LATh - Staatsarchiv Altenburg, Altes Hausarchiv, Archivalien-Signatur 1071
Frank-Bernhard Müller, Leipzig
Neben dem Benachrichtigungsschreiben des Herzogs Johann Ernst an Herzog Friedrich Wilhelm über den Tod der Herzogin Elisabeth sowie des neugeborenen Sohns (im Original erhalten, auf Marksuhl 13. April 1596 datiert, Teil 1 und 2) gehören das Kondolenzschreiben des Herzogs Friedrich Wilhelm an Johann Ernst (im Entwurf erhalten, auf Torgau 18. April 1596 datiert) und die Instruktion des Herzogs Friedrich Wilhelm für den sachsen-weimarischen Hof- und Geheimrat Georg Albrecht von Kromsdorf zu einer Gesandtschaftsreise/einem stellvertretenden Kondolenzbesuch bei Herzog Johann Ernst in Marksuhl (im Entwurf erhalten, auf Torgau 19. April 1596 datiert) zu den drei dem Verf. bisher unbekannten Dokumenten, die nun gehoben werden konnten.
Wortlaut des Schreibens vom 18. April 1596
# Etc.
E. L. schreiben des dat 12 Dieß, haben
wir heutt nach mittag empfangen, vnd darauß
gar vngern vnd der verwanttness nach mitt treuen
freundlich(en) vetterlichen mitleiden nichtt
allein dehro iungen Söhnleins, sondern auch
der ↓weilandt↓ hochgeb(orenen) frauen Elisabehten Hertzogin zu S(achsen)
geborenen von Manßfeldt, vnser fr(eund) lieben schwester
vnd gefetterin, tötdlichen abgang vernommen,
Ob wir nuhn wohl leichttlich abnehmen können
wie schmertzlich E. L. solcher vnversehene Todesfall
sein muß, in dhem E. L. zugleich nichtt ↓leider↓ allein dhen
von Gott bescherten Söhnleins sondern ↓vnd↓ auch ihre
geliebten gemahlin in diesem zeitlichen leben
entrahten müßen, So stehen wir doch in dehr
Zuversicht, E. L. werden sich Gottes
gnedigem verwandelbahren Väterlichen willen hierinnen
bequehmen, vnd als ein Christlicher Fürst gewißlich gleu=
ben, das E. L. ihre gemahlin nichtt verlohren, sondern
ahn den ohrt da alle selige Christen in ewiger freude
vnd herlichkeitt wohnen, vorhergeschickt, vnd eins=
mahlst neben andern Christen Sie daselbst finden
werden, sondern das auch ↓Vnd den auch beider her↓ J. L. selige in ihren
fraulichen beruff abgefordett, vnd also in wahrer
ahnruffung der heiligen dreifaltigkeitt ↓J. L.↓ ↓ver↓schieden
seien. Werden ↓Können↓ also vnser habenden zuversichtt
nach, E. L. sich vmb so viel desto eher vnd mehr
Christlich zufrieden geben, dem lieben Gott
alles bevhelen, vnd nichtt mitt vberigen be=
trübnüs vnd schwermuhtt ihnen solch ihr zuge=
schicktes Creutz schwerer machen, sondern sich
in dehm wohl gebürlich meßigen
Derehn thuen E. L. ihren selbst zu statten, vnd besonders Gott den allmechtigen zum wohlgefallen
da wir E. L. vetterliche freunttliche prüderliche
angenehme dienste erzeigen können, darzu
haben vns E. L. iederzeitt gantzwilligk.
datum Torgaw. 18. Aprilis Ao. 96.
An hertzogk Johan F(riedrich) W(ilhelm)
Ernst zu S(achsen)
Friedrich Wilhelms im Entwurf erhaltenes Kondolenzschreiben ist eine offizielle und zugleich sehr private schriftliche Beileidsbekundung. Auf dieser Grundlage ist dann der für den Versand autorisierte Brief geschrieben worden. Merkmale eines solchen Entwurfs sind u. a. Abweichungen von der späteren Textgestalt (z. B. Unvollkommenheiten im Ausdruck); Lücken im Text, unvollständiger Text, Korrekturen im Text; eine wenig sorgfältige, flüchtige und schlecht lesbare Schrift; Verwendung von freien Seiten anderweitig verwendeter Blätter. Der fertige Brief weist u. a. keine Lücken im Text auf, auch keine Korrekturen bzw. nur sog. Sofortkorrekturen oder geringfügige sog. Spätkorrekturen und eine sorgfältige Schrift. Am Entwurf vom 18. April 1596 sind diese Punkte sehr gut nachzuvollziehen. Diese Überlieferungsform Entwurf weist auf eine den letzten Korrekturstand aufnehmende Endfassung hin bzw. liefert Indizien dafür, dass es eine solche gegeben hat. Leider ist der abgesendete Brief nach jetzigem Kenntnisstand nicht überliefert.
