibt aus traurigen hochbekummerten Gemuth zu erkennen, dass obwohl der gütige barmherzige Gott Vnsere freundtliche herzgeliebte Gemahlin, fraw Elisabeth Herzogin Zu Sachßennn etc. Geborne Greffin Zu Manßfeldt etc. am 8. April vmb Zweÿ vhr nach mittags, ihrer Ld (Liebden) biß dahero getragenen weiblichen burden entbunden und einen Jungen Wolgestalten Sohnn Vätterlich verliehen, welcher aber ganz schwach also balden der heiligen Tauff einvorleibtt, vnd darauf zur ewigen freude abgeforddert wordenn. Der allmächtige Gott hat ihm aber noch ein größers Creuzs vnd Elendt schmerzlich auferlegt. Vnsere allerliebeste Gemahlin ist aus aber gleichsfalls aus diesem armen bedrubten zergenglichen leben Jn das ewige himblische reich vorsezett und derart vberaus großer erlittener schmerzen gnedig vnd sanftiglich entnohmmen. Der Witwer drückt seine Zuversicht aus, Friedrich Wilhelm werden aus naher anverwandter affection, d. h. aus inniger, mit uns verbundener Zuneigung, mit vnns darob ein Christlichs herzliches mitleidenn tragen, vnd vns diesen erbärmlichen bedruebten zustandt mißgunnen.
Um des Herzogs traurige(s) hochbekummerte(s) Gemuth und seinen erbärmlichen bedruebten zustandt angemessen zu erfassen, erinnern wir an Briefe, die Johann Ernst erst vor sechs Jahren schrieb. Ob nun beim ersten Zusammentreffen mit Elisabeth die Neigung der beiden jungen Menschen rasch und heftig zum Ausbruch kam, sei dahingestellt; jedenfalls wird die Liaison in der Forschungsliteratur einstimmig als Liebesheirat angesehen. Über des jungen Herzogs rasch gefasste Heiratsabsichten informieren seine Briefe an die Mutter und den Vater, beide datiert Coburg am 18. Januar 1590. Die Nachricht von der besondere[n] lust und zunaigunge zu den Wolgebornen Frewlein Elisabethen, Geborner Greuin von Manßfeldt etc. Alß Jch Jungst verschinnen 8. Monat Decembris, … zu Burgkbraittungen … benachtett variiert leicht im Brief an den Vater - besondere lust, lieb vnd zunaigunge … getragen - und folgt auf die interessante Erinnerung: Jungsten habe Ich E: G: zuerkennen geben, Was maßen Ich mich gerne bei vorstehenden Kriegwehsen Jn der Crohn Franckreich, hette gebrauchenn laßenn, es ist aber bißhero vorfliebenn, …
Am 23. und 24. November 1591 hat sich Johann Ernst in Wiener Neustadt mit gedachtem Frewlein Jn ein Christliches eheverbundtnus eingelaßenn - vier Jahre und fünf Monate später ist seine allerliebeste Gemahlin Jn das ewige himblische reich vorsezett und diese Liebesheirat Geschichte. Zweihundert Jahre später nennt der Geheime Justizrat zu Göttingen, Johann Stephan Pütter, derartige Verbindungen unter deutschen Fürsten und Grafen Mißheirathen.