Eike Schönfeld liest aus seiner Übersetzung im Eisenacher Stadtschloss
Das Kalenderjahr mit eigenen kulturellen Veranstaltungen konnte die Stadt Eisenach in ihrer Reihe „Poesie im Schloss“ zum Thema „Übersetzen“ mit einer Kombination aus Lesung und Filmvorführung erfolgreich abschließen. Die Stadt Eisenach nahm mit dem Thema „Übersetzen“ noch einmal den Faden der vergangenen Übersetzungsfeierlichkeiten aufgrund von Luthers Bibelübersetzung auf der Wartburg auf.
In Kooperation mit dem Capitol Kino wurde der Film „1984“ nach George Orwells gleichnamigen Roman über die Lebensbedingungen in einem totalitären Staat innerhalb der Thüringer Schulkinowoche mehrfach morgens präsentiert, zudem gab es eine ausverkaufte Abendvorstellung und eine sehr gut besuchte Lesung.
Der in Paris lebende renommierte deutsche Übersetzer Eike Schönfeld hatte vor fünf Jahren den Roman für den Inselverlag neu übersetzt und war bereits bei der Kinovorführung anwesend. Im Anschluss daran stellte er sich in einer regen Diskussion den Fragen des Publikums zur Thematik des Films und zur Arbeit eines Übersetzers.
Am zweiten Veranstaltungsabend im Salon des Stadtschlosses las Eike Schönfeld aus seiner Übersetzung und schlug vom Romanstoff Brücken zu Orwells wechselvollem Leben, der abgeschieden und in ärmlichen Verhältnissen gelebt und geschrieben habe. Zwei Jahre nach Erscheinen des Romans, 1950, starb er.
Deutlich wurde an beiden Abenden die Übersetzungsproblematik, nämlich das Finden von Entsprechungen in der deutschen Sprache für die unzähligen englischen idiomatischen Sprachbilder mit ihren hintergründigen Bedeutungen. Aus dem Publikum wurden eigene Erfahrungen mit dem Roman geschildert. So erzählte eine Besucherin, dass sie den in der DDR verbotenen Roman Anfang der 1980er Jahre nur eine Woche zu Hause gehabt hätten, innerhalb derer die ganze Familie ihn gelesen habe, was, wenn es entdeckt worden wäre, für sie in der SED-Diktatur Konsequenzen gehabt hätte. Andere Diskutanten machten im Blick auf die aktuelle Informationstechnologie auf die Gefahren der Digitalen Welt aufmerksam, aber auch auf den Sprachverfall in den Sozialen Medien. Dass man sich von allem selbst eine Meinung bilden sollte, um am demokratischen Leben auch aktiv teilzunehmen und sich nicht blenden lassen dürfe von einfachen Antworten, war der Tenor der Diskussion und traf damit die Grundaussage des Romans.