Bahnhof Hildburghausen 01-022 aus Sammlung Nickel
Liebe geschichtsinteressierte Leserinnen und Leser,
leider kann die Rubrik „Interessantes aus dem Landkreis vor 50 Jahren“ erst im Jahr 2026 fortgeführt werden, da das „Freie Wort“ Oktober bis Dezember 1975 in der Zeitungssammlung des Kreisarchives fehlt.
21.10.1925 „Ehrenberg, 19. Oktober. Abschlußfeier im Kindergarten. Im Enderschen Saale hatten sich gestern unsere kleinsten Leutchen, die Schulkinder, die Mitglieder des Frauenvereins und eine Anzahl Gemeindemitglieder versammelt, um, einer Abschlussfeier unseres Kindergartens beizuwohnen. Mit dem Gesang des Liedes: „Lobt froh den Herrn“ eröffneten die Schulkinder die Feier. Der Schriftführer des Frauenvereins begrüßte dann die Anwesenden und gab einen kurzen Überblick über die Geschichte unseres Kindergartens. Im Juni 1914 öffnete er zum ersten Male seine Pforten, um seine kleinen Pfleglinge in den Sommermonaten zu beschützen und zu behüten. Auch in den Kriegs- und Inflationsjahren hat er tapfer durchgehalten. Allerdings war das nur dadurch möglich, daß die Beiträge in Naturalien bezahlt werden mußten. 318 Kinder besuchten in den zwölf Jahren den Kindergarten, sodaß auf ein Jahr eine Durchschnittsbesuchszahl von 26 kommt. Das Jahr 1916 zeigte mit 34 Kindern den stärksten Besuch, während das Jahr 1923 mit 18 Kindern die schwächste Zahl aufzuweisen hat. Wieviel Sorge und Mühe den Müttern durch den Kindergarten in diesen zwölf Jahren abgenommen worden ist, können die Mütter selbst am besten ermessen.“
24.10.1925 „Verspätungen und kein Ende bei der Reichsbahn. Wer heutzutage gezwungen ist, viel zu reisen, und sei es auch nur auf kurzen Strecken, der wird mit Verwunderung und Ärger zugleich feststellen können, daß die einst sprichwörtliche Pünktlichkeit der Züge ein Märchen aus besseren Zeiten ist. Große Verspätungen sind heute fast zur Regel geworden. Und hält man dann Umfrage nach den wahrscheinlichen Ursachen der Unpünktlichkeiten, so wird dem staunenden Reisenden mitgeteilt, daß so und soviele Baustellen auf der Strecke seien, daß so und soviele Anschlußzüge, die auch mit Verspätung ankommen, abgewartet werden müssen oder daß Schwierigkeiten beim Umladen von Eilgütern oder Postpaketen bestanden hätten oder bestehen. Es hat gar keinen Zweck, sich hier über die möglichen Ursachen zu unterhalten. Aber im Interesse des reisenden Publikums und auch im ureigensten der Reichsbahn selbst hat diese die Pflicht, dem Mißstand abzuhelfen, den Ursachen der Verspätungen nachzuspüren und u.U. mit rücksichtsloser Härte darauf zu dringen, daß derartige Übel behoben werden. Das Publikum hat für sein teures Geld ein Recht darauf, pünktlich befördert zu werden.“
25.10.1925 „Hildburghausen, 24. Oktober. Gemeinderatssitzung. Nach längerer Pause trat gestern abend 6 Uhr der Gemeinderat zu einer öffentlichen Sitzung zusammen.“ Folgende Punkte wurden als erwähnenswert im Kreisblatt bekanntgegeben: „Das Gesuch der Frau Ingenieur Distler, einen weiteren Zuschuß für sechs Wochen zu genehmigen, wurde aus prinzipiellen Gründen abgelehnt. Das Stadttheater wird nur noch für Berufsschauspieler zur einmaligen Aufführung überlassen, nicht aber für Dilettanten zu Proben usw. Die Vereine müssen also Säle in der Stadt in Anspruch nehmen. Die Anlegung einer Wasserleitung in der Goldbach-Siedlung, die auf 2000M kommt wird genehmigt. Über die Beschäftigung auswärtiger Handwerker in der Stadt wird nach längerer Aussprache so abgestimmt, daß in erster Linie Einheimische herangezogen werden sollen. Eine Ausnahme wird für Herrn Wenzel gemacht, der unmittelbar an der Grenze der Stadt wohnt. Die Einstellung von zwei Nachtpolizeibeamten wird geregelt, sie sollen nach Gruppe 3 angestellt werden. Die Brot- und Milchabgabe an bedürftige Bewohner muß leider bis auf weiteres eingestellt werden, da die zur Verfügung stehenden Gelder aufgebraucht sind. Die Gehaltsfrage des pensionierten Seminarschuldieners Friedrich ist so geregelt, daß der Staat drei Viertel, die Stadt ein Viertel bezahlt. Die Fremdenwohnsteuer ist erledigt. Die Angelegenheit des Kleinkaliber-Schützenvereins wird zurückgestellt bis zur nächsten Regelung zwischen der Stadt und dem Ortsausschuß für Leibesübungen. Nach längerer Aussprache über einen Zuschuß zur Postautoverbindung nach Römhild und Rodach wird der Antrag Scheller angenommen, je 75M im Monat für jede Linie zuzuschießen. Die Fragen über den Stadtwald, Friedhof und Schlachthof werden nur angedeutet und sollen das nächste Mal behandelt werden. Die Bedürfnisfrage der Beckschen Wirtschaft in der Siedlung wird bejaht, die für die Bucht wird verneint.“
28.10.1925 „Hildburghausen, 27. Oktober. Hildburghäuser Allerlei. Nachdem nun auch die kirchliche Feier des Kirchweihfestes am letzten Sonntag hinter uns liegt und die weltlichen Vergnügen dieses althergebrachten Festes in den umliegenden Ortschaften so ziemlich ihr Ende erreicht haben, kann mitgeteilt werden, daß die Hildburghäuser auch in diesem Jahre zahlreich und mit Nachdruck den Kirmesfreuden obgelegen haben und es sich draußen in den Dörfern bei Bratwürsten, Bier und Tanz haben wohl sein lassen. Freilich Gänse- und Entenbraten haben in den Gastwirtschaften nicht den reißenden Absatz gefunden, wie das in der Vorkriegszeit der Fall war. Die allgemeine Geldknappheit macht sich eben überall fühlbar, und man kann schon eine ganze Anzahl „Eingeklemmte“ essen, ohne dafür so viel ausgeben zu müssen, wie für ein Gänseviertel. Aber im Allgemeinen werden die Wirte wohl alle auf ihre Rechnung gekommen sein. Drunten im Unterland, in der Gegend von Themar, feiert man die Kirmesen erst im November; wer bei uns noch nicht genug gefeiert hat, kann also in 14 Tagen da unten sich weiter vergnügen. - Außerordentlich regsam ist unsere Stadtverwaltung in der Ausbesserung der chaussierten Straßen innerhalb der Stadt. Seit Wochen sieht und hört man das Ungetüm der Limburger Dampfstraßenwalze, wie sie die aufgeschütteten Basaltsteinmassen in den Boden drückt. Nachdem im Sommer die vielumstrittene Bernhardstraße wieder hergestellt worden ist, kommen jetzt der Hirschplatz, die Rosengasse und die Charlottenstraße und einige Nebenstraßen an die Reihe. Die Ausgaben dafür sind sehr erheblich, aber die Instandsetzung der betr. Straßen war wohl auch notwendig.
Kei.