Vollzug der Verordnung (EU) 2016/429 (Tiergesundheitsrecht) sowie des Tiergesundheitsgesetzes; Anordnung der Aufstallung zum Schutz vor der Verschleppung der Geflügelpest
Tierseuchenbehördliche Allgemeinverfügung zum Schutz gegen die Geflügelpest bei Geflügel und gehaltenen Vögeln
Aufgrund der Feststellung des Ausbruches der Geflügelpest am 02.10.2025 und 06.10.2025 im Landkreis Greiz und des sich weiter verschärfenden Geflügelpestgeschehens bei Wildvögeln erlässt das Landratsamt Hildburghausen (Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt) folgende
| 1. | Es wird für alle Bestände mit Geflügel und anderen in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln | |
| a. | in dem in der Anlage ausgewiesenen ornithologischen Risikogebietes (Stausee Ratscher), mit den Ortschaften Heckengereuth und Oberrod, |
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| die Aufstallung zur Haltung in geschlossenen Ställen oder unter einer Vorrichtung, die aus einer überstehenden, nach oben gegen Einträge gesicherten dichten und einer gegen das Eindringen von Wildvögeln gesicherten Seitenbegrenzung bestehen muss, angeordnet. |
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| Für die unter a. angeführten Haltungen dürfen Netze oder Gitter zur Vermeidung des Kontaktes zu Wildvögeln genutzt werden, wenn sie als Abdeckung nach oben eine Maschenweite von nicht mehr als 25 mm aufweisen! |
| 2. | Alle Halter von Geflügel und anderen in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln im Landkreis Hildburghausen, die ihrer Pflicht zur Meldung des gehaltenen Geflügels bisher noch nicht nachgekommen sind, haben die Haltung unverzüglich beim Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt anzuzeigen. | |
| 3. | Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 wird angeordnet, soweit nicht bereits kraft Gesetzes die aufschiebende Wirkung aufgehoben ist. | |
| 4. | Diese Allgemeinverfügung wird auf der Internetseite des Landkreises Hildburghausen unter https://www.landkreis-hildburghausen.de/ verkündet und gilt damit als wirksam bekanntgegeben (Notbekanntgabe). Sie tritt am Tage nach ihrer Bekanntmachung in Kraft. | |
| Der vollständige Inhalt der Allgemeinverfügung kann neben der Internetseite auch zu den Geschäftszeiten in den Dienststellen des Landratsamtes Hildburghausen eingesehen werden. | |
| 5. | Für diese Allgemeinverfügung werden keine Kosten erhoben. | |
Begründung:
I.
Die Hochpathogene Aviäre Influenza (HPAI), auch Vogelgrippe oder Geflügelpest genannt, ist eine durch Viren ausgelöste Infektionskrankheit der Vögel. Alle Geflügelarten, aber auch viele Zier- und Wildvogelarten sind empfänglich für Influenzaviren der Vögel (aviäre Influenzaviren, AIV). Wildlebende Wasservögel sind die natürlichen Reservoire der AIV. Für den Menschen und auch für andere Säugetiere (z. B. Schweine, Marderartige, Katzen und Hunde) besteht ein Ansteckungsrisiko mit AIV nur bei sehr intensivem Kontakt mit infizierten Vögeln.
Al-Viren treten in zwei Varianten (gering oder hochpathogen) und verschiedenen Subtypen (H1-16 in Kombination mit N1-9) auf. Geringpathogene aviäre Influenzaviren (LPAIV) der Subtypen H5 und H7 verursachen bei Hausgeflügel, insbesondere bei Enten und Gänsen, kaum oder nur milde Krankheitssymptome. Allerdings können diese Viren spontan zu einer hochpathogenen Form (hochpathogene aviäre Influenzaviren, HPAIV) mutieren, die sich dann klinisch als Geflügelpest zeigt.
