Themen u.a.: Preisanpassungen Gemeindewerke, Bauweise der neuen KiTa, Solarfestsetzungen für Neubaugebiete, Neufassung Benutzungsordnung Dampfnudel
Vor Eintritt in die Tagesordnung gab Ortsbürgermeister Reiner Hör bekannt, dass Kai Brücher (FDP) künftig Mario Brandenburg als Ratsmitglied ersetzt. In den ersten drei Tagesordnungspunkten ging es um die Anpassung der Strom- und Fernwärmepreise sowie des Preisblatts für die Fernwärme der Gemeindewerke Rülzheim: Der Krieg in der Ukraine sorgt für geringere Liefermengen und damit explodierende Energiebeschaffungskosten. Die Gemeindewerke sind davon ebenfalls betroffen und gezwungen, die Steigerungen an die Kundinnen und Kunden weiterzugeben, um nicht in Insolvenzgefahr zu geraten. Die Gemeindewerke Rülzheim beziehen Erdgas und wandeln es im Blockheizkraftwerk sowohl in Strom als auch in Fernwärme um. Die Umlagen, von denen die Werke betroffen sind, werden zum 1. November um 14 Cent pro Kilowattstunde erhöht, zum 1. Januar 2023 noch einmal um 11 Cent pro Kilowattstunde. Für Menschen, die durch die deutlich gestiegenen Preise Schwierigkeiten haben, ihre Rechnung zu bezahlen, sollen individuelle Lösungen gesucht werden. Details zu den Preisanpassungen finden Sie im Ratsinformationssystem zur Sitzung. Die Ratsfraktionen betonten einmütig, dass die Erhöhungen für alle Bürgerinnen und Bürger eine bittere Pille seien - diese Erhöhungen könne niemand wollen, es gehe aber nicht anders, wenn man die Gemeindewerke erhalten wolle. Entsprechend stimmte der Rat den Anpassungen der Strom- und Fernwärmepreise einstimmig zu und ergänzte den Beschlussvorschlag insoweit, als dass der Einsatz regenerativer Energien anzustreben ist. Anschließend stand der Jahresabschluss der Braun’schen Stiftung für 2021 und der Wirtschaftsplan 2022 auf der Tagesordnung. Der scheidende Geschäftsführer Wolfgang Kuhn zog Bilanz und berichtete, dass das Stift im vergangenen Jahr einen Gewinn von rund 100.000 Euro erzielt habe, wovon 10.000 Euro für Rücklagen eingestellt werden. Trotz des Gewinns habe das Stift dennoch weiter hohe Verbindlichkeiten, die aus der großen Umbaumaßnahme resultieren. Für 2022 rechnet der Geschäftsführer mit einem Verlust von knapp 50.000 Euro, was unter anderem auch aus den gestiegenen Energiekosten resultiere. Eine gute Nachricht sei, dass das Stift von seiner Hausbank ein Rating von 3 bekommen habe (auf einer Skala von 1 bis 18, wobei 1 dem Bestwert entspricht), was einer Ausfallwahrscheinlichkeit von 0,17 Prozent entspreche. Bezüglich der Bauweise der KiTa „Villa Zauberwald“ traf der Rat einstimmig die Grundsatzentscheidung zu einer eingeschossigen Bauweise, wie sie vom Bau- und Jugendausschuss bereits empfohlen worden war, da diese dem pädagogischen Konzept am besten entspricht. Hinsichtlich der Bauleitplanung „Mittlere Ortsstraße 37 - 2. Änderung“ wurde die Ausweisung von einem Misch- in ein allgemeines Wohngebiet geändert, da bei einem Mischgebiet eine gewerbliche Nutzung von 40 bis 60 Prozent der Grundfläche vorgeschrieben gewesen wäre, was von den Eigentümern nicht gewünscht war. Der Rat beschloss einstimmig die Aufstellung des geänderten Bebauungsplans und die Freigabe der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung. Danach traf der Gemeinderat bei zwei Gegenstimmen die Grundsatzentscheidung, sich bezüglich Photovoltaikanlagen in künftigen