„So wurde das tapfere Sterben der jungen Menschen, die gegen die Phrase und die Lüge die Reinheit der Gesinnung und den Mut zur Wahrheit setzten, im Auslöschen ihres Lebens zu einem Sieg.[…] Und darum gehören ihrem Gedächtnis Dank und Ehrfurcht.“
Dies richtete Theodor Heuss zur Gedächtnisfeier am 22. Februar 1953 an die Berliner und Münchner Studenten. Und es ist auch der Grund, warum wir an unserer Schule den 22.2. zum Gedenken an die Geschwister Scholl und ihre Widerstandsbewegung in Ehren halten und jährlich eine Veranstaltung organisieren, um über ihre Geschichte zu informieren. In diesem Jahr waren einige Schüler der Klasse 10c mit der Ausgestaltung betraut und wurden dabei tatkräftig von Frau Renger, der stellvertretenden Schulleiterin, unterstützt. Am passenden Ort, nämlich vor den Portraits von Hans und Sophie Scholl, blickten Schüler, Lehrer und auch Gäste gemeinsam zurück auf die Geschehnisse und riefen diese durch verschiedene Beiträge in Erinnerung.
Nach einem Klavierstück, gespielt von Richard Krüger, begrüßte Joceline Voit die Anwesenden und leitete ein Gespräch ein, das sich aus dem Wechsel von Fragen und Antworten über die Geschichte der Geschwister Scholl und der Weißen Rose zusammensetzte. Sie erzählten davon, wie Hans und Sophie, die erst so begeistert vom nationalsozialistischen Gemeinschaftsideal gewesen waren, sich voller Ernüchterung und kritischer Distanz vom Nationalsozialismus abwandten, da ihnen unverständlich war, wie man moralisch und politisch so tief sinken konnte, dass man einen derart unverantwortlichen Krieg führte und sowohl Bücher als auch Menschen hat verbrennen lassen.
Sechs Flugblätter, in denen dazu aufgerufen wurde, Widerstand gegen die Hitler-Diktatur zu leisten, hatte die Weiße Rose bereits entworfen, als Hans und Sophie beim Austeilen in der Universität aufgegriffen und bei der Gestapo denunziert wurden. Wegen „landesverräterischer Feindbegünstigung, Vorbereitung zum Hochverrat und Wehrkraftzersetzung“ wurden die beiden sowie Christoph Probst am 22.2.1943, später auch Alexander Schmorell, Willi Graf und Professor Kurt Huber zum Tode verurteilt. Bis zum Schluss zeigten die Geschwister keine Reue und Hans rief sogar kurz vor seiner Hinrichtung noch: „Es lebe die Freiheit!“
Am Ende des Gesprächs leiteten die Schüler die Bedeutung der Taten der Geschwister Scholl für sich und die heutige Gesellschaft ab. Sie erkannten die Inspiration und den Anstoß dazu, das eigene Handeln stets neu zu überdenken und den Mut zu haben, zu hinterfragen, sich in die Gesellschaft einzubringen und sich seiner eigenen Verantwortung bewusst zu sein. Nach dieser ausdrucksstarken Darbietung erklang erneut Klavierspiel, während jeder Schüler jeweils eine weiße Rose in Gedenken an ein Mitglied der Freundesgruppe in eine Vase vor den Abbildern von Hans und Sophie Scholl stellte. Auch die Besucher hatten Rosen mitgebracht, die sie vor den Bildern niederlegten. Sie dankten den Schülern sowie Lehrern des Gymnasiums dafür, dass diese jedes Jahr die Möglichkeit zum gemeinsamen Gedenken eröffnen.
Einige Gäste vertrauten uns Geschichten aus ihrem eigenen Leben an. Ein ehemaliger Abiturient berichtete von seinem 50-jährigen Klassentreffen 2017, an dem die Teilnehmer einen Lebensbaum in Gedenken an die Geschwister Scholl auf dem Schulgelände pflanzten, um sie damit zu ehren und auch um ein Zeichen gegen Rechtsextremisten zu setzen, die einen Tag zuvor, angetrieben von Parolen, durch Themar gelaufen waren. Ein anderer Besucher leitete seine Ansprache mit den Worten „Nie wieder ist jetzt“ ein. Er riet allen, die sich fragen würden, was sie für die Gesellschaft tun könnten, in Parteien mitzuarbeiten, zu Demonstrationen zu gehen, aktiv zu sein, Gegenargumentationen zu liefern und nicht still zu sein, wenn jemand nazistische Parolen rufe, sondern zu widersprechen. Nur so könne man etwas bewegen. Die letzte Rednerin legte dar, wie wichtig es sei zu hinterfragen. Man müsse zwischen den Zeilen lesen, um seine eigene Meinung bilden zu können und dürfe nicht der eines anderen blind vertrauen und hinterherrennen, wie es zur NS-Zeit der Fall gewesen sei.
Befasst man sich einmal genau mit der Geschichte der Weißen Rose, begreift man, dass es nötig ist zu hinterfragen und zu widersprechen, so wie es die Besucher unserer Veranstaltung geraten haben. Deshalb ist es angebracht, den Gedenktag auch zukünftig zu begehen und es ist bewegend, Menschen zuzuhören, denen dieses Thema auch wichtig ist.
Merle Kuhles (Klasse 10c)