Zur Person: Prof. Dipl.-Ing. Ing. Timo Leukefeld lehrt an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg und der Dualen Hochschule Glauchau als Einziger in Deutschland das Fach „Vernetzte hochgradig energieautarke Gebäude“. Er ist einer der innovativsten Energieexperten im deutschsprachigen Raum. Die Bundesregierung bezeichnete ihn als Energiebotschafter und die Presse als Energierebell. Mit seinen theoretischen wie praktischen Ingenieurkenntnissen entwickelte er 2010 zu einer Pionierleistung das erste bezahlbare und tatsächlich energieautarke Haus Europas. Der mehrfach ausgezeichnete Unternehmer, Autor, Dozent und Keynote Speaker richtet seinen stets offenen Blick auf die Themen Energieversorgung, Ressourcenmanagement und Zukunftsszenarien. Mit seinem Autarkie-Team hat er hochmoderne energieautarke Häuser entwickelt, die in ihrem Betrieb bereits CO2-frei sind. Als integraler Denker vereinte Timo Leukefeld in seinen Entwicklungen Ökologie, Ökonomie und Soziales zu gelebter Nachhaltigkeit und Ansätzen als Mittler zwischen Forschung, Entwicklung und dem ausführenden Handwerk. Er arbeitet als Redner und Denkwandler beim Zukunftsinstitut.
Bürgermeister Daniel Steffan: Guten Tag, Prof. Leukefeld. Am 13. November 2024 halten Sie Ihren Vortrag in Gerstungen. Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses Interview genommen haben. Eine der drängendsten Fragen unserer Bürgerinnen und Bürger betrifft die energetische Sanierung älterer Häuser. Was würden Sie Hausbesitzern empfehlen, die ein 120 Quadratmeter großes Haus von 1969 und einen 15 Jahre alten Gas-Heizkessel haben?
Prof. Dipl.-Ing. Timo Leukefeld: Guten Tag, Herr Steffan. Es freut mich sehr, hier zu sein und demnächst in Gerstungen sprechen zu dürfen. Die Zukunft des Wohnens wird stark von dezentralen, nachhaltigen Energiekonzepten geprägt sein. Wir werden vermehrt auf erneuerbare Energien wie die Sonne setzen und weg vom Verbrauch endlicher Rohstoffe hin zu einer Kultur des Gebrauchs übergehen.
Für Hausbesitzer wie z. B. Oma und Opa Merenke würde ich zunächst empfehlen, die sogenannten „niedrig hängenden Früchte“ zu ernten. Eine umfangreiche Sanierung, wie der Einbau einer Wärmepumpe, kann ohne Fördermittel zwischen 25.000 und 40.000 Euro kosten und ist oft nicht die effizienteste Lösung für ältere Häuser. Stattdessen sollten erst einmal einfachere und kostengünstigere Maßnahmen in Betracht gezogen werden.
Bürgermeister Steffan: Können Sie diese kostengünstigeren Maßnahmen näher erläutern? Welche Optionen haben Hausbesitzer?
Prof. Leukefeld: Eine vielversprechende und geringere Investition ist die Installation einer Photovoltaikanlage. Für rund 15.000 Euro kann eine PV-Anlage mit 10 Kilowatt Peak inklusive Speicher, Installation und Energiemanagement erworben werden. Das ermöglicht Hausbesitzern, etwa 80 Prozent ihres Warmwasser- und Haushaltsstrombedarfs sowie das Laden ihres E-Autos mit Sonnenenergie zu bedecken. Dies ist wesentlich kosteneffizienter und nachhaltiger als ein vollständiger Heizungsaustausch.
Bürgermeister Steffan: Das klingt nach einer lohnenden Investition. Was sind die Vorteile der Nutzung von Solarenergie in Bezug auf alternative Heizmöglichkeiten?
Prof. Leukefeld: Solarenergie bietet zahlreiche Vorteile. Sie ist erneuerbar und reduziert die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen!
Nach meiner Berufsausbildung als Instandhaltungsmechaniker habe ich als Heizungsbauer gearbeitet. Zwischen 1990 und 2000 baute ich eine Reihe neuer Öl- und Gasheizkessel in Einfamilienhäusern ein, die noch heute, nach 30 bis 40 Jahren, zuverlässig laufen. Vielleicht muss mal eine Pumpe oder Steuerung erneuert werden, aber im Prinzip sind ältere Heizkessel unverwüstlich, sozusagen wirklich nachhaltig. Heute hält ein neu eingebauter, als nachhaltig zertifizierter Gasbrennwert-, Holzpellet- oder Wärmepumpen-Heizkessel dagegen nur noch rund 15 Jahre, wie ich aus zahlreichen Gesprächen mit Installateuren und Herstellern weiß. Hinzu kommt: Der herrschende Handwerkermangel treibt die Kosten für Instandhaltung und Reparatur zusätzlich in die Höhe.
