Landrätin Petra Enders mit Isa Hennig, Gleichstellungsbeauftragte Ilm-Kreis, und Nadja Sthamer, Landesgleichstellungsbeauftragte sowie Vertretern von Polizei und Netzwerken zum Fachtag gegen Gewalt am 20. November vor dem Parkcafé in Ilmenau.
Svenja Beck aus Hessen berichtet aus ihrem eigenen Leben.
Femizide in Deutschland - ein gesamtgesellschaftliches Problem
Rote Schuhe als stummes Mahnmal säumten den Weg zum Ilmenauer Parkcafé am 20. November 2025. Aufgestellt hat sie Isabell Hennig, Gleichstellungsbeauftragte des Ilm-Kreises. Die roten Schuhe stehen für die vielen Frauen, die von Gewalt betroffen sind. Anlass war der 1. Fachtag gegen Gewalt, der vom Ilm-Kreis organisiert wurde und viele Besucher zog - nicht nur Vertreter von Netzwerkpartnern und andere Gleichstellungsbeauftragte, sondern auch Betroffene. Der Fachtag war gleichzeitig der Start der landesweiten Kampagne „Und wenn ich jetzt handle, rette ich mich selbst“, die von allen Gleichstellungsbeauftragten der Thüringer Kommunen und Landkreise getragen wird, um auf die häusliche Gewalt gegen Frauen aufmerksam zu machen.
Betroffene Stille herrschte, als Svenja Beck vom T.o.B.e. e.V. aus Hessen ihre eigenen Erfahrungen schilderte. Fünf Jahre lang lebte sie in einer toxisch-narzistischen Beziehung, die sie alle Kraft kostete, und überlebte zwei Mordversuche durch ihren damaligen Partner. Aus eigenem Erleben weiß sie, wie schwer es ist, sich zu lösen, den Mut aufzubringen, sich zu trennen und wieder Vertrauen in sich selbst zu entwickeln. Heute gibt sie ihre Erfahrungen in dem von ihr gegründeten Verein weiter, hilft betroffenen Frauen, referiert deutschlandweit und ist immer wieder auch im Fernsehen zu sehen. „Es kann jede treffen. Ich habe immer gedacht, das würde mir nie passieren. Und doch wurde ich eines Besseren belehrt, ich fühlte mich wie ausradiert“, sagt sie und erzählt, wie schwer es ist, wieder ein Selbstwertgefühl zu entwickeln, um dem Teufelskreis zu entkommen. Sie betont: „Der Weg zur Heilung ist das Erkennen des Ganzen.“ In dem Buch „Unglaublich, aber wahr. Auch wir haben es erlebt“ schildert sie gemeinsam mit anderen betroffenen Frauen, wie sie in die Spirale aus Gewalt und Abhängigkeit rutschte und sich schließlich daraus befreite.
Wie wichtig die Unterstützung von Gesundheitsfachkräften für Betroffene von häuslicher Gewalt ist, machte Angelika May vom SIGNAL e. V. aus Berlin deutlich. Die pensionierte Ärztin stellte Handlungsleitlinien vor, wie Mitarbeiter in Notaufnahmen Kontakt zu Betroffenen aufbauen und sie zum Reden ermuntern können, um Hilfe anzubieten. „Die Bereitschaft gefragt zu werden, ist höher als die Bereitschaft zu fragen“, appellierte sie eindringlich. Der Verein hat Handlungsanweisungen entwickelt, wie Ärzte, Pflegekräfte und auch Hebammen reagieren und eine vertrauensvolle Situation im Umgang mit Betroffenen entwickeln können. Sie warb um Verständnis und sensibilisierte für einen Perspektivwechsel: „Stellen Sie sich vor, Sie müssten über etwas sprechen, das Sie mit tiefer Scham erfüllt. Würden Sie es tun?“
Über die Arbeit des Projekts A 4 zur Beratung von Männern, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, referierte David Reum aus Jena. Viele Betroffene kommen aus ganz Thüringen nach Jena, um sich Unterstützung zu holen, denn Gewalt in Partnerschaft oder engen Beziehungen kann auch Männer treffen.
Über die Bedeutsamkeit des Kinderschutzes bei häuslicher Gewalt informierte im Anschluss Alexandra Geyersbach vom Jugendamt des Ilm-Kreises.
Unterstützung für Betroffene gibt es über die Beauftragte für Gleichstellung im Ilm-Kreis: Telefon 03628 738-108, E-Mail: gfb@ilm-kreis.de. Darüber hinaus gibt es das Hilfetelefon gegen Gewalt an Frauen unter der Nummer 116 016, das rund um die Uhr ein bundesweites Beratungsangebot für Frauen anbietet, die Gewalt erfahren haben oder noch erleben. Die Beratung kann telefonisch, per Online-Chat oder E-Mail erfolgen und ist für alle Nationalitäten sowie Menschen mit und ohne Behinderung zugänglich.