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Kraftsdorfer Gemeindebote
Ausgabe 12/2023
Unsere Ortsteile
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Kirchweih-Gottesdienste - ein Blick in die Geschichte

Im Herbst ist die Zeit der Feste und auch in unserer Kirchengemeinde Rüdersdorf-Kraftsdorf ist eine Menge los. Zunächst wird Erntedank gefeiert, dann folgen Hubertusmesse, Reformationsfeiertag, Martinsandacht und schließlich die Kirchweih-Gottesdienste.

Von Mitte Oktober bis kurz vor dem Ewigkeitssonntag stehen sie als feste Größen für unsere Kirchen im Jahresplan. Jeder Ort hat seinen bestimmten Sonntag, doch ob die Weihe der betreffenden Kirche nach ihrer Erbauung wirklich an diesem Tag oder um dieses Datum herum stattfand, ist schwer zu sagen. Meist gibt es keine Aufzeichnungen dazu. Wahrscheinlich hat man irgendwann diese Sonntage im Herbst für die Kirchweih oder Kirmes festgelegt, weil die Bauern in unseren von der Landwirtschaft geprägten Dörfern im Frühjahr und Sommer ganz einfach keine Zeit zum Feiern hatten. Die Arbeiten auf den Feldern und das Einbringen der Ernte hatten Vorrang und waren wichtiger, als Grundlage für den Lebensunterhalt.

Eine Ausnahme in Bezug auf das genaue Kirchweihdatum macht die Kraftsdorfer Kirche. Nachdem der teils schwierige Neubau am jetzigen Standort fertig war, wurde sie am 3. Juli 1848 mit einem glanzvollen Fest-Gottesdienst geweiht und ihrer Bestimmung an die Gemeinde übergeben. Einen großen Festumzug von der alten Kirche in der Nähe des Pfarrhauses zur neuen Kirche St. Peter und Paul gab es ebenfalls. Zahlreiche Einzelheiten zu diesem besonderen Tag kann man in der Kraftsdorfer Kirchenchronik nachlesen, denn es war ein Festtag für das ganze Dorf. Der damalige Pfarrer hat viele interessante Details dazu aufgeschrieben. Simone Straßburger las zum Kirchweih-Gottesdienst am 22. Oktober 2023 daraus vor.

Ganz anders sieht es mit der Niederndorfer Auferstehungskirche aus. Sie ist die älteste Kirche im Erlbachtal, die Grundmauern stammen wohl aus romanischer Zeit, doch ihr genaues Alter und somit auch die erstmalige Weihe der Kirche sind nicht mehr feststellbar. Sie hat zudem ein wechselvolles Schicksal, denn 1668 brannte sie bis auf die starken Außenmauern aus. Recht schnell wurde sie mit Unterstützung der Gutsherren des Ortes wieder aufgebaut und war angeblich bereits 1669 oder 1670 wieder nutzbar. In ihrer Grundgestalt ist sie bis heute in etwa gleich geblieben. Anfang der 1960er Jahre sah es jedoch schlimm um unser Kirchlein aus. Die letzten Baumaßnahmen lagen viele Jahrzehnte zurück und im Kircheninneren waren nahezu alle Holzteile kaputt und morsch, die Treppe drohte einzustürzen, auf die Empore kam man nur mit einer Leiter. Der gesamte Raum war dunkel und verbaut und machte einen düsteren und traurigen Eindruck. Kurzum, die Kirche war dem Verfall nahe und für das kirchliche Leben nicht mehr nutzbar.

Pfarrer Joachim Prestrich stand damals am Anfang seiner Pfarrerlaufbahn und musste die Gottesdienste ins Altersheim Niederndorf verlegen, heute Wohnheim der Lebenshilfe. Er suchte sich Verbündete und hielt Rat mit Kirchenältesten, Handwerksmeistern und dem Denkmalschutz, ob die Kirche gerettet werden kann. Ein riesiger Kraftakt stand da vor ihnen und sicher gab es Zweifel, ob das Vorhaben zu schaffen sei. Mit enormem Einsatz, dem festen Willen und sehr mutig stellten sie sich dieser gewaltigen Aufgabe. In einem Zeitraum von rund zwei Jahren erhielt die Kirche im Inneren ein völlig neues Gesicht und ihre jetzige Gestalt. Alle Holzteile wie Kanzel, Bänke, Balkendecke, Fenster, Treppe und Empore sowie der Kranzleuchter wurden erneuert. Der Altarraum wurde völlig umgestaltet, die Orgel an die Westseite verlegt, ein großer Rundbogen gemauert, ein neues Fenster an der Ostseite eingebaut. Dadurch wurde die Kirche viel heller und freundlicher. Die vom Holzwurm stark befallene Gutsherrenloge neben der Tür konnte nicht erhalten werden. Hinzu kamen ein neuer Altar, eine neue Taufe und ein neues Orgelpositiv. Pfarrer Prestrich organisierte die Arbeiten unter Mitwirkung des Denkmalschutzes, kümmerte sich um Handwerker und zahlreiche Helfer aus dem Ort und vor allem um die finanziellen Mittel, was in tiefster DDR-Zeit keinesfalls leicht war. Und er scheute sich nicht vor schwerer Arbeit und packte auch selbst tatkräftig mit an.

Am 4.Oktober 1964 war es endlich soweit, mit vereinten Kräften und mit Gottes Hilfe war das Werk vollendet und die Kirche konnte mit einem großen Fest-Gottesdienst und zahlreichen Ehrengästen und Besuchern, die nicht alle in die Kirche passten, neu geweiht werden.

Die Thüringer Kirchenzeitung „Glaube und Heimat“ berichtete darüber und verlieh der Hoffnung Ausdruck, dass die renovierte Kirche zum Segen für den ganzen Ort werden möge.

Heute schauen wir dankbar und mit großer Achtung auf die Leistungen unserer Vorfahren zurück. Ohne ihren Mut und ihren Einsatz sähen manche Kirchen anders aus. Auch in den 1990er Jahren und in jüngerer Vergangenheit gab und gibt es in und an allen Kirchen unserer Gemeinde umfangreiche Bau- und Sanierungsmaßnahmen, teils mit hohem finanziellen Aufwand, um sie für uns und nachfolgende Generationen zu erhalten. Engagierte Pfarrer mit den Gemeindekirchenräten und zahlreichen Helfern setzten und setzen sich nach wie vor für ihre Kirchen ein und investieren viel Zeit und Kraft. Nutzen wir unsere schönen Kirchen, zum Loben und Danken, zum Singen und zum Gebet, für die schönen und die traurigen Tage unseres Lebens. Tun wir es auch als Dank an unsere Altvorderen und den Herrn unserer Kirche, der seine schützenden Hände stets über seine Kirchen und Gemeinden hält.

Monika Grzanna