Durch die Nutzung von Photovoltaikanlagen und die Nachrüstung von Elektroheizstäben in alten Warmwasserkesseln können Hausbesitzer ihren Energieverbrauch deutlich nachhaltiger gestalten. Zudem sind die Investitions- und Instandhaltungskosten vergleichsweise gering, und die Systeme haben eine lange Lebensdauer.
Bürgermeister Daniel Steffan: Welche Vorteile bietet die Installation von Photovoltaik-Paneelen und einem Batteriespeicher konkret?
Prof. Leukefeld: Die Installation von Solarstrompaneelen und einem Batteriespeicher stellt einen minimal-invasiven Eingriff dar. Durch die Nachrüstung eines Elektroheizstabs im alten Warmwasserboiler der Gasheizung kann der Haushalt etwa 80 Prozent seines Warmwasserbedarfs mit Sonnenenergie decken. Zudem können Infrarot-Heizpaneele in der Übergangszeit mit Solarstrom betrieben werden. Dies reduziert den Heizbedarf und spart Kosten.
Bürgermeister Steffan: Das klingt sehr praktisch. Gibt es noch weitere Vorteile, die diese Lösung bietet?
Prof. Leukefeld: Ja, die moderate Umrüstung erlaubt es, die alte Heizung im Winter weiter zu nutzen, da sie noch eine lange Lebenserwartung hat. Auch Infrarot-Paneele sind wartungsfrei und haben eine Lebensdauer von 30 Jahren. Sie können unter der Zimmerdecke in Küche, Bad und Wohnstube das Haus ebenfalls mit Strom aus Sonnenenergie während der Übergangszeit im Frühjahr und Herbst heizen, wenn der Heizbedarf vorhanden ist, aber noch nicht immens ist.
Eine Photovoltaikanlage mit Notstromoption bietet zudem Sicherheit bei Stromausfällen. Insgesamt führen diese Maßnahmen zu erheblichen Bedenken bei den Energiekosten und einer Reduzierung des CO2-Ausstoßes. Zudem steigen der Wert der Immobilie und die energetische Unabhängigkeit vom fossilen Brennstoffmarkt.
Bürgermeister Steffan: Prof. Leukefeld, wir haben über die Vorteile der Photovoltaikanlagen gesprochen. Können Sie erklären, wie sich diese Investition auch in Bezug auf Mobilität bezahlt macht?
Prof. Leukefeld: Natürlich, Herr Steffan. Ein großer Vorteil der PV-Anlagen ist, dass sie Hausbesitzern ermöglichen, beim nächsten Autokauf ein Elektroauto in Betracht zu ziehen. Mit dem selbsterzeugten Strom können Sie ihr Auto kostenfrei laden und so für mindestens drei Viertel des Jahres kostenlose Mobilität gewinnen. Dies ist eine äußerst kostengünstige Form der Mobilität.
Bürgermeister Steffan: Das klingt nach einem sehr attraktiven Vorteil. Welche weiteren Ersparnisse ergeben sich aus der Nutzung von Photovoltaik für die Merenkes?
Prof. Leukefeld: Insgesamt sparen Oma und Opa Merenke durch die Nutzung von Photovoltaikanlagen erhebliche Energiekosten und reduzieren ihren CO2-Ausstoß. Sie müssen ihre funktionierende Gasheizung nicht kostenintensiv herausreißen und gegen wartungs- und intensive Technik tauschen. Dies zeigt, dass manchmal weniger einfach mehr ist.
Bürgermeister Steffan: Und wie sieht es mit der energetischen Effizienz älterer Häuser aus, insbesondere von monolithischen Baukörpern?
Prof. Leukefeld: Monolithische Baukörper, die aus Massivholz oder Ziegeln ohne zusätzliche Dämmung erbaut wurden, können tatsächlich einen sehr guten Energiestandard erreichen. Das sind durchaus gute Nachrichten für Besitzer älterer Bestandsimmobilien.
Bürgermeister Steffan: Vielen Dank, Prof. Leukefeld. Ihre Einblicke sind äußerst wertvoll. Gibt es abschließend noch etwas, das Sie unseren Bürgern mit auf den Weg geben möchten?
Prof. Leukefeld: Ja, ich möchte alle Bürgerinnen und Bürger ermutigen, sich umfassend zu informieren - beispielsweise auch auf meiner Vortragsveranstaltung am 13. November in Gerstungen - und verschiedene Optionen zu prüfen. Oft sind es die einfachen, kostengünstigen Maßnahmen, die einen großen Unterschied machen können. Gemeinsam können wir viel für den Klimaschutz und unsere Zukunft tun.
Bürgermeister Daniel Steffan: Vielen Dank, Prof. Leukefeld, für dieses abschlussreiche Gespräch.