Geflügelpest ist für Hausgeflügel hochansteckend. Das klinische Bild ist variabel. Plötzlich auftretende und massenhaft rasch zum Tode führende Erkrankungen in Hühner- und Putenhaltungen sind hoch verdächtig für HPAIV. Ähnliche Krankheitsverläufe können auch bei Wildvögeln (vor allem bei Wasser- und Greifvögeln) auftreten. Enten und Gänse erkranken oftmals weniger schwer und die Infektion kann bei milden Verläufen sogar gänzlich übersehen werden. Niedrig pathogene AIV dagegen rufen regelmäßig nur milde Symptome hervor, können aber in Geflügelbeständen zu einem leichten Produktionsrückgang (Legetätigkeit bzw. tägliche Zunahmen bei Mastgeflügel) führen und andere Infektionen begünstigen.
Kranke Tiere scheiden den Erreger massenhaft mit dem Kot sowie mit Schleim oder Flüssigkeit aus Schnabel und Augen aus. Bei direktem Kontakt stecken sich andere Tiere durch Einatmen oder Aufpicken von virushaltigem Material an. Auch Eier, die von infizierten Tieren gelegt werden, können virushaltig sein. Infektionsquelle können ebenso kranke oder an Geflügelpest verendete Tiere sowie deren Ausscheidungen, insbesondere der Kot sein. Bei Ausbruch der Geflügelpest hat der Gesetzgeber daher unverzügliche Seuchenbekämpfungsmaßnahmen festgelegt.
Die Bekämpfung der Geflügelpest ist im EU-Recht in der Verordnung (EU) 2016/429 und Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 geregelt. Bei der Geflügelpest handelt es sich um eine bekämpfungspflichtige Seuche der Kategorie A nach Art. 5 Abs. 1 iv) i. V. m. Art. 9 Abs. 1 Buchst. a Verordnung (EU) 2016/429 i. V. m. Art. 1 Nr. 1 und Art. 2 i. V. m. dem Anhang der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882. Anzuwenden sind die vorgegebenen Seuchenbekämpfungsmaßnahmen.
Seit Anfang Oktober 2025 gab es im Landkreis Greiz vier Ausbrüche der HPAI in Geflügelhaltungen (v.a. Wassergeflügel). Der Eintrag der HPAI in diese Geflügelhaltungen ist mit hoher Wahrscheinlichkeit durch einen Kontakt zu Wildvögeln erfolgt. Das Geflügelpestgeschehen bei Wildvögeln ist derzeit sehr dynamisch. Seit dem 17.10.2025 verenden in Thüringen vor allem Kraniche in großer Zahl, hier insbesondere im Bereich des Stausees Kelbra. Betroffen hiervon sind neben dem Landkreis Mansfeld-Südharz in Sachsen-Anhalt auch die Landkreise Kyffhäuser und Nordhausen. Nachfolgend wurden weitere verendete Wildvögel in Thüringen gemeldet und an das Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz (TLV) zur Untersuchung eingesendet.
Zwischen dem 17.10.2025 bis zum 29.10.2025 ist vom TLV bei 45 dieser Tiere das Influenza-A Virus nachgewiesen worden. Das Nationale Referenzlabor (NRL) am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) hat den Nachweis des hochpathogenen Influenza-A Virus des Subtyps H5N1 derzeit bei 28 Wildvögeln (Tierarten: Kranich, Schwan, Kormoran) in den Landkreisen Eichsfeld, Kyffhäuser, Nordhausen, Sömmerda, Unstrut-Hainich und Wartburgkreis bestätigt.
Nach aktueller Einschätzung des FLI (Stand: 20.10.2025) ist das Risiko des Eintrags, der Aus- und Weiterverbreitung von HPAI H5-Viren in wildlebenden Wasservogelpopulationen innerhalb Deutschlands derzeit als „hoch" zu bewerten. Weiterhin wird das Risiko des Eintrages von HPAIV H5- Einträgen in deutsche Geflügelhaltungen und Vogelbestände in zoologischen Einrichtungen durch direkte und indirekte Kontakte zu Wildvögeln ebenfalls als „hoch" eingeschätzt. Oberste Priorität hat vor diesem Hintergrund der Schutz des Geflügels und anderen gehaltenen Vögeln vor einem Eintrag und der möglichen weiteren Verbreitung von HPAIV-Infektionen.
