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Amtsblatt des Ilm-Kreises
Ausgabe 2/2025
Amtlicher Teil
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Amtlicher Teil



Verwaltungsvorschrift des Ilm-Kreises zur Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) - Unterkunftsrichtlinie Ilm-Kreis - vom 01. September 2014 in der Fassung der 7. Änderung vom 19.11.2024

1. Allgemeines und Rechtsgrundlagen

Der Ilm-Kreis ist gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) i. V. m. § 1 und § 7 Abs. 1 Thüringer Gesetz zur Ausführung des SGB II (ThürAGSGB II) Träger der Bedarfe für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende und gemäß § 3 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) i. V. m. § 1 und § 3 Thüringer Gesetz zur Ausführung des SGB XII (ThürAGSGB XII) örtlicher Träger der Sozialhilfe im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt und der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.

Die Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden jeweils in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen übernommen, soweit sie angemessen sind (§ 22 Abs. 1 SGB II, § 35 Abs. 1 und 4 SGB XII).

2. Kosten der Unterkunft

Welche Aufwendungen für Unterkunftskosten im Einzelfall angemessen sind, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts grundsätzlich nach der sogenannten Produkttheorie zu bemessen. Danach ist der Betrag der angemessenen Unterkunftskosten aus der für den Leistungsempfänger abstrakt angemessenen Wohnungsgröße (1. Faktor) und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Quadratmeterpreis (2. Faktor) für Grundmiete und Betriebskosten (ohne Heizung und Warmwasser, sogenannte kalte Betriebskosten) zu errechnen. Dabei müssen nicht beide Faktoren jeweils für sich betrachtet angemessen sein, vielmehr muss das Produkt aus Wohnungsgröße (Quadratmeterzahl) und Standard (Quadratmeterpreis) eine insgesamt angemessene Wohnungsmiete ergeben.

Es kann auch eine größere oder kleinere Wohnfläche bewohnt werden, solange das maximal angemessene Produkt (Brutto-Kaltmiete) nicht überschritten wird.

3. Herleitung der Angemessenheitswerte

Die Herleitung der angemessene Mietobergrenze erfolgte gemäß den Anforderungen der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf der Grundlage eines schlüssigen Konzeptes. Die hierauf beruhende Verwaltungsrichtlinie des Ilm-Kreises trat zum 01.09.2014 in Kraft und wurde durch 6 Änderungen jeweils den aktuellen Gegebenheiten am Mietwohnungsmarkt angepasst. Die Verwaltungsrichtlinie trat in ihrer aktuellen Fassung der 6. Änderung vom 01. November 2022 in Kraft (FSR-Ausschuss Kreistag, Beschluss-Nr. 055-22/27/FSR vom 15.11.2022).

Nach der Rechtsprechung ist zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen. Demzufolge ist in Thüringen auf die Wohnraumgrößen aus der „Richtlinie für die Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus in besonderen Gebietskulissen zur Innenstadtstabilisierung im Freistaat Thüringen für das Programmjahr 2021 {Innenstadtstabilisierungsprogramm - ISSP}“ (ThürStA Nr. 21/2021) in der Fassung der „Zweiten Verwaltungsvorschrift zur Änderung der „Richtlinie für die Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus in besonderen Gebietskulissen zur Innenstadtstabilisierung im Freistaat Thüringen für das Programmjahr 2021 (Innenstadtstabilisierungsprogramm - ISSP)“ (ThürStA Nr. 30/2022) abzustellen. Hiervon weicht der Ilm-Kreis im Bereich der Wohnungen für 1 Person ab, um dem betroffenen Personenkreis einen größeren Bereich des vorhandenen Wohnungsmarktes zugänglich zu machen. Es wird dabei den tatsächlich am örtlichen Wohnungsmarkt vorgehaltenen Wohnungsgrößen Rechnung getragen.

