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Die Gera-Aue
Ausgabe 11/2024
Institutionen, Vereine und Verbände
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Informationen aus der Stadt Gebesee

Am 19. September 2024 fand in Weißensee eine Tagung der Interessengruppe Heimatgeschichte des Landkreises Sömmerda statt. Das Thema - der Deutsche Bauernkrieg vor 500 Jahren.

Ausstellungen und Gedenkfeiern sind geplant.

Zwischen dem deutschen Südwesten und Thüringen erhoben sich mehr als 300.000 Bauern gegen die Herrschaft der Obrigkeit. Mancher sah sich an diese historischen Szenen erinnert, als in diesem Frühjahr 2024 die Bauern protestierend, mit ihren Traktoren durchs Land zogen, Straßen blockierten und Mist vor Regierungsgebäude kippten. Auch Bauern aus der Gera-Aue waren mit ihren Traktoren unterwegs. Wer die Bauern zu sehr reizt, darf sich nicht wundern, wenn diese ihrem Zorn freien Lauf lassen! So sei es heute, und so ist es auch damals gewesen.

Die Parallelen liegen nahe:

Den Bauern ging und geht es um ihre materielle Lage und darum, eigenverantwortlich zu wirtschaften - und beide Male wählten sie spektakuläre, aggressive Protestformen.

Damit enden aber auch die Ähnlichkeiten.

Denn während sich die Landwirte des Jahres 2024 vorrangig gegen die Streichung von Subventionen wandten, rebellierten die Bauern vor 500 Jahren gegen steigende Abgaben. Und während Protest heute zu den bürgerlichen Rechten zählt, wollten sich die Bauern des 16. Jahrhunderts dieses Recht überhaupt erst erstreiten 3).

Zur Vorgeschichte

Im Jahre 1520 veröffentlicht der ehemalige Mönch und Kirchenkritiker Martin Luther sein Werk "Von der Freyheith eines Christenmenschen". Darin schreibt er unter anderem: "Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan".

Viele Bauern fühlen sich durch Luthers Worte unterstützt in ihrer Forderung nach einem Ende der Leibeigenschaft. Mehrer Fürsten verhielten sich anfangs neutral, da auch sie die Abgabenlast des Klerus als arge Belastung ansahen.

In den zwölf Artikeln formulieren die Bauern ihre Forderungen, die freie Pfarrwahl (1), die Abschaffung des Kirchenzehnten (2), die Aufhebung der Leibeigenschaft (3), die freie Jagd und Fischerei (4), die Rückgabe der Wälder (5), die Reduzierung der Frondienste (6), und (8), feste, statt willkürlicher Strafen.

Der Verlauf des Bauernkriegs

Die Bauern organisieren sich in sogenannten "Haufen" und zogen durch das Land. Sie plündern Klöster und stürmen Burgen; es gibt aber zunächst keine Gewalt gegen Personen.

Das ändert sich am 16. April 1525. An diesem Tag töten aufständische Bauern in Weinsberg den Grafen Ludwig von Helfenstein/Schwarzwald und seine Begleiter vor den Toren der Stadt.

In Frankenhausen kommt es am 14. Mai 1525 zu einer der bedeutendsten Schlachten. Die Aufständischen unter Thomas Müntzer werden durch ein Fürstenheer vollständig besiegt. Münzer wird auf der Wasserburg Heldrungen quälenden Torturen unterzogen und später in Mühlhausen durch das Schwert enthauptet.

Die Gründe der Niederlage

Die Bauern sind unerfahren im Kampf und den Rittern in ihrer Ausrüstung hoffnungslos unterlegen. Mit umgearbeiteten Arbeitsgeräten ziehen sie in den Krieg: mit Dreschflegeln und Sauspießen gegen Rüstungen, Schwerter und Kanonen. Die Folgen des Bauernkriegs Die Reaktionen der Herren sind grausam. Viele Bauern werden hingerichtet oder verstümmelt. Zudem müssen sie ihre Waffen abgeben und werden zu Schadenersatz verpflichtet.

