| Betr.: | Stadtbefestigung in 36466 Dermbach / OT Stadtlengsfeld (Wartburgkreis) |
Kurzbeschreibung etc., Auflistung der betr. Straßen und Hausnummern, der betr. Gemarkung und Flur/en sowie Fotodokumentation siehe ab S. 3, Bestandskarte siehe Anlage
Bestätigung der Denkmaleigenschaft und Präzisierung des Schutzumfangs
Bezug: Benachrichtigung über die Eintragung in das Denkmalbuch (04.05.1993)
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Hugk,
nach dem ThürDSchG sind Kulturdenkmale als Quellen und Zeugnisse, die menschliche Geschichte für die Nachwelt erlebbar und erfahrbar machen, unter besonderen staatlichen Schutz gestellt.
Gemäß § 4 ThürDSchG sind Kulturdenkmale in ein öffentliches Verzeichnis, das Denkmalbuch, einzutragen. Soweit die Voraussetzungen des § 2 ThürDSchG erfüllt sind, besteht die Denkmaleigenschaft für unbewegliche Kulturdenkmale unabhängig von ihrer Eintragung in das Denkmalbuch. Das Gesetz sieht vor, die jeweiligen Eigentümer über die erfolgte Eintragung zu benachrichtigen.
Da das o. g. Objekt die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 ThürDSchG erfüllt und somit Kulturdenkmal (Sachgesamtheit im Sinne des Gesetzes, d. h. Einzeldenkmal) aus geschichtlichen und städtebaulichen Gründen ist, wurde es vom Thüringischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in das Denkmalbuch eingetragen.
Das o. g. Objekt ist auch Bestandteil des Denkmalensembles „Historischer Ortskern Stadtlengsfeld".
Das o. g. Objekt ist zudem Kulturdenkmal gemäß § 2 Abs. 7 ThürDSchG (Bodendenkmal).
Eigentümer und Besitzer von Kulturdenkmalen sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 ThürDSchG verpflichtet, diese im Rahmen des Zumutbaren zu erhalten und im Sinne des ThürDSchG pfleglich zu behandeln.
Bauliche und andere erhebliche Veränderungen an einem Kulturdenkmal (u. a. die Umgestaltung, Instandsetzung, Veränderung im äußeren Erscheinungsbild) bedürfen gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 ThürDSchG einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis. Gleiches gilt für bauliche Veränderungen in der Umgebung, wenn sich diese auf den Bestand oder das Erscheinungsbild des Kulturdenkmals auswirken können (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 ThürDSchG). Über den Antrag entscheidet die zuständige Denkmalschutzbehörde nach Anhörung des Thüringischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie als Denkmalfachbehörde. Grundsätzlich entscheidet der Oberbürgermeister bzw. der Landrat als Untere Denkmalschutzbehörde.
Bei Maßnahmen an Kulturdenkmalen, die im Eigentum des Bundes oder des Landes stehen, entscheidet die Oberste Denkmalschutzbehörde.
Für Kulturdenkmale, die von der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten betreut oder verwaltet werden, gilt die Sonderregelung des § 14 Abs. 5 ThürDSchG.
Bei Fragen zu Denkmalschutz und Denkmalpflege kann die kostenfreie Beratung durch die zuständige Denkmalschutzbehörde und das Thüringische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Anspruch genommen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhardt
Landeskonservator
| Kopien an: | X | zuständige Untere Denkmalschutzbehörde |
| X | TLBG |
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| Oberste Denkmalschutzbehörde |
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| ggf. weiterer Kopieempfänger |
Kurzbeschreibung etc., betr.:
Stadtbefestigung in 36466 Dermbach / OT Stadtlengsfeld
(Wartburgkreis)
Topographische Lage der Stadt
Stadtlengsfeld liegt im Tal der Felda, einem linken Nebenfluss der Werra, im thüringischen Anteil der Rhön.
Kurze Geschichte der Stadt
Verleihung Stadtrecht: um 1300
Lengsfeld (seit 1896 Stadtlengsfeld) erscheint zuerst 1137 in Gestalt des Ludwig von Lengsfeld, später zubenannt von Frankenstein. Die Frankensteiner waren mit Gütern der Reichsabtei Fulda in und um Lengsfeld belehnt; 1235 übergaben sie ihre Burg (castrum Lengesuelt) an die Abtei. Aufgrund verschiedener Auseinandersetzungen mussten die Frankensteiner ab Ende des 13. Jh. ihre Güter nach und nach an Fulda verkaufen, so 1306 den Anteil an der Herrschaft Frankenstein, darunter (Bad) Salzungen. Im Gegenzug erhielten sie daz hus vund die staht zo Lengesfelt mit deme geriehte vszen und innen - dies ist die Erstnennung des Ortes als Stadt.
