„Hackenstein“ der Zugbrücke am Eisfelder Schloss in einer Tiefe von 50 cm unter dem heutigen Trittstein / Türschwelle.
Im Rahmen der Sanierung der Torhausbrücke von Schloss Eisfeld, die seit Juli 2025 läuft, konnte im Zuge der Bauarbeiten eine weitere Entdeckung gemacht werden.
Zugbrücken und Fallgitter gehörten zur Standardausrüstung der meisten mittelalterlichen Burg- und Stadttore. Aufgrund der vielen Burgen und der enormen Anzahl an Städtegründungen ging ihre Anzahl in die Tausende. So viele es auch immer gegeben hat, so unterschiedlich waren ihre technischen Varianten und Komponenten[1].
Die Suche nach Spuren der einstigen „Burg Esefelt“ gestaltet sich bis heute sehr schwer, da keine Abbildungen vor 1580 bekannt sind. Einzige Zeugen sind die Steine vor Ort, die bei Ausgrabungen oder den Instandsetzungsarbeiten manchmal eher zufällig freigelegt werden.
Wir wollen heute der Frage nachgehen, ob die These von einer Zugbrücke am Torhaus des Eisfelder Schlosses, die Museumsleiter Heiko Haine seit Jahren vertritt, haltbar ist und was die neuen Ausgrabungen zu Tage gefördert haben.
Konstruktion
Zugbrücken sind hochklappbare Tore, deren seitliche Zapfen auf unterhalb des Tores angebrachten Hakensteinen mit eingetiefter halbrunder Nut liegen. Das Tor konnte in den meisten Fällen durch von einem Wellbaum bewegte Ketten oder Seile nach oben gezogen werden. Dabei wurden die Ketten/Seile durch zwei mit Rollen versehene Öffnungen über dem Tor nach innen bewegt. Der Wellenbaum konnte sich entweder direkt in der Tordurchfahrt befinden oder in einem Raum darüber.
Eine andere Variante ist die Schwungrutenbrücke, die aber für die Eisfelder Burg nicht in Frage kommt und daher nicht weiter beleuchtet werden soll.
Die heutige Rekonstruktion, ob Zugbrücke oder nicht, ist als durchaus schwierig anzusehen, da alle Abbildungen und Grundrisse vom Schloss Eisfeld bis auf eine Ausnahme keine Zugbrücke zeigen. Nur die Darstellung von Justinus Biler[2], der 1681 die kleine Residenz im Schnitt mit Grundriss und Geschossen aufnimmt, zeigt eine Zugbrücke direkt am Torhaus. Bilers Angaben wurden im damaligen Maßstab „in Schuh“ angegeben und das abgebildete Längenmaß von Bilers Grundriss betrug 70 Schuh. [3] Frühere Beschreibungen[4] der Burg lassen einen breiten und tiefen Burggraben erahnen, der sich in Richtung Süden, also zu Stadt hin, der Burg als Bollwerk vorgelagert war. Eine Abbildung der „Gotha diplomatica“[5] zeigt sogar eine eigene Mauer vor dem Torhaus. Diese Zeichnung dürfte aber mehr Wunschdenken als Realität gewesen sein, denn ansonsten hätte man Reste dieser Mauer bereits gefunden oder Ihre Existenz später in irgendeiner Form erwähnt.
Zweck
Mittels einer Zugbrücke wurde der Zugang zu einer Burg oder Stadt über einen Graben ermöglicht. Durch das Hochziehen oder Klappen der Brücke konnte man die Verbindung zum Tor unterbrechen (defensive Funktion). Zugbrücken konnten im Fall einer Belagerung aber auch offensiv genutzt werden, indem sie durch schnelles Herablassen einen plötzlichen Ausfall der Belagerten den Weg aus der Burg ermöglichten.
Der Versuch einer Rekonstruktion
Die Dokumentation zur Bauhistorie des Eisenacher Bauhistorikers Dr. Müller-Stückrad [6], die 2015 angefertigt wurde, ging von keinen Belegen oder Funden von Artefakten einer Zugbrücke am Eisfelder Schloss für das Torhaus aus. Auch Müller -Stückrad verwies auf die Zeichnung Bilers vom November 1681, die diese Darstellung alleinig zeigt. Der Grundriss von 1666 zeigt ebenfalls keine Zugbrücke. Zur Rekonstruktion des Burgzuganges und des Torhauses macht es sich aber unerlässlich, einen kurzen Blick auf die Baugeschichte dieses Gebäudes zu werfen. Steht man vor dem Eisfelder Schloss an der Torbogenauffahrt ist ein geschlossenes Gebäude als Torhaus zu sehen.
Im Grunde besteht dies aber aus 3 Einzelbauten: 1. Der Kemenate (der linke Bau bis zur Torbogendurchfahrt) ist um 1361 errichtet worden[7]. 2. Der rechte Bau mit rundbogigen Fenstern, nicht quadratisch wie bei der Kemenate, wurde um 1558 errichtet [8]. An der äußeren rechten Ecke wurden bei den Instandsetzungsarbeiten 2015 Reste der alten Burgmauer gefunden, die an ganz anderer Stelle verläuft, als bisher gedacht und direkt in das Gebäude übergeht. Die Torbogendurchfahrt, also der mittlere Teil wurde erst 1580 [9] geschaffen und damit wurden alle 3 Bestandteile zum heutigen Torhaus. Wie die einzelnen Elemente zu Ihrer jeweiligen Bauzeit ausgesehen haben, lässt sich heute nicht mehr sagen, da keine Quellen oder Abbildungen vorhanden sind. Die Grundmauern der Kemenate haben eine Mauerdicke von 1,20 m.
