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Amtsblatt des Landkreises Hildburghausen
Ausgabe 18/2025
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Der Bereich Öffentlichkeitsarbeit informiert

Festwochenende „35 Jahre Grenzenlos“ - 3. bis 4. Oktober in Ummerstadt

Anfang Oktober war es endlich so weit: Die Landkreise Hildburghausen, Haßberge, Sonneberg, Coburg sowie die Stadt Coburg feierten bei strahlendem Herbstwetter ihr gemeinsames Einheitsfest unter dem Motto „35 Jahre Grenzenlos“. Gastgeber war die Bürgerstiftung Ummerstadt, die gemeinsam mit uns das Fest in sechsmonatiger, intensiver Planung vorbereitet hat.

Den feierlichen Auftakt bildete am Samstag um 10 Uhr der traditionelle Gottesdienst am Ummerstädter Kreuz - direkt an der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Sieben Geistliche aus verschiedenen Regionen gestalteten diesen bewegenden Moment gemeinsam. Rund 450 Besucherinnen und Besucher lauschten den Predigten von Regionalbischof Tobias Schüfer (Erfurt) und Regionalbischöfin Berthild Sachs (Bayreuth). Als Gastgeber des Gottesdienstes begrüßte Pfarrer Nikolaus Flämig aus Ummerstadt die Gäste. Im Anschluss wurden die Teilnehmenden mit Shuttle-Bussen in die Innenstadt und zum Festzelt gebracht.

Dort erwartete die Besucherinnen und Besucher ein vielfältiges Festprogramm mit zahlreichen Höhepunkten: Festredner Dr. Günther Beckstein, ein bunter Handwerkermarkt mit regionalen Ausstellern, Blaskapellen, DJs, Tanzgruppen und kulinarische Spezialitäten aus der Region sorgten für beste Unterhaltung. Rund 10.000 Gäste strömten in die kleinste Stadt Thüringens - auch dank der stark frequentierten, kostenlosen Shuttlebusse aus Coburg, Rodach und Hildburghausen.

Trotz Regens am zweiten Festtag blieb die Stimmung ungetrübt. Einige Programmpunkte wurden flexibel angepasst, Vorräte aufgestockt, und im Festzelt sorgten zünftige Blasmusik und leckeres Essen für eine gemütliche Atmosphäre. Den stimmungsvollen Abschluss bildete eine DJ-Party mit den größten Hits der 80er- und 90er-Jahre.

Unser besonderer Dank gilt der Bürgerstiftung Ummerstadt für die einwandfreie und verlässliche Zusammenarbeit. Ebenso danken wir allen Helferinnen und Helfern aus Thüringen und Bayern, die Hand in Hand mit großem Engagement und Herzblut zum Gelingen des Festes beigetragen haben. Dieses Miteinander über alle Grenzen hinweg war ein echtes Symbol für die Einheit, die wir gefeiert haben.

Für alle, denen es leider nicht möglich war, mit uns zu feiern, gibt es hier einen kleinen Einblick:

Einige Ausschnitte aus dem vorab geführten Interview mit unserem Festredner Dr. Günther Beckstein finden Sie im Anschluss.

Wie und wo haben Sie den 9. November 1989 erlebt?

Ich erinnere mich noch, wie wenn es gestern gewesen wäre. Ich war Innen-Staatssekretär bei Innenminister Dr. Edmund Stoiber. Der allerdings war auf Staatsbesuch in Ungarn. Da hat zum ersten und einzigen Mal unser Sondertelefon geläutet. Wir wurden mit dem Lagezentrum des Bundesinnenministeriums verbunden und bekamen mitgeteilt: Die Mauer in Berlin ist gefallen. Ich wollte sofort zur deutsch-deutschen Grenze und bin mit dem Hubschrauber an den Grenzübergang Rudolfstein bei Hof geflogen.

Was haben Sie dort erlebt?

Erst einmal konnte uns niemand sagen, wann die Grenze aufgemacht wird. Ein Gespräch mit dem Innenminister kam auch nicht zustande. Nach zwei Stunden ist ein hoher Offizier gekommen und hat uns erklärt, dass der Grenzübergang bald geöffnet wird. Ich bin dann an der Spitze einer schier unendlichen Schlange aus Trabis und Wartburgs mit einem Blaulicht-Fahrzeug Richtung Grenzübergang gefahren. Direkt an der Grenze haben wir dann angehalten und dem Fernsehen ein Interview gegeben. Es war ein unbeschreiblicher Moment.