Tabelle 1: Angemessene Wohnfläche

Auch zum jetzigen Zeitpunkt haben der Gesetzgeber und die höchstrichterliche Rechtsprechung für die Aktualisierung der Angemessenheitswerte weder eine Methode noch entsprechende Zeitabstände vorgegeben. Der Ilm-Kreis hat bisher, in Anlehnung an die gesetzlichen Regelungen zu einem qualifizierten Mietspiegel (§ 558d BGB), alle zwei Jahre die Richtlinie angepasst, wobei in jedem 4. Jahr die der Bemessung zugrunde liegenden Mietdaten neu erhoben wurden.

Insbesondere bei der Datenerhebung führt dies aufgrund des Inkrafttretens der Regelungen der DSGVO zu erheblichen Problemen, so dass die Mindestanforderungen an den Datenbestand nicht mehr rechtskonform erreicht werden können.

Unter Rückgriff auf eine stetige höchstrichterliche Rechtsprechung[1] und um eine periodische Anpassung der Angemessenheitswerte zu ermöglichen, welche sich auf eine gesetzliche Grundlage stützt, werden die Angemessenheitswerte nunmehr an die Werte des Wohngeldgesetzes (§ 12 WoGG) in seiner zum Beurteilungszeitraum jeweils geltenden Fassung angepasst.

Die Neubestimmung der Vergleichsräume vom 01.03.2020 wird durch die Mietstufen des WoGG ersetzt. Soweit die zu einem Kreis gehörenden Gemeinden in den Tabellen[2] zur Mietstufe nicht gesondert aufgeführt sind, gilt die Mietenstufe des Ilm-Kreis für diese Gemeinden. Die Mietstufe des Ilm-Kreises beträgt I (Eins). Lediglich die Gemeinden Arnstadt, Stadt und Ilmenau, Stadt sind der Mietenstufe II (Zwei) zugeordnet.

Mietenstufen der Gemeinden nach Ländern ab 1. Januar 2023

Soweit die zu einem Kreis gehörenden Gemeinden in den Tabellen nicht gesondert aufgeführt sind, gilt die Mietenstufe des Kreises für diese Gemeinden.

Zu Grunde liegen Daten der Wohngeldstatistik zum 31. Dezember 2019 und 31. Dezember 2020 einschließlich der bis zum 31. März 2021 erfolgten rückwirkenden Bewilligungen.

Relevanter Gebietsstand ist der 31. März 2021, der für die 10 000-Einwohner-Schwelle relevante Stichtag der Bevölkerung ist der 30. September 2020.

Land: Thüringen

Gemeinde

Mietenstufe

Arnstadt, Stadt

II

Ilmenau, Stadt

II

Kreis

Mietenstufe

Ilm-Kreis

I

Quelle:https://www.bmwsb.bund.de/SharedDocs/downloads/Webs/BMWSB/DE/veroeffentlichungen/wohnen/wohngeld-2023/mietstufen-2023.pdf?__blob=publicationFile&v=4#:~:text=Mietenstufen%20der%20Gemeinden%20nach%20L%C3%A4ndern

Mit Inkrafttreten des Wohngeld-Plus-Gesetz (WoGPlusG, BGBl. I S. 2160, Geltung ab 01.01.2023) wurde in § 43 Absatz 1 WoGG eine regelmäßige Dynamisierung der der Berechnung des Wohngelds zugrunde liegenden Werte festgeschrieben. Die Dynamisierung des Wohngelds im Zwei-Jahres-Rhythmus garantiert eine Anpassung des Wohngelds an die Preis- und Mietpreisentwicklung und stellt sicher, dass die Entlastungswirkung der Sozialleistung auch bei veränderten nominalen Rahmenbedingungen erhalten bleibt. Dieser Dynamisierung unterwirft sich der Ilm-Kreis im Rahmen seiner Unterkunftskosten-Richtlinie.

