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Werratal Bote Mitteilungsblatt der VG Hainich-Werratal und Stadt Treffurt
Ausgabe 9/2025
Amt Creuzburg
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Historisches

Aufständische Bauern umzingeln einen Ritter

Die „Bauernkanzel“ bei Probsteizella

In diesem Jahr stehen auch für unsere Region zwei historisch ganz besonders bedeutsame Ereignisse an:

Vor 80 Jahren, Ostern 1945, wurde unser Gebiet Kampfgebiet. Der 2. Weltkrieg ging für unsere Gemeinden, deren Bewohner, aber auch für die hier kämpfenden Soldaten beider Seiten und viele Zivilisten mit Tod, Zerstörung und Hoffnungslosigkeit zu Ende.

Ein zweites Ereignis sollte ebenfalls nicht in Vergessenheit geraten:

Vor 500 Jahren, im Frühjahr 1525, erhoben sich in unseren Städten und Dörfern Bauern und Bürger. Sicher im Zusammenhang mit der Lutherischen Reformation begann der Bauernkrieg und wurde schon nach wenigen Monaten, im Mai 1525 blutigst durch Fürsten und Adel niedergeschlagen.

Zu Zentren des gewaltigen Aufbegehrens der Bauern im Frühjahr 1525 in Westthüringen wurden jene Orte, in denen Anhänger des radikalen Predigers Thomas Müntzer die Pfarrstellen innehatten.

Hunderte Bauern strömten zu den sich formierenden Bauernhaufen, dessen stärkster der Werrahaufen wurde.

Wir müssen davon ausgehen, dass der regionale Adel, also die Harstalls in Mihla, Georg und Wilhelm von Hopffgarten in Frankenroda, Ebenshausen und Nazza sowie in Lauterbach, Jörg und Christoph von Creuzburg in Scherbda und Bischofroda, vom Aufstand zunächst überrascht wurden.

Ob und welche Forderungen die Bauern den Grundherren gegenüber vorbrachten, wissen wir nicht. Nachdem aber die Mehrzahl der zum Kampf entschlossenen Bauern nach Creuzburg oder Eisenach abgezogen war - die Creuzburg, auf der sich Adlige verschanzt hatten, wurde nicht angegriffen -, erlangten die adligen Barone in den Dörfern bald wieder die Oberhand. Schriftliche Aufzeichnungen über die Vorgänge werden erst fassbar, als der Aufstand verloren war und der Adel an die Abrechnung mit den Aufständischen ging.

Sehr schnell wurden Strafgeldregister aufgestellt, die den am Aufstand beteiligten Bauern harte Geld- und Naturalzahlungen auferlegten.

Das erste in Thüringen aufgestellte Strafgeldregister stammt vom 15. Mai 1525 aus Frankenroda. Es beinhaltete die Zahlung von 30 Florentiner Gulden und 5 Stück Rindvieh. Während man lange Zeit davon ausging, dass die genaue Zahl der am Aufstand Beteiligten nicht durch die Register ermittelt werden könne, erbrachte die neueste Forschung andere Ergebnisse. Die Strafgelder wurden nicht unterschiedslos auf die einzelnen Gemeindemitglieder gelegt, sondern die tatsächliche Beteiligung am Aufstand spielte die entscheidende Rolle. Oft wurden die Listen auf Anweisung des Ortsadligen oder des Amtmannes aufgesetzt.

Am 1.6.1525 wurde den Dörfern in Großenbehringen das Urteil verkündet. Die erste Frist musste bis Trinitatis (11.6.) gezahlt sein. Das bedeutete für die Bauern, dass ihnen das Vieh bzw. das Geld sofort nach der Verkündung abgenommen wurde.

Oberhalb der Werra, zwischen der Zella und Frankenroda, sollen sich auf der „Bauernkanzel“, einem natürlichen Felsvorsprung, im Zusammenhang mit dem Bauernaufstand des Frühjahres 1525 geheim Bauern der umliegenden Orte getroffen haben. Angeblich habe auch der radikale Prediger Thomas Müntzer aus Mühlhausen hier zu den Bauern gesprochen.

