Es begann 1959: Anna war 15 Jahre alt und mit ihrer Mutter zu Besuch bei deren Cousine in Jockgrim. Dort lernte sie den 21-jährigen Stefan kennen - und lieben: „Als ich nach Hause gefahren bin, habe ich zu meinem Vater gesagt: Ich habe heute meine zukünftige Frau kennengelernt“, erinnert er sich mit einem versonnenen Lächeln auf den Lippen. Doch die Freude währte nur kurz - denn Anna wohnte mit ihrer Mutter in der DDR. „Er hat mich verabschiedet mit den Worten: ‚Schau, dass Du für immer rüberkommst - ich warte auf Dich.“ Ein knappes Jahr dauerte es, dann wurde der Traum tatsächlich wahr und Anna konnte dem DDR-Regime über Berlin in den Westen entkommen. Ihre Mutter war schon zuvor geflohen - zu ihrer Cousine, die sie der Obrigkeit gegenüber als Schwester ausgegeben und deren schwere Erkrankung sie als Reisegrund angegeben hatte. Am 16. November 1962 läuteten dann die Hochzeitsglocken - und, heute ganz ungewohnt, schüttelte auch Frau Holle ihre Kissen aus und es schneite, als die beiden Eheleute die Kirche verließen. Für den Transport des Paares sorgte Stefans Chef im Mercedes. In Rülzheim wohnen die beiden übrigens seit Anfang der 1960er Jahre: Ursprünglich aus Leimersheim, beschloss der Vater von Stefan, wegen der dortigen Bahnanbindung nach Rülzheim überzusiedeln. Optimal für Stefan, denn er arbeitete damals in Rheinzabern bei der Firma Bitzer, später dann in Germersheim bei Nolte. Anna dagegen war zuerst bei der Schneiderei Müller in Rülzheim, dann in der Siemens und am Ende ihrer Berufslaufbahn im Braun’schen Stift tätig. „Ich gratuliere Ihnen ganz herzlich zu 60 Jahren Ehe - und wenn mir ansehe, wie fit Sie beide sind, bin ich sicher, dass Sie die ‚Gnadenhochzeit‘, also 70 Jahre, auch noch schaffen“, so Ortsbürgermeister Reiner Hör mit einem Augenzwinkern.