In der aktuellen Lage in Bezug auf HPAI muss jederzeit mit zusätzlichen Einträgen des Virus in Geflügelhaltungen durch den Kontakt zu Wildvögeln gerechnet werden.
II.
Das VLÜA Hildburghausen ist sachlich und örtlich für den Vollzug des europäischen Tiergesundheitsrechtes und der Geflügelpest-Verordnung zuständig. Die sachliche Zuständigkeit richtet sich nach den Vorgaben des § 1 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 3 ThürTierGesG. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 1 Abs. 1 ThürVwVfG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG.
Zu Nr. 1
Die Anordnung der Aufstallung unter Nr. 1. des Tenors erfolgt auf Grundlage des Art. 70 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 55 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung (EU) 2016/429 sowie § 13 Abs. 1 Geflügelpest-Verordnung in Verbindung mit einer Risikobewertung nach Maßgabe des § 13 Abs. 2 Geflügelpest-Verordnung. Nach Art. 70 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 55 Abs. 1 Buchst d der Verordnung (EU) 2016/429 ergreift die zuständige Behörde bei Verdacht des Auftretens von u. a. Geflügelpest bei Wildvögeln die erforderlichen Seuchenpräventions- und -bekämpfungsmaßnahmen, um eine Ausbreitung des Virus auf gehaltene Vögel und Geflügel zu verhindern.
Unter den Begriff Geflügel fallen nach der Definition in Art. 4 Nr. 9 der Verordnung (EU) 2016/429 alle Vögel die zum Zweck der Erzeugung von Fleisch, Konsumeiern, sonstigen Erzeugnissen, zur Wiederaufstockung von Wildbeständen und zur Zucht von Vögeln zu den vorgenannten Zwecken verwendet werden.
In Gefangenschaft gehaltene Vögel sind nach Art. 4 Nr. 10 der Verordnung (EU) 2016/429, Vögel die nicht Geflügel sind und aus anderen Gründen in Gefangenschaft gehalten werden, einschließlich derjenigen Vögel, die für Tierschauen, Wettflüge, Ausstellungen, Turnierkämpfe, zur Zucht oder zum Verkauf gehalten werden.
Aktuell wurden vier Ausbrüche bei Hausgeflügel Geflügel in Thüringen amtlich bestätigt. Daneben wurden mehrere Ausbrüche bei Wildvögeln in Thüringen festgestellt.
Primäreinträge in Geflügelbestände in Thüringen sind mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf Einträge aus der Wildvogelpopulation zurückzuführen. Ein Eintrag kann durch direkten Kontakt von gehaltenen Vögeln mit Wildvögeln oder über indirekte Kontakte erfolgen.
Eine Weiterverbreitung zwischen Geflügelbeständen wird in der Regel durch Tierhandel oder indirekt durch verunreinigte Fahrzeuge, Personen, Geräte, Verpackungsmaterialien oder Ähnliches verursacht.
Als eine Seuchenpräventionsmaßnahme ist gemäß Art. 55 Abs. 1 Buchst d der Verordnung (EU) 2016/429 die Isolierung von gehaltenen Tieren der für die Geflügelpest empfänglichen Arten anzuordnen, wenn dadurch der Kontakt zwischen Wildvögeln und gehaltenen Vögeln und Geflügel und damit eine weitere Ausbreitung in den Haustierbestand vermieden wird.
Als einzig wirksame „Isolierungsmaßnahme" im Sinne des. Art. 55 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung (EU) 2016/429 ist die Anordnung der Aufstallung von gehaltenen Vögeln und Geflügel im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 der Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest (Geflügelpest-Verordnung) anzusehen. § 13 Abs. 1. S. 1 Geflügelpestverordnung konkretisiert dahingehend die Seuchenpräventionsmaßnahme „Isolierung" mit dem Ziel, Kontakt von Wildvögeln zu gehaltenen Vögeln und Geflügel zu verhindern.