Etwa 70.000 Bauern verlieren während des Bauernkriegs ihr Leben.

Weil die Obrigkeit aber auch Angst vor neuerlichen Aufständen hat, kommt sie den Forderungen der Bauern in einigen Regionen entgegen. So ist der Krieg trotz des Blutzolls nicht ganz vergeblich. Die endgültige Befreiung der Bauern lässt noch mehr als 250 Jahre auf sich warten. Erst 1807 wird die Leibeigenschaft in Preußen abgeschafft - und das tat kein Geringerer als Napoleon während der französischen Besatzungszeit.

Die Spuren des Bauernkriegs in den Ortschaften der VG Gera-Aue.

Der Gebeseer Historiker Prof. Joachim Kuhles (1936 - 2017) und der Ortschronist Oskar Gründler (1876 -1947) schrieben dazu, dass der Salzaer Haufen (heute Bad Langensalza) raubend und plündernd im Mai 1525 entlang der Unstrut bis nach Weißensee zog.

Auf dem Weg dahin schlossen sich Bauern aus Gebesee an.

Die Weißenseer wiesen die Bauern ab, dafür wurden sie vom sächsischen Herzog Georg mit einem erheblichen Steuernachlass und Privilegien belohnt 1). Das war das Fundament für den zukünftigen Wohlstand dieser Stadt.

Wehrhafte Männer aus Schwerstedt und anderen Ortschaften kamen den Weißenseern zu Hilfe, sodass der Haufen abziehen musste, die Mehrheit kehrte wieder in ihre Dörfer zurück. Die Kampfbereiten zogen nach Greußen und plünderten es, danach zogen sie gen Frankenhausen 2).

Bauern aus Andisleben und Walschleben, deren Orte im Besitz der Stadt Erfurt waren, bewaffneten sich und zogen gegen die Stadt. Da Erfurt auch Besitzungen in Gebesee hatte, ist anzunehmen, dass unter den 4.000 Mann, die die Stadt belagerten, auch Gebeseer waren. Ihre Wut richtete sich gegen den Mainzer Erzbischof 1).

Der Adel nahm grausam Rache am Bauernaufstand. Gründler schreibt, dass in Gebesee nach der Überlieferung mehrere Bauern am Mitteltor (Mittelstr.) und am Obertor (Gartenstr.) hingerichtet wurden.

Die Dörfer wurden zu Entschädigungszahlungen verpflichtet, um die Verluste des Adels zu ersetzen.

Jedes Haus in einer Stadt oder Dorf wurde mit einer Strafe von 10 Gulden belegt 1).

War das viel oder wenig?

Ab der Mitte des 15. Jahrhunderts kann von Jahres-Brutto-Einkünften von 60 bis 80 Gulden für einen Mehrpersonenhaushalt ausgegangen werden 4).

Bezahlbar zwar- aber eine empfindliche Strafe doch schon.

Aber die Landesherren wollten andersherum auch die Steuerkraft der Bauern erhalten und setzten der willkürlichen Belastung durch den örtlichen Landadel Grenzen. Zudem räumten sie ihnen nach dem Aufstand ein Klagerecht ein.

Die Gebeseer klagten 1553 gegen die örtlichen Herrschaften wegen zu hoher Abgaben und konnten mithilfe des Landgrafen sich am Appellationsgericht Leipzig durchsetzen 1).

Es galt das Motto:

Denn wer nicht säen kann, kann auch nicht ernten.

Albrecht Fischer vom Gebeseer-Kulturgut e. V.

www.gebebeseer-kulturgut.de/Kontake

Unter Nutzung der Quellen:

1)

Joachim Kuhles, Gebesee, Geschichte einer Kleinstadt …S 185-191

2)

Oskar Gründler, Gebesee, aus der Vergangenheit der Stadt. Verlag Schlothauer, S 96.

3)

Zeit-Online, Bauernkriege.

4)

Wikipedia, „Preise im Mittelalter“ und der „Deutsche Bauernkrieg“