Neubaugebieten an der Musterfestsetzung für einen Bebauungsplan zu orientieren und damit künftig Festsetzungen zu treffen, die die Energiewende positiv beeinflussen. Außerdem soll im Rahmen des Klimaschutzkonzeptes die Installation von Solaranlagen im Bestand vorangetrieben werden - sowohl für Bürgerinnen und Bürger als auch für öffentliche Gebäude. Anschließend ging es im nächsten Tagesordnungspunkt um die Erschließung von Randbereichen und Aussiedlerhöfen mit Glasfaser, die nicht bereits im Ausbaubereich der Deutschen Glasfaser berücksichtigt sind. Ermöglicht wird dies im Rahmen des „Graue-Flecken-Projekts“, das die Bundesregierung 2021 für unterversorgte und schwer erschließbare Gebiete mit weniger als 100 Mbit Downloadrate aufgelegt hatte. Hierbei will sich die Verbandsgemeinde mit der Verbandsgemeinde Jockgrim zusammentun, mit der man im Bereich Förderprojekte ohnehin bereits kooperiert. Die Fördergelder von Bund und Land können dabei miteinander kombiniert werden, so dass eine Förderquote von 90 Prozent erreicht werden kann, sofern die Gesamtausgaben bei mindestens 200.000 Euro liegen. Dazu müssen zunächst die Verbandsgemeinden mit der Durchführung des Breitbandprojekts beauftragt, sodann die Mittel beantragt und ein Büro mit der Analyse der Ausgangssituation und dem weiteren Vorgehen beauftragt werden und anschließend vor Annahme der Zuwendungen und der Ausschreibung des Projekts dem Ausbau zugestimmt werden. Der Rat beschloss einstimmig, die Aufgabe zum Ausbau der grauen Flecken temporär an die Verbandsgemeinde Rülzheim zu übertragen, stimmte zu, dass die Verbandsgemeinde ermächtigt wird, gemeinsam mit der Verbandsgemeinde Jockgrim alle notwendigen Schritte einzuleiten sowie Ortsbürgermeister Reiner Hör zum Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags mit der Verbandsgemeinde zu ermächtigen. Der konkrete Beschluss erfolgt nach Abschluss der Planungsphase durch die Ortsgemeinde. Danach ging es um die Neufassung und Konkretisierung der Benutzungsordnung für die „Dampfnudel“ im Hinblick auf Wahlkampfveranstaltungen beziehungsweise politischer Gruppierungen, da diese in der Benutzungsordnung bisher nicht berücksichtigt waren. Entsprechend beschloss der Gemeinderat mit großer Mehrheit, eine Vergabe an politische Gruppierungen - einschließlich Bundestags- oder Landtagsabgeordnete - einmal pro Kalenderjahr zu ermöglichen. Anschließend ging es um die Umbesetzung von Ausschüssen aufgrund des Ausscheidens zweier Ausschussmitglieder der Aktiven Bürger. Details dazu im Ratsinformationssystem zur Sitzung. Unter „Kenntnisgaben“ informierte Hör über die Umsetzung der Tempo-30-Anordnung zwischen Friedhofskreisel und Ampelkreuzung sowie eventueller Anpassungen der Parkboxen. Ein Verkehrsplaner hatte die Anordnung der Boxen geprüft und kam zu dem Ergebnis, dass die aktuelle Anordnung hinsichtlich Lärmschutz und Verkehrssicherheit den Anforderungen genügt. Einzig die Parkzeitbegrenzung für die Parkbox vor dem Anwesen 17-25 in der Neuen Landstraße soll entfallen, da der Anlass für die damalige Regelung (Kurzzeitparken für Kunden des Fliesengeschäfts) nicht mehr gegeben ist. Bezüglich des Antrags der SPD-Fraktion „Sicherer Schulweg - Schulwegekonzept“ stellte der Ortsbürgermeister die Stellungnahme der Ordnungs- und Sozialbehörde vor. Die Details finden Sie im Ratsinformationssystem.