Voraussetzung für die Anordnung der Aufstallung ist, dass sie zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung des Seuchenerregers angezeigt ist. Erforderlich ist daher die Durchführung einer Risikobeurteilung, in der u. a. die örtlichen Gegebenheiten, das sonstige Vorkommen oder Verhalten von Wildvögeln, die Geflügeldichte, der Verdacht oder Ausbruch auf Geflügelpest im eigenen oder angrenzenden Kreis, weitere Tatsachen zur Abschätzung der Gefährdungslage sowie die Risikobewertung des Friedrich-Loeffler-Instituts berücksichtigt werden.
Die Festlegungen zur räumlichen Ausdehnung der Aufstallungsanordnung basiert gern. § 13 Abs. 2 Geflügelpest-Verordnung auf einer durchgeführten Risikobewertung zur Vermeidung der Einschleppung oder Verschleppung der Geflügelpest durch Wildvögel. In dieser Risikobewertung wurden die örtlichen Gegebenheiten einschließlich der Nähe zu einem Gebiet, in dem sich wildlebende Wat- und Wasservögel sammeln, rasten oder brüten sowie weitere Tatsachen berücksichtigt, soweit diese für eine hinreichende Abschätzung der Gefährdungslage unter Berücksichtigung der aktuell sich entwickelnden Tierseuchenlage erforderlich sind. Die in Thüringen bestehenden Risikogebieten in Bezug auf Wildvögel (mit Stand 07.10.2025) sind bei der Risikobewertung berücksichtigt worden.
Bei der Geflügelpest handelt es sich um eine hochansteckende, anzeigepflichtige Viruserkrankung beim Geflügel, deren Ausbruch immense wirtschaftliche -Folgen für- alle Geflügelhalter, Schlachtstätten und verarbeitende Industrien haben kann.
In der aktuellen Risikoeinschätzung des FLI vom 20.10.2025 wird das Risiko des Eintrags, der Aus- und Weiterverbreitung von HPAI H5-Viren in wildlebenden Wasservogelpopulationen innerhalb Deutschlands derzeit als „hoch" bewertet. Weiterhin wird das Risiko des Eintrages von HPAIV H5- Einträgen in deutsche Geflügelhaltungen und Vogelbestände in zoologischen Einrichtungen durch direkte und indirekte Kontakte zu Wildvögeln ebenfalls als „hoch" eingeschätzt. Die Aufstallung von Geflügel und anderen gehaltenen Vögeln ist deshalb mindestens in den ausgewiesenen ornithologischen Risikogebieten in ganz Thüringen notwendig.
Wildvögel stellen ein Reservoir für aviäre Influenzaviren dar, umso mehr, als dass diese auch infiziert sein können, ohne deutliche klinische Symptome zu zeigen, aber trotzdem die Erreger ausscheiden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist es daher unbedingt erforderlich, Kontakte zu Wildvögeln direkter und mittelbarer Art zu minimieren. Geflügel in Freilandhaltungen hat natürlicherweise weitaus größere Kontaktmöglichkeiten mit diversen Umweltfaktoren im Vergleich zu ausschließlich im Stall gehaltenen Tieren.
Aufgrund dieser Sachlage ist die Isolierung der Hausgeflügelbestände in Form der Aufstallung angezeigt. Die Maßnahme ist geeignet den Zweck, hier die Verhinderung einer Infektion von Hausgeflügel, zu erreichen. Die Aufstallung ist erforderlich, da kein anderes, milderes Mittel zur Verfügung steht, welches gleichermaßen geeignet wäre. Die Anordnung ist auch angemessen, da die vorrangig wirtschaftlichen Nachteile, die der einzelne betroffene Tierhalter durch die Aufstallung hinzunehmen hat, im Vergleich zum gesamtwirtschaftlichen Schaden, der bereits durch einen Geflügelpestausbruch für die gesamte Thüringer Geflügel- und Lebensmittelwirtschaft entsteht, zurückstehen müssen. Insoweit überwiegt das öffentliche Interesse die privaten Interessen.
