Alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nütze zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit.
2. Timotheus 3,16
Es sammelt sich vieles an, wenn Haus und Hof von einer Generation zur nächsten weitervererbt wird.
Manches wird im Lauf der Zeit aussortiert und hin und wieder kommt etwas dazu. Kostbare Dinge hat man früher oft in Truhen aufbewahrt und diese dann an die Kinder und Kindeskinder weitergegeben.
Timotheus wurde auch eine Truhe mit kostbarem Inhalt anvertraut. Er wurde in das Hirtenamt, heute würden wir Pfarrer oder Pfarrerin sagen, der Gemeinde Ephesus berufen. Er sollte das Erbe, in der von Paulus gegründeten Gemeinde, fortführen. Keine leichte Aufgabe für den jungen Timotheus. Allerdings ist er, der Sohn einer jüdischen Mutter und eines griechischen Vaters, von klein auf mit der Schrift vertraut und er steht selbst fest im Glauben. Anders als die Gemeinde, die ist noch nicht gefestigt.
Zur Stärkung bekommt er einen Brief aus der Paulusschule. Er enthält klare Anweisungen für Timotheus. Er soll sich auf nichts anderes berufen als auf die Bibel. Das ist der Maßstab. „Bleib bei dem, was du gelernt hast, Timotheus! In den Schriften ist alles da, was du brauchst. Hier findet sich Gottes Wort.“ Timotheus ist durch seine Mutter in den Glauben hineingewachsen und er kennt die Bibel.
Als Gemeindeleiter hat Timotheus es damals mit den verschiedensten Menschen zu tun. Es war wohl ein Drahtseilakt die vielen Gruppen und Generationen gut zu begleiten. Die älteren Männer soll er als Väter ermahnen, die Frauen als Mütter. Den jüngeren Männern und Frauen als Geschwister begegnen. Auf die Witwen soll er besonderes Augenmerk legen, denn ihre Situation ist schon immer schwierig. Dann sind da noch die Ältesten, sie verlangen Respekt und doch auch bei ihnen muss Timotheus standhaft bleiben, keine falschen Lehren zulassen und vor allem niemanden bevorzugen. Und auch die besondere Stellung der Sklaven muss berücksichtigt werden. Ob Timotheus das Ausmaß der Aufgabe bewusst war, als man ihm den Segen für seine Aufgabe zuspricht?
Seither hat sich in den evangelischen Gemeinden viel verändert. Inzwischen sind bundesweit 40% der Pfarrstellen mit Frauen besetzt. Die Zeiten in denen Pfarrerinnen und Pfarrer EINE Gemeinde leiteten sind lange vorbei. Heute haben sich als Verwaltungsebenen Regionalgemeinden oder Kirchengemeindeverbände gebildet. Damit hat der Teamgedanke in der Leitung von Kirchengemeinden Einzug gehalten. Da sind haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende, die zusammenarbeiten, Projektgruppen, Gemeindepädagoginnen und Musikerinnen, Diakone, Küster und Helferinnen in allen Bereichen gemeindlichen Lebens. Alle gemeinsam tragen dazu bei geistliches und kulturelles Leben in den Orten lebendig sein zu lassen. Dazu braucht es das Engagement vieler Menschen vor Ort. Menschen, die bereit sind, sich für die Bedürfnisse anderer Menschen weit über die Kirchentüren hinaus zu öffnen.
Wenn es gut läuft, arbeiten Kommune, Vereine und Kirchengemeinde gut vernetzt zusammen. Ich denke an eine Bestattung in der letzten Woche, die wir in Hemleben in dieser Kooperation organisiert haben, für jemanden der keine Angehörigen hat. Eine Trauerfeier ist etwas Großes in unserem Menschenleben. Groß - weil sie nicht wiederholbar ist. Groß - weil dieser Mensch einzigartig war. Groß - weil sich in diesem Fall die Dorfgemeinschaft um alles gekümmert hat. Es wurden Spenden in Höhe von etwa 500 Euro gesammelt, die Urne wird nach Hause, ins Dorf zurückgeholt, es wird ein Trauergottesdienst vorbereitet, die Menschen erinnern sich gemeinsam an die wichtigsten Stationen dieses Menschen und begleiten ihn zu seiner letzten Ruhestätte ganz in der Nähe vom Grab seiner Mutter. Ein Platz, wo bald auch eine Tafel mit seinem Namen stehen wird. Zum christlichen Selbstverständnis gehört es: Jeder und jede wird von Gott mit einem Namen ins Leben gerufen. Dieser Name ist wie der Mensch unverwechselbar einzigartig. Das macht seine Menschenwürde aus. Dieses Menschenbild ist biblisch verankert und so geben auch wir es heute wie einen Schatz an die nächsten Generationen weiter. Damit Mitgefühl und Barmherzigkeit uns leitet, ganz im Sinne der Jahreslosung: „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ 1. Kor 16,14
Es grüßt Sie herzlich
Pfarrerin Denise Scheel