am 10. und am 30. Juni ereigneten sich in der Ortschaft Isseroda zwei Brände, die wir in dieser Art und mit diesem Ausmaß noch nicht erlebt haben. Die Besonderheit bei diesen Bränden war, dass große Mengen an Lithium-Ionen-Batterien aus bisher uns noch nicht bekannten Gründen in Brand geraten sind. Insbesondere beim ersten Brand drohte der Übergriff des Feuers auf die angrenzend gelagerten Batterien und Gebäude. Des Weiteren können die bei Lithium-Bränden freigesetzten Gase einen hochkonzentrierten Cocktail aus Wasserstoff und Wasserstoffverbindungen, einschließlich Fluorwasserstoff, Chlorwasserstoff und Cyanwasserstoff, sowie Kohlenmonoxid, Schwefeldioxid, Methan und anderen gefährlichen Chemikalien enthalten. Deshalb können wir sehr gut verstehen, wenn einem die Sorge vor weiteren Ereignissen umtreibt. Aus diesem Grund habe ich mit der Gemeindeverwaltung, sowie den Ortschaftsbürgermeistern von Bechstedtstraß und Isseroda in den vergangenen Tagen und Wochen versucht, die wesentlichen Informationen zu den beiden Bränden zusammenzutragen. Als Gemeinde Grammetal sind wir derzeit unablässig darum bemüht, gemeinsam mit den beteiligten Akteuren die Nachfolgen der Ereignisse zu bewältigen und für die Zukunft vorzusorgen.
Am 10. Juni wurde die Leistelle des Landratsamtes gegen 13 Uhr über einen Batteriebrand auf dem Gelände der Suncycle GmbH im Isserodaer Gewerbegebiet informiert und hat anschließend entsprechend Einsatzkräfte der Grammetaler Feuerwehr sowie umliegender Wehren alarmiert. Innerhalb eines über 10 h langen Einsatzes gelang es den über hundert Einsatzkräften den brennenden Batteriecontainer zu löschen und ein Übergreifen auf andere Container zu verhindern. Insgesamt sind ca. 38 t an Batterien abgebrannt. Während des Brandes war nicht auszuschließen, dass brennbare, toxische als auch krebserregende Stoffe entstehen, weshalb die umliegende Bevölkerung per Lautsprecher über Polizeiwagen, das Modulare Warnsystem MoWas (worüber auch Warnapps wie Nina oder KatWarn ihre Informationen beziehen) und Radiosender gebeten wurde, Fenster und Türen verschlossen zu halten. Solche Warnung sollten im Allgemeinen ernst genommen werden.
Durch das Löschen des Brandes mit Wasser ist unter anderem ätzende Flusssäure entstanden, welche sich allerdings bereits während des Brandes größtenteils mit den Rauchgasen verflüchtigte. Das entstehende Löschwasser musste aufgrund der Verunreinigung mit Schwermetallen und anderen Batteriebestandteilen aufgefangen werden. Dies erfolgte über das unterirdische Regenrückhaltebecken unterhalb des Isserodaer Sportplatzes. Der Grabenauslauf des Rückhaltebeckens in den Sembdenborngraben konnte leider erst zeitversetzt nach Einsatzbeginn geschlossen werden, sodass anfänglich kontaminiertes Löschwasser über den Graben entwässert wurde. Insgesamt sind im Regenrückhaltebecken beim ersten Brand ca. 300 cbm kontaminiertes Löschwasser angefallen.
Am 30. Juni wurde die Leitstelle gegen 6:30 Uhr über einen erneuten Batteriebrand auf dem Gelände der Suncycle GmbH informiert. Im Gegensatz zum ersten Brand entschlossen sich die Einsatzkräfte den Batteriecontainer ausbrennen zu lassen, um die entstehende Menge an Flusssäure zu begrenzen. Dies war möglich, da die Container, im Gegensatz zum ersten Brand, mit etwas Abstand zueinander aufgestellt waren. Es wurden daher zunächst lediglich umliegende Batteriecontainer gekühlt, um ein Übergreifen des Brandes zu vermeiden. Zusätzlich zum Modularen Warnsystem und Radiosender wurde die Bevölkerung beim zweiten Brand auch über Cell Broadcast (Warnnachrichten an alle Mobiltelefongeräte, die sich in einem bestimmten Bereich befinden) gewarnt, sodass auch Bürger ohne Warnapp eine entsprechende Information erhalten konnten. Durch die geänderte Einsatzstrategie entstanden beim zweiten Brand „nur“ ca. 100 cbm kontaminiertes Löschwasser, welches sich allerdings mit ca. 200 cbm Regenwasser im Regenrückhaltebecken vermischt hatte.
Die Suncycle GmbH unterhält seit 2023 Geschäftsbeziehungen mit der GRS Batterien Service GmbH – ein Rücknahmesystem von Batterien nach dem Batterie-Gesetz – in deren Auftrag Batterien, die in Stromspeichern zum Einsatz kamen und aufgrund von Leistungsdefiziten ausgetauscht wurden, von der Suncycle GmbH eingesammelt und anschließend einem Entsorger übergeben werden. Laut Auskunft der Suncycle GmbH durchläuft jede Batterie eine Gefährdungsbeurteilung bevor es auf dem Betriebsgelände gelagert wird. Ausschließlich unbedenkliche Batterien werden auf das Betriebsgelände gebracht. Defekte Batterien werden sofort dem Hersteller übergeben. Auf dem Gelände wurden die Batterien in Containern mit bis zu 40 t Beladungsmenge gelagert. Die Container wurden sowohl mit Temperatur- als auch mit Feuchtigkeitssensoren ausgestattet.
