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Werratal Bote Mitteilungsblatt der VG Hainich-Werratal und Stadt Treffurt
Ausgabe 45/2025
Amt Creuzburg
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Historisches

Eisenacher Zeitung Dezember 1925

Georg Kossenhaschen

bearbeitet von Wolf-Marcus Haupt

Am 30. Dezember 1925 wurde die von Georg Kossenhaschen gestiftete Volksbibliothek offiziell der Stadt Creuzburg übergeben. Der Artikel beschäftigt sich mit den Ereignissen rund um die Bibliothek und beinhaltet den Bericht, der damals in der Eisenacher Zeitung erschienen ist.

Die Creuzburger Bibliotheken können auf eine lange Tradition zurückblicken und sind eng mit den Creuzburger Geschichtsschreibern verbunden. Begünstigt durch ein blühendes klösterliches Leben sind bereits in früherer Zeit umfangreiche Büchersammlungen entstanden, die leider durch die zahlreichen städtischen Brände und Kriege nicht erhalten geblieben sind.

In der Schule und der dazugehörenden Bibliothek wurde der Grundstein für zahlreiche Karrieren gelegt (Lagus, Pfefferkorn, Breithaupt, Schelhase, Spielhaus und viele mehr).

Obwohl eine direkte Verbindung hier nicht nachgewiesen kann, finden sich dennoch in einigen Quellen Hinweise auf umfangreiche Bibliotheken mit Creuzburger Bezug. Hier wäre Friedrich Lagus (1514 bis 1593) zu nennen, der in Creuzburg geboren wurde und als Schulmann und Mediziner in Österreich zu Ruhm und Ehre gekommen ist. Seine wertvolle Bibliothek hat er laut Testament von 1583 seinem Neffen Johann Lagus vermacht, unter der Bedingung, dass er die Bücher zusammenhalten soll.

Auch Johann Friedrich Breithaupt folgt dieser Tradition. Zwar ist er 1595 in Eisenach geboren, aber er ist ein Nachkomme von Creuzburger Eltern. Seine berufliche Karriere führte ihn bis nach Wien, wo er als Diplomat tätig war. Er war selbst Schriftsteller und hat 1632 seine Reise nach Italien und Malta unter dem Titel „Die Beschreibung der christlichen Heldeninsel Malta“ veröffentlicht. Als „kaiserlicher Rat“ hat er seine reichhaltige Sammlung mit Anmerkungen der Herzoglichen Gymnasialbibliothek zu Gotha gestiftet. Verbleib unklar, aber eine Nachfrage ist gestellt.

1792 hat der Erfurter Buchhändler G. A. Keyser, der höchstwahrscheinlich in Creuzburg geboren ist und dort die Schule besucht hat, einen Teil seiner Bücher der Stadt Creuzburg geschenkt.

Durch die beiden verherrenden Brände von 1765 und 1782 hat sich der Zustand der Creuzburger Schule so stark verschlechtert, dass das Oberconsistorium in Eisenach eine neue Schulbibliothek und Schulbücherkasse eingerichtet hat.

Die Schulbibliothek stand allen offen: Lehrern, Schülern, aber genauso den Bürgern der Stadt. Für besonders arme Schüler wurden über die erwähnte Schulbücherkasse Schulbücher und das Schreibmaterial finanziert. So hat er einen Teil seiner Bücher der Schule gespendet, um über eine Versteigerung Geld für die Schule einzusammeln.

Es ist dann längere Zeit etwas ruhig geblieben um die Creuzburger Bibliothek. Georg Kossenhaschen hat der Bibliothek neues Leben eingehaucht.

Die 2. Stiftung des Kommerzienrath Kossenhaschen

Ein Artikel aus der Eisenacher Zeitung, Verfasser unbekannt

Am 30. Dezember 1925 mittags 12 Uhr, wurde unsere zweite "Georg Kossenhaschen-Stiftung", die Volksbibliothek, offiziell der Stadtgemeinde übergeben. Zu dieser feierlichen Handlung waren der Gemeinderat und die Gemeindebeamten eingeladen und erschienen. Die Bibliothek hat ihre Unterkunft im Obergeschoß des Rathauses gefunden. Die dazu ausgewählten Räume sind zweckentsprechend hergerichtet und machen einen äußerst gemütlichen, heimischen Eindruck. Die Tapezierung, der Fensterbehang, kurz die gesamte innere Ausstattung ist auf Kosten des Stifters erfolgt. Im eigentlichen Bibliothekzimmer, das auch als Leseraum benutzt werden kann, sind wertvolle Möbel aufgestellt. Sie bestehen aus einem großen eichenen Bücherschrank, der 15 Abteilungen enthält, einem großen eichenen Lesetisch, sechs eichenen Lehnstühlen mit Ledersitzen, vier Korbsesseln, einer großen elektrischen Lampe mit Seidenschirm auf einem runden Lesetischchen stehend, einer großen elektrischen Hängelampe, einem Globus mit Tischchen, zwei Paar grünen Tuchvorhängen für zwei Doppelfenster, drei Bildern (zwei Stiche und eine Reliefkarte vom Thüringer Wald). Die Bibliothek umfaßt 547 wertvolle, durchweg neue Bücher, zum Teil in Prachtbänden, darunter solche im Einzelwerte von 40 bis 60 Mark. Vertreten sind sämtliche deutsche Klassiker, Werke der bedeutendsten deutschen Dichter der Vergangenheit und Gegenwart, Atlanten usw., wissenschaftliche Werke und solche für Unterhaltung und Fortbildung. Schund, Kitsch und Bücher parteipolitischen Inhaltes haben selbstverständlich keine Aufnahme gefunden. Bei der Eröffnung der Übergabefeier legte der Stifter der Bibliothek, Kommerzienrat Kossenhaschen der Gemeindevertretung dar, welche Gründe ihn zu dieser Schenkung bewogen hätten.