Strom- und Fernwärmekosten steigen
Aufgrund der Ukraine-Krise und der daraus resultierenden Entwicklungen am Energiemarkt sowie der Einführung gesetzlicher Umlagen sind die Gemeindewerke Rülzheim gezwungen, die gestiegenen Preise und Umlagen an die Verbraucher weiterzugeben. Die Gemeindewerke Rülzheim beziehen Erdgas und wandeln es im Blockheizkraftwerk sowohl in Strom als auch in Fernwärme um, weshalb beide Kundengruppen von der Erhöhung betroffen sind. Die Umlagen werden nach einem Berechnungsschlüssel auf die Fernwärme- und Stromerzeugung umgelegt und den Kunden ab 1. Oktober bzw. 1. November 2022 in Rechnung gestellt. Hinzu kommt, dass die Kostensteigerung beim Erdgaseinkauf ab dem 1. Januar 2023 zu erheblichen Preissteigerungen bei den Fernwärme- und Strompreisen führen, weshalb die Gemeindewerke diese separat anfordern müssen. Die entsprechenden Benachrichtigungen werden den Kunden Mitte November zugehen. Konkret bedeutet das für die Fernwärmekunden, dass sich für einen durchschnittlichen Haushaltskunden mit 20 Megawattstunden der Jahresverbrauch ab 1.1.2023 von 2.750 Euro auf 6.000 Euro gegenüber 2022 erhöht. Der monatliche Abschlagsbetrag ändert sich bei elf fälligen Abschlägen von 250 Euro auf 550 Euro. Für die Stromkunden ergibt sich für einen Drei-Personen-Haushalt im Tarif der Grundversorgung mit einem Durchschnittsverbrauch von 3.500 Kilowattstunden Strom pro Jahr eine Steigerung der Stromkosten ab 1.1.2023 von rund 95 Prozent gegenüber 2022, also einem Rechnungsbetrag von ca. 2.150 Euro jährlich statt rund 1.100 Euro. Der monatliche Abschlagsbetrag ändert sich bei elf fälligen Abschlägen von 100 Euro auf 195 Euro. Nach Einschätzung von Werkleiter Jürgen Trauth ist zu erwarten, dass die Energiekosten mittelfristig hoch bleiben werden. Das sei für die Kunden der Gemeindewerke Rülzheim bedauerlich, spiegele aber die Entwicklung des gesamten Energiemarktes wider, so Trauth. Für Menschen, die durch die deutlich gestiegenen Preise Schwierigkeiten haben, ihre Rechnung zu bezahlen, soll es individuelle Lösungen geben, so Ortsbürgermeister Reiner Hör: „Wir bedauern sehr, dass wir die immense Preissteigerung an unsere Kundinnen und Kunden weitergeben müssen. Die Gemeindewerke müssen wirtschaftlich arbeiten, daran führt kein Weg vorbei. Dennoch versuchen wir alles, um denjenigen, die diese Entwicklung in Existenznöte bringt, zu helfen. Das ist unsere Pflicht.“ Es ist absehbar, dass die Preisanpassung für das Gemeindewerk Hördt zum 1.1.2023 erfolgen wird. Letztlich entscheidet der Gemeinderat auf Basis einer Kalkulation der Werksverwaltung über die Höhe der Preisanpassung. Genauere Informationen erhalten die Kunden zu gegebener Zeit. Die Mitarbeiter des Energiecenters stehen den Bürgern für Fragen gerne zur Verfügung. Das Energiecenter stellt sich für die nächste Zeit auf einen deutlich erhöhten Kundenkontakt ein, weswegen es zu Wartezeiten kommen kann. Hierfür bittet das Energiecenter um Verständnis.
Die nächsten Bereiche, in denen im Rahmen des Glasfaserausbaus die Kabel verlegt werden, sind die Mittlere Ortstraße von Kreuzung Neue Landstraße bis Ortsende in Richtung Hördt sowie die Neue Landstraße von der Kreuzung am Edeka bis Mittlere Ortsstraße. Ebenfalls ausgebaut werden Brahmsstraße, Siemensring, Schubertring, Schumannring und ein Teil der Römerstraße. Bis KW42 sollen diese Arbeiten fertiggestellt sein. Die Firma ist bemüht, die jeweiligen Aufgrab-Bereiche schnellstens wieder sauber und ohne Mängel zu schließen.