Die folgenden fünf Bemerkungen erläutern und präzisieren das oben Gesagte Sie geben zugleich einen ersten Einblick in den Arbeitsprozess des Briefeschreibers, was im Teil 4 noch genauer dargestellt ist:
| - | Die Raute # steht dafür, dass hier eine Titulatur einzufügen ist. Das wäre dann, ähnlich dem Briefende, wohl hertzogk Johan Ernst zu S(achsen) gewesen. Wahrscheinlich muss man das Kürzel auf der nächsten Zeile etc. noch dazu nehmen. Eine eigene tragende Bedeutung kann gegenwärtig nicht ausgemacht werden. |
| - | Friedrich Wilhelm berichtet, dass er Johann Ernsts Schreiben heutt nach mittag empfangen hat, also am 18. April 1596, das war Quasi modo geniti, der 1. Sonntag nach Ostern: E. L. schreiben des dat 12 Dieß. Die ganze Wortgruppe ist durch die Kürzungen etwas kryptisch, der Verf. liest des dat 12 Dieß. Dann gehört das Dieß zum nächsten Gedanken und das Komma wäre falsch gesetzt. Wenn es für lateinisch Tag (dies) stehen sollte, würde man aber einen anderen Fall erwarten und in einem Entwurf eine andere Schrift? Eine weitere mögliche Lesung ist aber auch E. L. schreiben des datums den 12. Dies. Gerne wüßte man, wie es in der Reinschrift geheißen hat. Auf jeden Fall ist die Datumsangabe problematisch, Johann Ernsts originales Benachrichtigungsschreiben ist auf den 13. April 1596 datiert. Vielleicht hatte der Schreiber das Todesdatum der Herzogin vor Augen, Ostermontag den 12. April? (Abb.) |
| - | Friedrich Wilhelm hat mitt treuen freundlich(en) vetterlichen mitleiden nichtt allein dehro iungen Söhnleins, sondern auch der ↓weilandt↓ hochgeb(orenen) frauen Elisabehten Hertzogin zu S(achsen) geborenen von Manßfeldt, vnser fr(eund) lieben schwester vnd gefetterin, tötdlichen abgang vernommen. Die mit Pfeilen nach unten kenntlich gemachte Korrektur weilandt ist die erste von sieben Berichtigungen in diesem Entwurf, hier i. S. v. einstmals, ehemals, vormals. |
| - | Die im Entwurfstext darauf folgende Passage verdeutlicht sehr schön den Sinn einer Korrektur: Des Herzogs Johann Ernst Gemahlin ist, so wird Friedrich Wilhem schreiben, in ihren fraulichen beruff abgefordett, vnd also in wahrer ahnruffung der heiligen dreifaltigkeitt ↓J. L.↓ ↓ver↓schieden seien. Zwei Einschübe, J. L. (Jhro Liebden) und ver= anstelle von abge=, das getilgt ist, also nun verschieden (i. S. v. verstorben) verdeutlichen den Gedankengang. Der danach folgende Satz beginnt mit kräftig unterstrichenem Werden, die Korrektur schlägt alternativ Können vor: Werden ↓Können↓ also vnser habenden zuversichtt nach, E. L. sich vmb so viel desto eher vnd mehr Christlich zufrieden geben, dem lieben Gott alles bevhelen, vnd nichtt mitt vberigen betrübnüs vnd schwermuhtt ihnen solch ihr zugeschicktes Creutz schwerer machen, sondern sich in dehm wohl gebürlich meßigen. Derehn thuen E. L. ihren selbst zu statten, vnd besonders Gott den allmechtigen zum wohlgefallen … Dieser Satz hat es in sich. Das Wort vor thuen kann ein Substantiv sein, in welchen Zustand sich Johann Ernst versetzen soll. Oder aber der Satz ist mit meßigen (mäßigen) zu Ende, das ist als Verb im 16. Jahrhundert belegt; also in etwa, Johann Ernst soll sich in seiner Trauer mäßigen. Dann muss das Wort mit D… irgendein Pronomen oder eine Konjunktion sein. Der Verf. entscheidet sich für Derehn, bessere Vorschläge werden gerne angenommen. Damit oder Daran würden inhatlich auch Sinn ergeben, ebenso Dienst, aber das kommt zwei Zeilen später vor und sieht dort ganz anders aus. |
| - | Friedrich Wilhelm ist zuversichtlich, dass Johann Ernst sich Gottes gnedigem verwandelbahren Väterlichen willen hierinnen bequehmen und als ein Christlicher Fürst fest daran glaube, das E. L. ihre gemahlin nichtt verlohren, sondern ahn den ohrt da alle selige Christen in ewiger freude vnd herlichkeitt wohnen, vorhergeschickt, vnd einsmahlst neben andern Christen Sie daselbst finden werden. |