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Reinhardsbrunner Echo
Ausgabe 2/2025
Stadt Friedrichroda mit den Ortsteilen Finsterbergen und Ernstroda
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„Friedrichroda hat nicht jeden reingelassen - heute sind neue Einwohner herzlich Willkommen…“

Eine Mehrteilige Erzählung über ein Einbürgerungsgesuch des Webergesellen Andreas Adam Hildebrandt aus Gerstungen aus dem Jahr 1845/1846

In der Bibliothek Friedrichroda stieß ich auf ein Einbürgerungsgesuch des Webergesellen Andreas Adam Hildebrandt, welcher nach Umzug von Gerstungen Bürger von Friedrichroda werden wollte.

Wenn man im 19.Jahrhundert in die Stadt Friedrichroda ziehen wollte, so ging das nicht so einfach wie heute. Es war notwendig, um die Aufnahme schriftlich zu ersuchen und nachzuweisen, dass man sowohl Vermögen hatte, als auch eine gesetzliche Kaution durch Ankauf eines Grundstückes zahlen konnte.

Erzählt werden soll der mühsame Behördenweg des Webergesellen Andreas Adam Hildebrandt aus Gerstungen aus dem Jahr 1845/1846, der letztlich nach langem Streit mit der Stadt Friedrichroda mit einer Entscheidung durch den Herzog zu Sachsen Coburg und Gotha endete.

Die zur Verfügung gestellten Dokumente aus dem Archiv in der Bibliothek Friedrichroda wurden sämtlich in einer damals üblichen Kurrentschrift verfasst.

Das aus dem lateinischen stammende Wort „currere“ bedeutet so viel wie „laufen“, die verwendete Schrift wurde im gesamten deutschen Sprachraum benutzt und es wurde typischerweise mit einem Federkiel geschrieben.

Das Lesen dieser Dokumente bereitete erheblich Mühe, zumal es sich um eine alte Kanzleischrift handelt und die Dokumente unter Hinzunahme der Software „Transkribus“ übersetzt werden mussten.

Aber auch die Übersetzung gelang nur Wort- selten Satzweise.

Insofern wird die Erzählform verwendet und nur bei einwandfreier Übersetzung werden Passagen in Anführungsstriche kenntlich gemacht. Gleichwohl konnte es passieren, dass nicht alle Übersetzungen richtig sind, das bitte ich zu berücksichtigen.

Mein Dank gilt Frau Siede und Frau Heller von der Stadt Friedrichroda für die freundliche Unterstützung.

Wolfgang Falk, Friedrichroda

Teil 1

Im Jahr 1845 wohnten und arbeiteten in Friedrichroda 98 Weber und Weberinnen, es herrschte also kein Mangel an weiteren Webern und jeder weitere nach Friedrichroda ziehende Weber wurde als Konkurrenz angesehen, zumal die hiesigen Weber damals ein recht dürftiges Einkommen hatten, womit die kinderreichen Familien ernährt werden mussten.

Am 16.12.1844 schrieb daher der Stadtrat Friedrichroda an den Weber Andreas Adam Hildebrandt aus Gerstungen auf Grund seines Antrages, als Bürger von Friedrichroda aufgenommen zu werden, dass unter Zugrundelegung seines Vermögenszeugnisses zum Beweis seiner beabsichtigten Aufnahme in den Bürgerverband noch eine gesetzlichen Kaution zum Ankauf eines Grundstückes nachgewiesen werden muss. Ansonsten (widrigenfalls), so die Stadt Friedrichroda, müsste seinem Gesuch abschlägig beschieden werden und in seinen Geburtsort verwiesen werden.

Dem Schreiben der Stadt Friedrichroda wurde noch vermerkend hinzugefügt, dass es „selbst am Ort an Arbeit fehle, der Weber allhier schon überflüssig und es denen an Arbeit fehle, mit seinen Gesuch zurückgewiesen werde“. Zudem wurde eine Stadtverordnetenversammlung einberufen und das Gesuch des aus Gerstungen gebürtigen Webergesellen auf die Tagesordnung gesetzt.

Die Stadtverordneten hielten in Ihrem Protokoll fest, dass das nachgewiesene Vermögen von Andreas Adam Hildebrandt „keine Bereitschaft als gesetzliche Kaution darbiete“, mit anderen Worten, es reicht nicht aus, um eine Einbürgerung zu erlangen. Begründet wurde es damit, dass das Vermögen zur Hälfte aus dem Vermögen mütter- und väterlicherseits besteht, was für den Stadtrat als unsicher angesehen wurde. Aber damit nicht genug. Die Stadtverordneten legten nach. Sie führten als Begründung der Absage an Andreas Adam Hildebrandt weiter an, dass eine Überzahl an Webern in Friedrichroda vorhanden sei und dies in der Vergangenheit zu Nahrungsproblemen geführt habe, zudem der Webergeselle Hildebrandt erst eine kurze Zeit in Friedrichroda verweilte und daher keine Existenz gründen könne, deshalb wohl ein „Mädchen beschwängert“ habe, auf Grund der hohen Anzahl von erwerbslosen Bürgern „nächst mit hoher Bedeutung abgewiesen werden würde“, sich sein Vorleben mit seiner Heimat verstritten habe und man die hohe Anzahl von erwerbslosen Webern nicht noch weiter erhöhen wolle.

Andreas Adam Hildebrandt hielt sich zu dieser Zeit weiterhin in Friedrichroda auf, war arbeitslos und lebte in „wilder Ehe mit der schwangeren Tochter des Schreinermeister Georg Baumbach, Meydalen Gildetrand“.

Fortsetzung folgt in der nächsten Ausgabe….