Als angemessene Kosten der Unterkunft werden für den Ilm-Kreis folgende Werte festgesetzt:

Sollte die gesetzlich vorgeschrieben Dynamisierung ausbleiben, wird der Ilm-Kreis im Rahmen der Orientierung an den Regelungen des qualifizierten Mietspiegels (§ 558d BGB) zum gesetzlich vorgesehenen Zeitpunkt eine Index-basierte Fortschreibung der Angemessenheitswerte vornehmen. Diese sehen nach Ablauf von zwei Jahren eine Fortschreibung der bestehenden Regelungen auf der Basis der Entwicklung des Preisindex der Lebenserhaltungskosten vor.

4. Heizkosten

(1)

Heizkosten werden in tatsächlicher Höhe erbracht, soweit sie angemessen sind und nicht durch unwirtschaftliches Heizverhalten verursacht werden. Hierbei wird nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes auf die Werte des bundesweiten Heizspiegels (Obergrenzen der Spalte „bei erhöhtem Verbrauch“) in der jeweils geltenden Fassung zurückgegriffen (www.heizspiegel.de ).

(2)

Machen Leistungsberechtigte einen Heizkostenbedarf geltend, der die Werte des bundesweiten Heizspiegel übersteigt, haben die Leistungsberechtigten plausibel und nachvollziehbar darzulegen, warum der geltend gemachte höhere Betrag als angemessen anzusehen und nicht auf unwirtschaftliches Heizverhalten zurückzuführen ist. Die Beurteilung der tatsachlichen Angemessenheit der Heizkosten erfolgt in diesen Fällen durch Einzelfallentscheidungen.

5. Besondere Bedarfe für die Unterkunft, Sonstige Festlegungen

Einen besonderen Bedarf für die Unterkunft haben Personen, die wegen einer Behinderung (§ 2 Abs. 1 SGB IX) einen erhöhten Raumbedarf haben. Das kann unter anderem der Fall sein, wenn mit Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen aG oder die ärztliche Verordnung eines Rollstuhls/Rollators nachgewiesen wird. Behinderungsbedingt werden als erhöhter Raumbedarf zu den angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft (siehe Tabelle 1) bis zu 15 m² zusätzlich anerkannt, die Wohnflächenhöchstgrenze der nächstgrößeren Wohnungskategorie soll jedoch nicht überschritten werden (z. B. 1 Personen-BG - bis zu 60 m² angemessene Wohnfläche).

Die Angemessenheit der Unterkunftskosten für Eigentümer von selbstbewohnten Eigenheimen und Eigentumswohnungen wird nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts an den Kosten bemessen, die für Mietwohnungen angemessen sind, so dass für Eigentümer die vorliegenden Richtwerte ebenfalls anzuwenden sind.

6. Einzelfallentscheidungen

Bei der Angemessenheitsprüfung ist immer der Besonderheit des Einzelfalls Rechnung zu tragen (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II, § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII). Abweichungen von den Richtwerten für angemessene Unterkunftskosten und Heizkosten können damit gerechtfertigt sein (konkrete bzw. individuelle Angemessenheitsprüfung).

7. Inkrafttreten

(1)

Diese Unterkunftsrichtlinie Ilm-Kreis in der Fassung der 7. Änderung tritt ab dem 01. Dezember 2024 rückwirkend zum Stichtag am 01.Oktober 2024 in Kraft.

(2)

Damit tritt die 6. Änderung vom 01. November 2022, veröffentlicht im Amtsblatt des Ilm-Kreises Nr. 10/2022 vom 06. Dezember 2022 der Unterkunftsrichtlinie Ilm-Kreis vom 01. September 2014, veröffentlicht im Amtsblatt des Ilm-Kreises Nr. 12/2014 vom 09. September 2014, außer Kraft.

Arnstadt, den 20.11.2025

gez. Petra Enders

Landrätin

[1]

Par ex.: BSG B 4 AS 44/14 R m.w.N..

[2]

https://www.bmwsb.bund.de/SharedDocs/downloads/Webs/BMWSB/DE/veroeffentlichungen/wohnen/wohngeld-2023/mietstufen-2023.pdf?__blob=publicationFile&v=4#:~:text=Mietenstufen%20der%20Gemeinden%20nach%20L%C3%A4ndern

[3]

BGBl. I Nr. 314 2024.