Dass Abt Bertho II. von Leibolz (amt. 1261 - 1271) den Ort bereits 1265 befestigt habe, wie die „Historia Fuldensis" (1729) angibt, ist sehr zweifelhaft, denn damals ist noch keine Begabung mit städtischen Rechten nachweisbar, und auch die Mauer ist augenscheinlich erst ein Werk des 14. Jh.
Dem 1307 als oppido Lengesvelt bezeichneten, wohl mit Fuldaer Stadtrecht begabten Ort, an dem Fulda 1316 alle Rechte erwarb, verlieh Kaiser Karl IV. 1359 das Recht, einen Wochenmarkt abzuhalten, ferner die Erhebung von Marktzoll, Ungeld und Weggeld. Die annähernd quadratische Stadtanlage (etwa 250 x 250 m) zeigt ein unregelmäßiges Straßennetz mit bogenförmig geführter Hauptstraße, die mittig zu einem dreieckigen Marktplatz aufgeweitet ist.
Nach diversen Verpfändungen an Fuldaer Amtsleute im 14. und 15. Jh. erwarben die Herren von Herda 1454 die Hälfte von Burg, Stadt und Amt Lengsfeld. Die mit ihnen verwandtschaftlich verbundenen Herren von Boyneburg erlangten bis 1523 die gesamte Herrschaft Lengsfeld (seit 1735 gemeinsam mit den Freiherren von Müller). 1548 erlaubte Kaiser Karl V. der Stadt, jährlich drei Jahrmärkte abzuhalten.
Der Rat bestand aus einem Bürgermeister und vier Ratsverwandten; seine Befugnisse waren aufgrund der Patrimonialherrschaft erheblich eingeschränkt (niederste Gerichtsbarkeit). Stadtlengsfeld hatte den Charakter einer Ackerbürgerstadt mit städtischem Kleingewerbe (u. a. Weberei bis ins 19. Jh.).
Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Stadt mehrfach geplündert. Infolge der Napoleonischen Kriege gelangte Stadtlengsfeld 1816 an das Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. Um das Jahr 1820 begann man die Stadtmauer niederzulegen. 1878 ereignete sich ein großer Stadtbrand, dem Rathaus, Justizamt und einige herrschaftliche Gebäude zum Opfer fielen. 1879 Bahnanschluss an die Feldabahn (Vacha - Kaltennordheim). Das Gebiet wurde 1920 in das Land Thüringen eingegliedert.
Die Stadtbefestigung von Stadtlengsfeld
Ersterwähnung: ?
Beschreibung: Die Stadtbefestigung entstand unter Einbeziehung der älteren, in der Südwestecke gelegenen Burganlage (das heutige Schloss). Es handelt sich um eine einfache Bruchsteinmauer (Buntsandstein in Kalkmörtel), deren geringe erhaltene Teilstücke keinerlei bauliche Einzelheiten aufweisen und folglich schwer datierbar sind (vermutlich 14. Jh.). Aus dem überkommenen Bestand und dem Stadtplan von 1820/21, der den Mauerverlauf noch weitgehend geschlossen überliefert, ist zu ersehen, dass die Mauer offensichtlich keine Türme hatte. Das einzige erwähnenswerte Detail ist die bei dem Teilstück im südlichen Mauerverlauf nahe dem Schloss erkennbare Ausbildung eines Wehrganges mit gemauerter Brustwehr, der sich durch einen Absatz auf der Innenseite äußert. Die hier stehende Ruine der so genannten Remise - ein zum Schlossbezirk gehörender Wirtschaftsbau aus dem 15. Jh. - wurde nachträglich an die Stadtmauer angefügt. Die übrigen Mauerstücke sind zumeist in geringer Höhe erhalten oder in sekundär angebaute Wohnhäuser einbezogen worden. Feldseitig befand sich vor der Mauer ein Wallgraben, der im östlichen Abschnitt der Nordmauer (östlich der Kirche) überkommen ist.
Zufolge dem Stadtplan von 1820/21 gab es zwei Torstellen auf der West- und der Südseite, am Schnittpunkt der Hauptstraße mit der Stadtmauer. Das im Westen gelegene Obertor war damals noch erhalten und ist als Torbau dargestellt; das Untertor im Süden war bereits niedergelegt. Im Bereich der Kirche war die Mauer ebenfalls schon vor 1820/21 für die Erweiterung des Friedhofes unterbrochen worden.
| Archäologischer Kenntnisstand (2019): | Bisher keine archäologischen Befunde. |
| Datierung: | 14. Jh.? |
| Material: | Bruch- und Hausteinmauerwerk aus Buntsandstein, mit Kalkmörtel versetzt. |
| Konstruktion: | Zweischaliges Mauerwerk. |
| Gestalterische Elemente: | - |
| Zugehörende Bauwerke: | - |
| Umbauten / Veränderungen: | - |
| Entfestigung: | um 1820. |
Bedeutung: Die Stadtbefestigung von Stadtlengsfeld ist von hohem Zeugniswert für die Stadtgeschichte. Den abgeschlossenen Stadtwerdungsprozess veranschaulichend, diente sie nicht nur dem Schutz der Siedlung, sondern auch der Abgrenzung des Rechtsbezirks Stadt gegenüber dem Umland.