Das Gebäude wird insgesamt nach vorne gestützt durch 4 Mauerwerksvorsätze mit einer Stärke von 1,80 m. Der Rundbogen, der unter der Torauffahrt heute noch sichtbar ist, hat eine Länge vom Torhaus bis zum Ende des Bogens von 4,50 m. Die Gesamtlänge der Auffahrt beträgt 17 m.
Die Torbogendurchfahrt besitzt heute ein spitzbogiges Steinportal mit Holztür.
Schaut man aber von Innen auf den Ausgang ergibt sich ein anderes Bild, denn der Ausgang war nicht mit einem Spitzbogen versehen, sondern hatte einen Halbbogen über fast die gesamte Breite der Einfahrt, die eine Breite und Höhe von 4 m hatte.
Der Spitzbogen dürfte später eingesetzt worden sein.
Für die Ausführung der Brücke orientierte man sich sicherlich an alten erprobten Konstruktionen und so ist als Vorläufer für die steinerne Auffahrt eine schräge Brückenkonstruktionen vor dem 16. Jahrhundert anzunehmen, für die aber keine Belege gefunden wurden. Bilers Darstellung von 1681 zeigt aber eine feststehende Brücke aus Stein auf der die Zugbrücke auflag. Die Zugbrücke hatte also eine Länge und Breite von 4,20 m und genau dieses Maß macht die Innenhöhe des Halbbogens in der Torbogendurchfahrt aus.
Es ist davon auszugehen, dass die Brücke an Ketten hing, die durch Mauerschlitze entweder ins Erdgeschoss oder in das erste Obergeschoss des Torhauses geführt wurden, wo sich die Winde befand. Wie diese ausgesehen hat, ist nicht mehr feststellbar.
Fazit: Der gefundene Hackenstein belegt eindeutig das ursprüngliche Vorhandensein einer hölzernen Zugbrücke am Eisfelder Schloss. Graben und Brücke bildeten dabei eine Einheit. Die Ringmauer der Burg dürfte ähnlich wie die Eisfelder Stadtmauer eine Mindesthöhe von 8,00 m gehabt haben, deren Mauerdicke mindestens 1,20 m betrug. Auch wenn nur auf einer einzigen Abbildung die Zugbrücke dargestellt wird, so ist doch der gefundene Hackenstein der Beleg für die Zugbrücke am Hauptzugang zur Eisfelder Burg und damit kein Hirngespinst mehr. Es bleibt spannend, was bei Ausgrabungen in Eisfeld zukünftig noch alles gefunden wird.
Heiko Haine
Eisfeld, 8. Oktober 2025
Mögliche Variante der Zugbrücke vom Eisfelder Schloss mit der Darstellung der Hackensteine, in deren Vertiefung die Zugbrücke lag und verankert wurde.
Gefunden wurde der rechte Hackenstein bei Ausgrabungen Ende September 2025.
Original-Abb. Christopher Hermann (2015): Fallgatter und Zugbrücken. In: „Dem Feind zum Trutz“ - Wehrelemente an mittelalterlichen Burgen. Veröffentlichungen der Deutschen Burgenvereinigung e.V., Bd. 14, Stuttgart 2015.S. 153 ff. (digital neu bearbeitet Heiko Haine).
| [1] | Vgl. Christopher Hermann (2015): Fallgatter und Zugbrücken. In: „Dem Feind zum Trutz“ - Wehrelemente an mittelalterlichen Burgen. Veröffentlichungen der Deutschen Burgenvereinigung e.V., Bd. 14, Stuttgart 2015.S. 153 ff. |
| [2] | Vgl. Ernst Dahinten (1938): Geschichte der Heimat. Bd. IV. S. 258. Abbildung Grundriss des Schlosses zu Eisfeld, datiert 1681. Original Veste Coburg. Ms7 |
| [3] | Vgl. https://de.m.wikipedia.org/wiki/Fu%C3%9F_(Einheit). Der Schuh = Fuß und hatte für Meiningen und Hildburghausen eine Länge von 30,4 cm. |
| [4] | Vgl. Lehfeldt/Voss: Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens, Jena 1903, S. 144 f - „An der Südseite, der Vorderseite, sind Graben und Wall eingeebnet, doch die alte Grabenveretiefung ist noch soweit vorhanden, dass eine (jetzt feste) Brücke zu dem Haupteingang in der Mitte des Südgebäudes führt. |
| [5] | Vgl. Rudolphi, Friedrich; Gleichenstein, Hans Basilius von: Gotha Dilpomatica Oder Ausführliche Historische Beschreibung Des Fürstenthums Sachsen-Gotha. Frankfurt am Main, Leipzig; Gensch 1717, S. |
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| https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10938446?page=454,455&q=Amtshaus+Eisfeld. Letzter Aufruf: 07.10.2025. |
| [6] | Vgl. Dr. Müller-Stückrad, Bernd (2015): Ergebnisse der Bauhistorischen Untersuchung. Bd.1. Eisenach 2015. Torgebäude. |
| [7] | Vgl. Krauss, Johann Werner: Beyträge zur Erläuterung der Hochfürstl. Sachsen-Hildburghäusischen Kirchen-, Schul- und Landeshistorie. Band III Amt Eisfeld, Hildburghausen 1753, S. |
| [8] | Vgl. Hans-Jürgen Haas: Thüringer Schlösser. Bauer Verlag, Hamburg 1992; Maresch, Hans und Doris: Thrüringer Schlösser und Burgen. Husum 2008. S.74 |
| [9] | Vgl. Ebenda |