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Neue Werra-Zeitung
Ausgabe 14/2024
Nichtamtlicher Teil
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Theatergruppe Gerstungen e.V.

Eine faustastische Spielzeit geht zu Ende

Mit „Faust“ hat sich KunstGENuss nicht nur ein ambitioniertes Ziel gesetzt, sondern auch einen langersehnten Traum auf die Bühne gebracht. Künstler aus den unterschiedlichsten Bereichen kamen im Rahmen der Inszenierung zusammen und ließen die Aufführungen von Goethes Klassiker im Jubiläumsjahr der Theatergruppe Gerstungen e.V. zu einem unvergesslichen Stück Vereinsgeschichte werden.

Herbst 2023: in einem Gerstunger Wohnzimmer wird ein Großprojekt geboren, das am 1. Juni 2024 mit einem Mann im Laufgitter auf dem Schlosshof Premiere feiert. Einige Vereinsmitglieder der Theatergruppe KunstGENuss konnten sich damals nicht vorstellen, wie aus dem drögen Klassiker „Faust“ ein mitreißendes Stück werden soll. Doch über den Winter lernt das Projekt laufen: gemeinsam mit den Darstellern beginnt Regisseurin Jana Freiberg die szenische Arbeit am Stück. Bis tief in die Nacht hinein wird manchmal an den einzelnen Teilen der Inszenierung gefeilt, werden Details oder Abläufe diskutiert. Im Theaterseminar Anfang März 2024 machen die umfangreichen Vorabreiten Schule. Bei den dreitägigen Intensivproben werden nicht nur Schlüsselszenen finalisiert, sondern auch erstmals Requisiten eingesetzt und natürlich der Text ordentlich gepaukt. An diese Fortschritte knüpften die Vereinsmitglieder nahtlos an. Die Bühne entstand auf dem Schlosshof Gerstungen, sodass Ende März die Proben am eigentlichen Spielort beginnen konnten. Auch wenn das Wetter nicht immer mit den Darstellern war, so ließen sich diese die Stimmung nicht verregnen und arbeiteten hoch motiviert auf das gemeinsame Ziel hin: die Premiere am 1. Juni.

Und da sitzt er nun: Faust, gespielt von Ronny Barufke, in seinem Laufgitter und bekommt kurz darauf teuflischen Besuch von Maik Beyer, der den Mephisto verkörpert. Zusammen mit den anderen Schauspielern sowie den Tänzerinnen der Tanzgruppe K-Teen‘s unter Leitung von Kathleen Haupt, nehmen die beiden das Publikum mit auf eine faszinierende Reise, bei der Tango und Polka getanzt, im Auerbachs Keller gefeiert und Geschwister auf dramatische Weise umgebracht werden. Das weiße Laufgitter ist stets präsent und zieht sich wie ein roter Faden durch die Handlung. Mal als Cocktailbar, mal als Tisch oder als Gefängnis wird dieses Requisit facettenreich wie kein anderes während des Stücks eingesetzt. Mit der Walpurgisnacht gipfelt die Inszenierung in einem weiteren Höhepunkt, der das Publikum staunen lässt. Aufreizend gekleidete Hexen entführen Faust und Mephisto auf den Brocken, wo sie einer wahrhaftigen Orgie beiwohnen. Und am Ende erscheint es wieder auf der Bühne: das Laufgitter. Darinsitzend: Gretchen, verkörpert durch Sophia Singer, die schließlich nicht durch Faust, sondern durch Gott gerettet wird.

Wie das beim Publikum ankam, war bei der Premiere schwer zu erfassen. Es gab kam Szenenapplaus während des Stücks. Die Zuschauer verzogen oftmals keine Miene. Doch am Ende wurde das Ensemble mit einem tosenden Schlussapplaus verabschiedet und damit die monatelange Arbeit gebührend gewürdigt. An diesen ersten, großartigen Erfolg knüpften die KunstGENuss-Akteure an. Die Belohnung: steigende Gästezahlen, noch mehr Beifall und ein überwältigtes Publikum, das nach jeder der fünf Aufführungen den Schlosshof begeistert verlässt.