Sie soll dazu beitragen, das Wissen unter der Bevölkerung zu mehren, den Lerneifer anzuspornen und den lernbegierigen Mitbürgern Creuzburgs die Möglichkeit zur weiteren Ausbildung zu geben.

Hierbei ist vornehmlich an solche Kreise gedacht, die nicht in der Lage sind, die zur Mehrung ihres Wissens nötigen Bücher zu kaufen. Die Stiftung soll den Namen „Volksbibliothek Creuzburg a. d. W." tragen, ihr Inhalt soll stets frei bleiben von parteipolitischer Tendenz, sie soll ehrenamtlich verwaltet und von einem Kuratorium überwacht werden, das aus dem jeweiligen Gemeindevorsteher, einem Gemeinderatsmitglied und dem Verwalter der Bücherei bestehen soll. Auch der Stifter, Herr Kommerzienrat Kossenhaschen, will dem Kuratorium angehören,

Die Ausgabe der Bücher geschieht unentgeltlich. Die Bibliothek wie auch das Inventar sind gegen Feuergefahr zu versichern. Die Kosten der Versicherung trägt während seiner Lebenszeit der Stifter.

Ein Verkauf oder eine Aufgabe der Bibliothek ist auch nach dem Tode des Stifters ausgeschlossen.

Die Stadtgemeinde Creuzburg verpflichtet sich, die Bibliothek dauernd zu erhalten und im Rathaus zu belassen. Der Stifter behält sich vor, der Bibliothek weitere Zuwendungen zu machen.

Nach der tiefdurchdachten Eröffnungsansprache überreichte Herr Kommerzienrat Kossenhaschen die Stiftungsurkunde dem Gemeindevorsteher, worauf dieser sich für die Gemeinde und der Gemeinderatsvorsitzende namens des Gemeinderats in warmen Worten bedankten.

Hierauf wurde zur Besichtigung der wohlgeordneten Abteilungen der Bücherei geschritten und in manches Werk tieferer Einblick getan. Hatte man sich vorher schon nicht geringen Erwartungen hingegeben, so war man nun über den Inhalt der Bücherei geradezu erstaunt. Ueber den Geld- und ideellen Wert dieser Stiftung kann sich nur der einen richtigen Begriff machen, der ihn kennt. Daß ihn jeder Creuzburger kennen lernt, dafür muß nun das Kuratorium, die Gemeindevertretung und die Lehrerschaft, die nach den Ferien zu einer besonderen Besichtigung eingeladen werden wird, behilflich sein. Wissen ist Macht und ohne gründliches Wissen bleibt besonders in der jetzigen Zeit der zurück, der seine Weiterbildung vernachlässigt, gleich welchen Standes, Berufs und Alters.

So möge diese wertvolle Bücherei ein Segen für Creuzburg werden, dass der Stifter als seine zweite Heimat ansieht und das eine so uralte und wechselvolle Geschichte aufzuweisen hat, wie wohl kaum ein anderer Ort Thüringens von der Größe Creuzburgs. Möge aber auch diese Stiftung dazu beitragen, daß die gesellschaftliche und parteipolitische Zerklüftung in unserer Gemeinde sich nach und nach abschleift und unsere Gemeindeinteressen ohne parteipolitischen Hintergrund gepflegt werden können.

Unserm Ehrenbürger, Kommerzienrat Kossenhaschen, dem Besitzer und Wiederhersteller unserer altehrwürdigen "Creuzburg“, sei auch hiermit öffentlich Dank ausgesprochen für die hochherzigen Spenden, mit denen er schon oft unsere Gemeinde und unsere Armen und Notleidenden bedacht hat.

 — Ende Artikel

Wir können davon ausgehen, dass die Creuzburger Volksbibliothek dem Brand von 1945 zum Opfer gefallen ist. Der Verbleib der kostbaren Privatbibliothek von Georg Kossenhaschen vom Schloß Creuzburg ist unklar.

Dennoch lebt der Geist von Georg Kossenhaschen in der Creuzburger Bibliothek weiter.