Gemeinde an Wirtschaftlichkeitsgebot gebunden
Der Vertrag mit den Pächtern der Straußenfarm endet zum 31. Dezember dieses Jahres. Das Bauamt der Verbandsgemeinde erarbeitet für die Folgenutzung bereits Konzepte. Der Gemeinderat hatte betont, die Straußenfarm gerne erhalten zu wollen, das Gebot der Wirtschaftlichkeit müsse allerdings erfüllt sein, da es sich nicht um eine Pflichtaufgabe einer Kommune handele. Da die potentiellen Interessenten trotz weiten Entgegenkommens der Ortsgemeinde kein wirtschaftlich akzeptables Pachtangebot abgegeben hatten, entschied der Gemeinderat gegen eine Weiterführung der Farm zu diesen Bedingungen. Unmittelbar, nachdem die Entscheidung getroffen war, trafen sich Verwaltung und Ortsspitze, um Nutzungsmöglichkeiten für die Zukunft zu definieren. Ein langer Leerstand soll vermieden und ein Mehrwert im Sinne von Freizeitmöglichkeiten oder Naherholung geschaffen werden. Ortsbürgermeister Reiner Hör betont, dass mehrere Möglichkeiten denkbar seien. Von Tierhaltung mit Pferden, Lamas, Alpakas oder ähnlichem, womöglich in Verbindung mit Landwirtschaft, über eine touristische Nutzung als Feriendorf bis hin zu einer teilweisen Nutzung für Freiflächen-Photovoltaikanlagen oder als großflächiges Restaurant mit Park oder Gartenanlage prüfe man unterschiedliche Ideen für eine langfristige Nutzung. „Die Befürchtungen, wir wandeln die Fläche in ein Bau- oder Industriegebiet um, sind vollkommen ungerechtfertigt. Das haben wir nicht vor.“ Weitere Möglichkeiten einer Nutzung des 21.000 Quadratmeter großen Grundstücks wären beispielsweise die Ansiedlung eines Land- oder Großtierarztes, wobei die Weideflächen etwa für Dauerpatienten genutzt werden können, eine Ausschreibung von Teilen der Fläche zusammen mit dem Interessensbekundungsverfahren für den Campingplatz, eine Nutzung als Hotel, die Unterbringung des Jugendtreffs in der Pächterwohnung oder dem Restaurantbereich oder für die Sozialstation als Seniorencafé oder ähnliches. Auch Interessenten aus dem Sektor der regenerativen Energien können sich gerne beim Bauamt melden, da eine 8 Hektar große Potenzialfläche für Freiflächen-PV entwickelt werden könnte. Zwischenzeitlich ist die Nutzung des Verkaufsraums oder Restaurantbereichs als Vereinsräumlichkeiten während der Planungs- und Bauphase des Festwiesenhauses eine Option. Natürlich wäre eine weitere Nutzung der Straußenfarm als sanfter Tourismus toll für die Südpfalz gewesen, betont Bauamtsleiter Sascha Schäffner. „Wir haben ein tragbares Konzept vorgestellt, von dem wir dachten, dass es die Interessen der Nachfolgepächter und der Gemeinde gut vereinbart. Wir haben ein Erbbaupachtverhältnis angeboten, was den Pächtern deutlich mehr Flexibilität und Sicherheit geboten hätte als es bisher der Fall ist.“ Konkret bedeutet Erbbaupacht, dass Investitionen, die zu einer Wertsteigerung des Areals beitragen, nach Ende des Vertragsverhältnisses (geplant waren 30 Jahre) den Pächtern zu einem vereinbarten Prozentsatz ausgezahlt worden wären - das wäre bei einem einfachen Pachtverhältnis nicht so gewesen. Hier hätten die Pächter nach Vertragsende keinen Ausgleich erhalten. Auch wäre es bei einem Erbbaupachtverhältnis möglich gewesen, das Grundstück zu beleihen. Letztlich hätten die Interessenten trotz größerer Sicherheiten eine deutlich niedrigere Pachtzahlung angeboten als es die Gemeinde nach dem Gebot der Wirtschaftlichkeit akzeptieren konnte - und sogar weniger als die bisherigen Pächter bezahlen. „Das hätte einen Verstoß gegen §94 Abs. 2 der Gemeindeordnung bedeutet, der die Gemeinde verpflichtet, einen marktüblichen Erbbauzins zu verlangen - unabhängig davon, ob der Haushalt ausgeglichen ist oder nicht. Wir müssen uns an geltendes Recht halten“, so Kämmerer Jürgen Trauth.