So eine aufwändige Inszenierung wird aber nicht nur von den Akteuren auf der Bühne getragen, sondern auch von den vielen helfenden Händen drum herum. Durch Astrid Grasse wurden liebe- und detailvolle Requisiten gestaltet, welche die einzelnen Szenen abrundeten. Verschiedene Körbe, eine alte Milchkanne oder bunte Blumenruten ließen den Osterspaziergang noch lebhafter wirken. Die Walpurgisnacht wurde durch vielseitig gestaltete Tierbesen, modifizierte Öllampen und nicht zuletzt durch den riesigen, beleuchteten Schirm mit zahlreichen Details zu einem echten Hingucker.

Es gab aber noch mehr Künstler wie Astrid, die nur indirekt auf der Bühne zu sehen waren. Das vierköpfige Team in der Maske sorgte beispielsweise vor jeder Aufführung ab 14.30 Uhr dafür, dass die Darsteller nicht nur durch ihre Kostüme, welche von Silvia Stein und Jana Freiberg zusammengestellt wurden, sondern auch durch ihre Schminke auf der Bühne glänzten. So mancher Akteur erlebte dabei eine wahre Verwandlung. Apropos Verwandlung: eine solche macht auch die Bühne während der Inszenierung durch. Diese bricht Stück für Stück auseinander, sodass am Ende ein völlig anderes Bild entsteht. Dafür waren vor, aber auch während und nach der Spielzeit, Siegfried Hutschreuther, Torsten Reum und Thomas Phieler zuständig. Ronny Skeries und Niklas Haupt kümmerten sich hingegen professionell um die Technik. Gut zwei Wochen vor der Premiere begannen sie mit dem umfangreichen Aufbau der Scheinwerfer, wofür meterlange Kabel auf dem Schlosshof verlegt wurden. Während der Inszenierungen war es vor allem Niklas Haupt, der die einzelnen Szenen professionell ausleuchtete und die Darsteller stets im rechten Licht präsentierte. Nach jeder Vorstellung musste die Technik teilweise zurück und zur nächsten Veranstaltung wieder aufgebaut werden, was dazu führte, dass er mit als erstes vor Ort war und einer der letzten, die den Schlosshof verließen. Natürlich sollen aber auch die Arbeit der Kassenbesetzung sowie die kulinarischen Highlights an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Zuverlässig kümmerte sich das Team an der Abendkasse vor jeder Vorstellung um den Einlass der Gäste. Die Catering-Mannschaft um Manuela Woth versorgte die Zuschauer in gewohnter Weise mit leckeren Speisen und Getränken.

Neben den Vereinsmitgliedern unterstützten noch weitere Helfer die Veranstaltungen. So übernahmen die Bibliothek sowie das Bürgerbüro Gerstungen den Kartenvorverkauf. Das Museum stellte seine Küche für das Catering zur Verfügung und die Gemeinde den Schlosshof. Schließlich waren auch die Feuerwehren aus Gerstungen und Untersuhl zu jeder Vorstellung mit vor Ort und unterstützten diese zuverlässig. So haben die vielen „Künstler“, hinter den Kulissen in ihrem jeweiligen Metier, einen wichtigen Beitrag zum Gelingen der Aufführungen geleistet und die Spielzeit von „Faust“ zu einem Highlight in der Vereinsgeschichte von KunstGENuss gemacht.

Bereits am 27. Juli steht für die eingespielten Teams der Theatergruppe Gerstungen e.V. mit der Inszenierung „Bernarda Albas Haus“ das nächste Projekt an, ehe sie nach der Sommerpause zusammenkommen, um ihr 30. Vereinsjubiläum zu feiern. Schon jetzt freuen sich die Mitglieder von KunstGENuss auf ein unvergessliches Fest, bei dem sie gemeinsam mit ihren Gästen auf die Höhepunkte der letzten 30 Jahre sowie auf die aktuelle Spielzeit zurückblicken werden.

Anika Zitzmann

Schriftführerin der Theatergruppe Gerstungen e.V.