Zu Nr. 2
Nach Art. 84 der Verordnung (EU) Nr. 2016/429 hat jeder der u.a. Hühner, Enten, Gänse, Fasane, Perlhühner, Rebhühner, Tauben, Truthühner, Wachteln oder Laufvögel hält („Geflügel i.S. des Art. 4 Nr. 9 und „in Gefangenschaft gehaltene Vögel" i.S. des Art. 4 Nr. 10 der genannten Verordnung) hält, dies der zuständigen Behörde vor Beginn der Tätigkeit unter Angabe seines Namens und seiner Anschrift, des Betriebsstandortes, der Kategorien und Anzahl der gehaltenen Tiere bezogen auf die jeweilige Tierart mitzuteilen.
Zu Nr. 3
Nach § 37 TierGesG hat die Anfechtung der Anordnung einer Absonderung von verdächtigen Tieren keine aufschiebende Wirkung. Nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO kann die sofortige Vollziehung für sonstige Anordnungen im besonderen öffentlichen Interesse angeordnet werden.
Diese Voraussetzung liegt hier vor, da die Ausbreitung der Geflügelpest und somit die Gefahr von tiergesundheitlichen wie auch wirtschaftlichen Folgen sofort unterbunden werden muss. Es besteht ein besonderes öffentliches Interesse daran, dass der Kontakt zwischen gehaltenen und wild lebenden Tieren umgehend und soweit als möglich verhindert wird.
Käme es hierbei zu einer zeitlichen Verzögerung durch Rechtsmittel mit aufschiebender Wirkung, würde die Verbreitung der Geflügelpest begünstigt werden. Dadurch würden den betroffenen empfänglichen Tieren erhebliche, letztlich vermeidbare Leiden und Schäden sowie den Halterinnen und Haltern erhebliche wirtschaftliche Schäden zugefügt werden.
Im Interesse einer effektiven Tierseuchenbekämpfung überwiegt das besondere öffentliche Interesse daran, dass auch während eines Rechtsmittelverfahrens die erforderlichen Seuchenbekämpfungsmaßnahmen durchgeführt werden können. Die Maßnahmen dienen dem Schutz sehr hoher Rechtsgüter. Die Gefahr der Weiterverbreitung der Seuche und der damit verbundene wirtschaftliche Schaden sind höher einzuschätzen als persönliche Interessen an der aufschiebenden Wirkung als Folge eines eingelegten Rechtsbehelfs.
Zu Nr. 4
Die öffentliche Bekanntgabe der Allgemeinverfügung erfolgt auf der Grundlage des § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 ThürVwVfG i.V.m. § 41 Abs. 3 und 4 VwVfG i. V. m. § 2 Abs. 5 ThürTierGesG.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 ThürVwVfG i. V. m. § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG setzt die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts dessen Bekanntgabe voraus. Ein Verwaltungsakt darf nach § 1 Abs. 1 Satz 1 ThürVwVfG i. V. m. § 41 Abs. 3 Satz 1 VwVfG öffentlich bekannt gemacht werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen wird. Eine solche Regelung trifft § 2 Abs. 5 ThürTierGesG.
Danach dürfen tierseuchenrechtliche Allgemeinverfügungen öffentlich bekannt gemacht werden.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Adressatenkreis so groß ist, dass er, bezogen auf Zeit und Zweck der Regelung, vernünftigerweise nicht in Form einer Einzelbekanntgabe angesprochen werden kann.
§ 2 Abs. 5 Satz 2 ThürTierGesG bestimmt, dass bei Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder Tiere oder für nicht unerhebliche Vermögenswerte - abweichend von § 1 Abs. 1 Satz 1 ThürVwVfG i. V. m. § 41 Abs. 4 VwVfG - die öffentliche Bekanntgabe durch eine Bekanntgabe über Rundfunk, Fernsehen, Lautsprecher, elektronische Medien oder in anderer geeigneter Weise bewirkt werden kann (Notbekanntgabe). Die Allgemeinverfügung gilt dann mit dieser Notbekanntgabe als wirksam bekannt gegeben (§ 2 Abs. 5 Satz 3 ThürTierGesG). Dies korrespondiert mit § 1 Abs. 1 Satz 2 ThürVwVfG, wonach Rechtsvorschriften des Landes im dort genannten Umfang abweichende Bestimmungen treffen können.
