Ausnahmsweise soll es heute gleich um zwei Straßennamen gehen, werden doch die Namen Aureus und Justinus als Stadtpatrone Heiligenstadts meist gemeinsam genannt: Es sind der Bischof Aureus und sein Diakon Justinus aus Mainz. Dr. Arno Wand aus Heiligenstadt, katholischer Geistlicher und Autor wissenschaftlicher Bücher, hat zur Geschichte der Aureus- und Justinusverehrung geforscht. Laut Zeittafel in seinem Werk erlitten Aureus (letzter Bischof aus römischer Zeit) und Justinus im Jahr 451 das Martyrium durch die Hunnen. Der Begriff Martyrium bedeutet schweres Leiden, das bis hin zum Tod führt, um der Überzeugung oder des Glaubens willen. Auf Grund seiner umfangreichen Forschungstätigkeit zweifelt der Autor am Wahrheitsgehalt von Legenden über die beiden Märtyrer und schreibt: „Mit großer Wahrscheinlichkeit ist Aureus 451 beim verheerenden Hunnenansturm unter Attila in Mainz ums Leben gekommen.“ Die Aureus- und Justinusverehrung, ihre Bedeutung für Heiligenstadt steht laut Dr. Wand außer Zweifel.
Entscheidend für die Forschung ist seines Erachtens die Übertragung der Reliquien von Aureus und Justinus (aus Fulda?, aus Mainz?) in das Kollegiatstift St. Martin (nach um 1000) = "Reliquientranslation". Weiter erläutert er, dass Reliquienbesitz im damaligen Frömmigkeitsleben sehr gefragt war, da sich die Menschen davon den Schutz der Heiligen versprachen. Das liturgische Fest der beiden Heiligen wurde zum wichtigsten Fest der städtischen Kommune; Aureus und Justinus gelten als die Stadtpatrone. „Der Ursprung des Stadtfestes ist begründet in der liturgischen Feier der beiden Stadtpatrone.“ Das Kollegiatstift auf dem Berg wurde aufgrund des Reliquienbesitzes zur Stätte der Heiligen. Schließlich wurde auch die Kommune zu "Heiligenstadt". Die Verehrung von Aureus und Justinus habe, so Dr. Wand, Stadtgeschichte bewirkt. „Im 19. Jahrhundert wurde diese Verehrung der Stadtpatrone Sache der katholischen Bürger.“
In der Handschriftensammlung der Universität Göttingen wird das sogenannte „Fuldaer Sakramentar“ aus dem ausgehenden 10. Jahrhundert aufbewahrt. Darin erwähnt wird „Sanctorum Aurei et Justini“ - der Festtag der beiden Heiligen am 16. Juni. Auf Aureus und Justinus bezogen ist im Buch „Die Kirchen im Eichsfeld“ zu lesen: In der katholischen Kirche St. Ägidien in Heiligenstadt befindet sich seit 1803 die Grabplatte mit der Darstellung der beiden Heiligen. Zuvor habe sie sich (angegeben sind die Jahreszahlen 1320/1330) in der Stiftskirche St. Martin (evangelische Kirche St. Martin) Heiligenstadt befunden. Hierzu die Erklärung Dr. Arno Wands: „Da die Stiftskirche St. Martin auf Beschluss der preußischen Regierung um 1802 evangelisch wurde, wurden Grabplatte und Reliquien der Heiligen nach St. Ägidien übertragen..“
Text: Christine Bose
(Quellen: Arno Wand, Heiligenstadt und seine Stadtpatrone - Die Geschichte der Aureus- und Justinusverehrung, Verlag F.W. Cordier Heiligenstadt, Erste Auflage 2001; Gespräch mit Dr. Arno Wand; Autorenkollektiv, Die Kirchen im Eichsfeld - Kirchen- und Kunstführer, Herausgeber: Verein für Eichsfeldische Heimatkunde e.V. und Heimatverein Goldene Mark (Untereichsfeld) e.V., Zweite, bearbeitete und erweiterte Auflage, Mecke Druck und Verlag Duderstadt 2011)