Es handelt sich um eine der wenigen turmlosen Stadtbefestigungen des 14. Jh. in Thüringen, die entsprechend dem Status einer Kümmer- oder Minderstadt die Minimalvariante einer Befestigung darstellt und einen geringen praktischen Verteidigungswert hatte. Vergleichbar ausgebildet und wohl in der gleichen Zeit entstanden ist die Stadtmauer des nordthüringischen Bleicherode. Die bei anderen Stadtmauern zu beobachtenden Modernisierungen bzw. Verstärkungen als Reaktion auf die Entwicklung von Feuerwaffen sind in Stadtlengsfeld (dem Befund nach) ausgeblieben.
Quellen:
Archiv TLDA, FB Bau- und Kunstdenkmalpflege.
Objektakte TLDA, FB Bau- und Kunstdenkmalpflege.
Ortsakte TLDA, FB Archäologische Denkmalpflege.
Literatur:
Voss, Georg: Bau- und Kunst-Denkmäler Thüringens, Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach, Amtsgerichtsbezirke Vacha, Geisa, Stadtlengsfeld, Kaltennordheim und Ostheim v. d. Rhön, Jena 1911, S. 135-140.
Deutsches Städtebuch - Handbuch städtischer Geschichte, hrsg. von Erich Keyser, Bd. 2: Mitteldeutschland, Stuttgart/Berlin 1941, S. 371 f.
Meixner, Lutz: Städtische und stadtnahe Fortifikationsanlagen - ein Beitrag zur Geschichte der Denkmalpflege des Festungswesens im Thüringer Raum, Diss. HAB Weimar, Weimar 1989, 4 Bde., Bd. 4, S. 90.
Patze, Hans (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, Bd. 9: Thüringen, Stuttgart 21989, S. 418 f.
Georg Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Thüringen, bearb. von Stephanie
Eißing, Franz Jäger u. a., Berlin/München 22003, S. 1179 f.
Ditzel, Olaf: Die Anfänge der fuldischen Städte, in: Fuldaer Geschichtsblätter, Jg. 2008, Fulda 2008, S. 5-68, zu Lengsfeld S. 49-53.
Leimbach, Rolf/Schlegel, Rolf: Die Schule brennt, Lengsfelder Geschichten II, Norderstedt 2014, zur Stadtmauer S. 28-31.
Leimbach, Rolf/Schlegel, Rolf: Stadtlengsfeld - eine Chronik von den Anfängen bis zum Jahr 2015, Norderstedt o. J. (ca. 2015).
Dokumentationen:
SUM MONUMENTUM, Annina Hilfenhaus/Benjamin Rudolph: Die Stadtbefestigung in Stadtlengsfeld, Weimar 2016 (Objektakte TLDA, FB Bau- und Kunstdenkmalpflege).
Karten / Pläne /Ansichten:
Geometrischer Grundriss der Stadt Lengsfeld, vermessen und aufgetragen in den Jahren 1820 u. 1821 von W. Mosebach (Stadtarchiv Stadtlengsfeld).
Fotografien:
-
Verwendete Abkürzungen:
TLDA - Thüringisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie
Quelle Plangrundlage:
© GeoBasisDE / TLVermGeo 2016
Auflistung der betr. Straßen und Hausnummern, betr.:
Stadtbefestigung in 36466 Dermbach / OT Stadtlengsfeld
(Wartburgkreis)
| Bergstraße | 2, 2a, 4, 6, 8,12, 14, 16, 18 |
| Braugasse | 8 |
| Burgstraße | 1, 11, 17, 19 |
| Frauenberg | 13, 15 |
| Hintergasse | 2, 4, 6, 8, 10, 12, 14, 16, 18, 20, 24, 28, 30, 32, 34, 36, 38, 40, 42, 44, 46 |
| Jacobsgasse | 4a, 4b, 4c, 6 |
| Kirchberg | 1, 6 |
| Marktstraße | 2 |
| Obertor | 5, 7, 12, 14, 16, |
| Pfaffental | 3a, 5 |
| Torstraße | 1, 5, 7 |
| Turmgäßchen | 4 |
| Wasserpforte | 2, 2a, 4, 6, 8, 10, 12, 14 |
| sowie ggf. ohne Hausnummer bzw. ohne postalische Adresse | |
Auflistung der betr. Gemarkung und Flur/en, betr.:
Stadtbefestigung in 36466 Dermbach / OT Stadtlengsfeld
(Wartburgkreis)
| Gemarkung: | Stadtlengsfeld |
| Flur: | 1 |
| Geltungsbereich: | siehe Bestandskarte (Anlage), in der außerdem zur Information archäologisch relevante Flächen (schwarz gekennzeichnet) dargestellt sind. |