Nach § 54 Nr. 3 Buchst. b des Thüringer Ordnungsbehördengesetzes liegt eine gegenwärtige Gefahr vor, wenn das schädigende Ereignis bereits begonnen hat oder unmittelbar mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht. In diesem Sinne liegt für das Leben bzw. die Gesundheit von Geflügel sowie nicht unerhebliche Vermögenswerte infolge des Ausbruches der Geflügelpest in Thüringen eine solche Gefahr vor; dies erfordert eine schnellstmögliche wirksame Bekanntgabe vorliegend angeordneten Maßnahmen.
Die Notbekanntgabe im Sinne des § 2 Abs. 5 Satz 2 ThürTierGesG erfolgt aufgrund der Eilbedürftigkeit der Regelungen, mit Blick auf den Ausbruch der Geflügelpest über elektronische Medien, hier auf der Internetseite des Landratsamtes Hildburghausen unter der Adresse https://www.landkreis-hildburghausen.de/. Damit ist zugleich die Verpflichtung aus § 1 Abs. 1 Satz 1 ThürVwVfG i. V. m. § 27a Abs. 1 VwVfG zur Veröffentlichung auf einer Internetseite der Behörde Rechnung getragen.
Der vollständige Inhalt der Allgemeinverfügung kann in den oben genannten Dienststellen des Landratsamtes zu den üblichen Geschäftszeiten eingesehen werden (vgl. Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss vom 28. März 2017 - 1 B 28/17 -, Rn. 10, juris).
Von einer Anhörung wurde gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG abgesehen. Im Rahmen der Ermessensentscheidung war zu berücksichtigen, dass bei der vorliegenden Sachlage die Anhörung der Betroffenen nicht zu einer anderen Beurteilung der Dinge geführt hätte.
Zu Nr. 5
Diese Allgemeinverfügung ist nicht verwaltungskostenpflichtig, da es sich nicht um eine individuell zurechenbare öffentliche Leistung im Sinne des § 1 Abs. 7 ThürVwKostG handelt.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden.
Der Widerspruch ist beim Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt Hildburghausen, Wiesenstraße 18, 98646 Hildburghausen einzulegen.
Hildburghausen, den 04.11.2025
Im Auftrag
Dr. Abele
Kreisveterinäroberrat
Anlage
Karte ornithologisches Risikogebiet (Stausee Ratscher), mit den Ortschaften Heckengereuth und Oberrod
Rechtsgrundlagen:
| - | Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit („Tiergesundheitsrecht") in der Fassung vom 21.04.2021 |
| - | Delegierte Verordnung (EU) 2020/687 der Kommission vom 17. Dezember 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich Vorschriften für die Prävention und Bekämpfung bestimmter gelisteter Seuchen in der Fassung vom 03.05.2023 |
| - | Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882 der Kommission vom 3. Dezember 2018 über die Anwendung bestimmter Bestimmungen zur Seuchenprävention und -bekämpfung auf Kategorien gelisteter Seuchen und zur Erstellung einer Liste von Arten und Artengruppen, die ein erhebliches Risiko für die Ausbreitung dieser gelisteten Seuchen darstellen, in der Fassung vom 01.02.2024 |
| - | Tiergesundheitsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. November 2018 (BGBl. I S. 1938), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 21. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2852) geändert worden ist Verwaltungsverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 15. Juli 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 236) geändert worden ist |
| - | Thüringer Ausführungsgesetz zum Tiergesundheitsgesetz (Thüringer Tiergesundheitsgesetz - ThürTierGesG-) in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. März 2010 in der jeweils gültigen Fassung |
| - | Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz (ThürVwVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 2024 |
Hinweise:
| 1. | Anzeigepflicht: Jeder Verdacht der Erkrankung auf Geflügelpest ist dem Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt Hildburghausen unverzüglich anzuzeigen, vgl. § 4 Tiergesundheitsgesetz. |
| 2. | Ordnungswidrigkeiten: Wer vorsätzlich oder fahrlässig den Vorschriften zur Bekämpfung der Geflügelpest zuwiderhandelt, handelt ordnungswidrig. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 30.000 Euro geahndet werden, vgl. § 32 Abs. 2 Nr. 4 TierGesG. |