Was hat die ersten Tage nach der Grenzöffnung geprägt?

Es hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet, dass überall selbst kleine Grenzübergänge geöffnet worden sind. Das hat niemand befohlen, die Menschen haben aus eigenem Antrieb heraus den Eisernen Vorhang weggeräumt. Ein kleiner Grenzübergang nach dem anderen ist geöffnet worden - weiß der Himmel, wie die das trotz aller Minen und gefährlicher Einrichtungen so schnell möglich gemacht haben. Da habe ich zu meinem Minister Edmund Stoiber gesagt: „Du musst da hoch fahren und Dir anschauen, wie sich die Welt verändert. Das darfst Du nicht nur in der Zeitung lesen - Du musst erleben, was in Franken los ist.“ Danach ist Edmund Stoiber drei Tage lang immer wieder hoch geflogen, weil das auch für ihn so beeindruckend war. So sehr, dass er den Kurs der Wiedervereinigung ganz entschieden unterstützt hat. Der amtierende Ministerpräsident Max Streibl war als Oberbayer da zurückhaltender…

Hatten Sie die Erwartung, dass nach der Grenzöffnung so schnell die Wiedervereinigung kommen wird?

Wir haben anfangs nicht damit gerechnet, dass es zur Wiedervereinigung kommen wird. Wir waren ja schon zutiefst dankbar, dass die Grenzen offen waren. Aber die Dynamik war spürbar. Aus „Wir sind das Volk“ wurde „Wir sind ein Volk.“ Es war eine unglaubliche Zeit. Helmut Kohl wird deshalb für mich als ganz großer Staatsmann in Erinnerung bleiben, weil er die Wiedervereinigung verwirklicht hat. Man darf nicht vergessen: Die Engländer und Franzosen waren dagegen; ein Deutschland erschien ihnen zu mächtig. Daraufhin hat er den amerikanischen Präsidenten George Bush dafür gewonnen, sich für die Wiedervereinigung einzusetzen und mit Gorbatschow ein persönliches Vertrauensverhältnis aufgebaut, so dass Russland den Weg zur Einheit Deutschlands frei machte. Helmut Kohl hat gewusst: Es muss mit der Wiedervereinigung schnell gehen. Wer weiß, wie lange die Zustimmung im Moskau hält.

Welche persönlichen Verbindungen haben Sie mit der ehemaligen Grenzregion?

Wir haben schon lange vor der Wende mit der Jungen Union und meinem Freund Jürgen W. Heike in Neustadt am 17. Juni den Tag der Deutschen Einheit gefeiert. Nach der Wende war das Coburger Land besonders im Zusammenwirken mit Sonneberg eine Pionier-Region. Aus meiner Sicht gibt es keine Region, in der so schnell grenzüberschreitend zusammengearbeitet wurde wie im südlichen Thüringen und im nördlichen Oberfranken. Hof und Plauen waren ebenfalls sehr aktiv, aber viele andere Regionen haben bei weitem nicht so viel Herzblut investiert wie das hier der Fall war.

Was wollen Sie den Menschen als Festredner am 3. Oktober mit auf den Weg geben?

Ich will den Menschen dieser Region sagen, dass sie in besonderer Weise Gestalter der deutschen Wiedervereinigung waren. Die Wiedervereinigung war nicht das Werk von ein paar Politikern in Bonn und Ost-Berlin. Sie war ein großes Projekt der Menschen vor Ort. Ich habe das im fränkischen und südthüringischen Raum intensiv bei vielen Veranstaltungen erlebt. Wenn hier kleine Grenzwege wiedereröffnet wurden, dann waren alle da: Bürgermeister, Vereine, die Musikkapellen - und die Feuerwehr sowieso. Aus den argwöhnisch dreinblickenden Volkspolizisten wurden nahbare Menschen, die begeistert mitgefeiert haben. Das bewegt mich heute noch mit tiefer Freude: Diese Feste, diese Begeisterung… Jede Eröffnung eines noch so kleinen Weges war ein Volksfest. Dass diese Begeisterung uns nicht ewig tragen wird, war allen klar. Aber wenn wir heute noch ein bisschen mehr von dem Geist dieser Zeit hätten, würden sich viele Probleme leichter lösen lassen.

Das komplette Interview finden Sie in der September Ausgabe des Landkreismagazins des Landkreises Coburg.