Dies ist nicht nachzuweisen. Wie häufig bei Sagen haben sich Wahrheit und Legende miteinander vermischt.

Vorstellbar ist, dass der Müntzer nahestehende Pfarrer aus Falken, Lips König, hier Anhänger versammelte. Richtig ist auch, dass viele Bauern der Dörfer mit Müntzer nach Frankenhausen zogen und dort in der Entscheidungsschlacht am 15. Mai 1525 den Tod fanden.

Müntzer und sein Kampfgefährte Pfeifer wurden vor Mühlhausen enthauptet. Die überlebenden Bauern mussten ein furchtbares Strafgericht der siegreichen Fürsten und Adligen über sich ergehen lassen.

Überliefert ist, dass in Creuzburg die Bürger der Stadt Heyholz, Rehschwamm, Kling und Homberg auf dem Marktplatz auf Befehl der siegreichen Fürsten enthauptet wurden.

Strafgeldregister

Von Mihla wurden „300 Gulden von dem Dorf Mila, Ernsten von Horstais Menner..." gefordert. Diese 300 Gulden müssen im Verhältnis zur Ortsgröße und zu den Strafgeldforderungen der umliegenden Dörfer gesehen werden, um ein richtiges Bild zu bekommen.

Die Stadt Creuzburg, in der vier angebliche Anführer des Bauernzuges öffentlich enthauptet wurden, musste 800 Gulden zahlen.

Von Frankenroda wurden 30 Gulden und 5 Kühe, von Ebenshausen die gleiche Menge, Scherbda 40 Gulden und 8 Kühe, Lauterbach 30 Gulden und Bischofroda musste 150 Gulden zahlen. Dies bedeutet, dass mit einer starken Teilnahme Mihlaer Bauern am Aufstand gerechnet werden muss. Die „Aufstandszentren" in unserer Gegend, so Großenlupnitz (etwa gleiche Größe wie Mihla) und Marksuhl, mussten 800 Gulden und 40 Rinder bzw. 300 Gulden zahlen, was diese Annahme bestätigt.

In drei Fristen, die erste schon nach zehn Tagen (am 11. Juni 1525 zu Trinitatis) mussten die 100 im Strafgeldregister festgelegten Dörfer und Höfe insgesamt 17.634 Gulden an die Herren zahlen. Hinzu kamen 540 Stück Rindvieh, die abzugeben waren.

Die Landadligen konnten so erheblichen finanziellen Nutzen aus den Strafgeldzahlungen ziehen. Georg und Christoph von Harstall zu Mihla und Creuzburg nutzten zudem ihre Positionen als Amtleute in der herzoglichen Landesverwaltung aus, um mit den nun stattfindenden Visitationen, so 1533, Einfluss auf die Güter und Besitzungen der katholischen Kirche zu erlangen. Georg von Harstall trat in den Dienst des Kurfürsten Johann von Sachsen, den er im Jahre 1529 auf den Reichstag zu Speyer begleitete.

Seit 1536 erfolgte der Umbau der alten Mihlaer Wasserburg zum Renaissanceschloss. Mit den prägenden acht Erkern, die aus Fachwerk auf die festen und starken Steinmauern der alten Burg aufgesetzt wurden und dem außen angebauten Treppenturm wurde ein repräsentatives Schlossgebäude geschaffen, dass jedem Besucher deutlich machte, welchen Machtanspruch die Familie inzwischen geltend machen konnte. Die Familie konnte im Jahre 1581 auf den noch vorhandenen baulichen Resten eines mittelalterlichen Wirtschaftshofes des Erzbistums Mainz sogar einen weiteren Schlossbau, das Rote Schloss, errichten.

Die Widerstandskraft der bäuerlichen Untertanen war entscheidend gebrochen und mit dem erneut erreichten Einfluss der Landadelsfamilien auf die Besetzung der Pfarr- und schon bald auch der Lehrerstellen trug auch die Reformation einen Anteil am Machtausbau des Landadels in Westthüringen.

Rainer Lämmerhirt