Das kontaminierte Löschwasser des ersten Brandes wurde in Absprache mit dem Umweltamt in separaten Behältnern der Kläranlage Bechstedtstraß zwischengelagert. Laut Auffassung des Umweltamtes ging von dem gelagerten Löschwasser keine Gefährdung für Mensch und Umwelt aus. Eine Entsorgung des Löschwassers war erst möglich nachdem die konkrete Zusammensetzung des Wassers bestimmt wurde. Die zugehörigen Laborergebnisse lagen am 1. Juli 2024 vor. Demnach ist das Löschwasser vor allem mit Schwermetallen wie Lithium und Nickel belastet. Auch sei der Wert für polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) erhöht. Zudem weise der Leuchtbakterientest auf eine schädigende gewässerökologische Wirkung hin. Zum Zeitpunkt der Beprobung hatte sich der pH-Wert des Löschwassers bereits normalisiert, sodass von keiner wesentlichen Verunreinigung mit Flusssäure mehr ausgegangen wurde. Mit der Entsorgung konnte mittlerweile eine Fachfirma, die SUC Entsorgung GmbH aus Ohrdruf, beauftragt werden, die am 8. Juli mit der Entsorgung von täglich 50 cbm begann. Das Löschwasser des zweiten Brandes wurde direkt aus dem Regenrückhaltebecken analog zum Löschwasser des ersten Brandes entsorgt. Die Entsorgung war am 30. Juli abgeschlossen. Aufgrund der Entwässerung eines Teils des Löschwassers des ersten Brandes am 10. Juni durch den Sembdenborngraben hatte das Umweltamt am 14. Juni eine Anordnung erlassen, dass der Graben auf einer Länge von 150 m abzutragen sei. Die Abtragung erfolgte durch ein ortsansässiges Unternehmen im Auftrag der Suncycle GmbH. Es wurden Bodenproben entnommen, mit denen ggf. weitere erforderliche Maßnahmen durch das Umweltamt festgestellt werden sollen. Die Gemeinde hatte sich vehement dafür eingesetzt, dass die Anordnung und das Ausbaggern noch vor dem Wochenende erfolgten, da für das Wochenende Regenfälle vorausgesagt wurden und damit eine Vergrößerung der kontaminierten Fläche drohte.
Nach dem ersten Brand wurde sofort damit begonnen, den Abtransport der Batterien zu organisieren. Ab dem 8. Juli sollen je Woche 3 bis 5 LKWs (je LKW 33 Paletten a 14 Module) an Batterien abtransportiert werden. Nach dem zweiten Brand lagerten nach Auskunft der Suncycle GmbH noch drei vollständig und ein teilweise gefüllter Container auf dem Gelände (entspricht über 100 t). Der Abtransport soll innerhalb von 3 bis 4 Wochen abgeschlossen sein. Zukünftig sollen die Batterien innerhalb von 1,5 bis 2 Wochen regelmäßig im laufenden Betrieb abtransportiert werden, sodass nicht erneut eine so große Lagerungsmenge auf dem Gelände auftritt.
Antwort Landratsamt:
Die Stauraumkanäle, in denen der Großteil des kontaminierten Löschwassers aufgefangen werden konnte, liegen unter dem Sportplatz. Das Abpumpen des Löschwassers erfolgte am 14. und 15.06.2024. Stellfläche des entsprechenden Fahrzeuges war die Zufahrtsstraße zur Schule. Daher wurde die Schule als unmittelbarer Nachbar vorsorglich für den Zeitraum der
Abpumpmaßnahmen geschlossen. Anders als zur Schule, wurde der Abstand zu den weiteren Gebäuden als ausreichend erachtet. Daher erfolgte keine weitere Information.
Zunächst hat der Brand gezeigt, dass unsere Feuerwehren der Gemeinde Grammetal und die hinzugezogenen Nachbarwehren sowie spezielle Einsatzkräfte die Brandbekämpfung professionell und sachgerecht durchgeführt haben. Dieses beherzte Eingreifen hat Schlimmeres verhindert.
Dennoch werden die Brände in dem Zusammenwirken mit der Gemeindeverwaltung und der Feuerwehr aufgearbeitet, um ggf. Rückschlüsse für zukünftige Ereignisse in ähnlichen Dimensionen zu ziehen. Dabei sind nach ersten Erkenntnissen insbesondere Ausstattung, Kommunikationswege, Lagerhaltung und Feuerwehrorganisation im Fokus. Hier sehen wir uns innerhalb der Gemeinde gut gewappnet.
Mit der Beendigung des Brandgeschehens endete auch grundsätzlich die Zuständigkeit der Gemeinde Grammetal und die weiteren Schritte zur Nachsorge waren im Wesentlichen durch das Landratsamt Weimarer Land einzuleiten. In Anbetracht der aus unserer Sicht bestehenden Gefährdung für unsere Bürger und der Umwelt durch das kontaminierte Wasser/Erdreich und der noch auf dem Gelände der Suncycle GmbH gelagerten Lithium-Ionen-Akkus ist eine enge Abstimmung zwischen den beteiligten Behörden erforderlich. Am 29.07.2024 erfolgte dazu eine Nachbesprechung im Landratsamt Weimarer Land unter Beteiligung der Landrätin dem Leiter des Brand- und Katastrophenschutzes, dem Leiter des Umweltamtes und mir als Bürgermeister der Gemeinde Grammetal.
Eine weitere ständige Aufgabe ist die Fortschreibung der Gefährdungsanalyse im Gemeindegebiet insbesondere bei Neuansiedlungen oder Nutzungsänderungen bei gewerblichen Betrieben.
Sie sehen, diese Brände von Lithium-Ionen-Akkus sind sowohl in der Brandbekämpfung, als auch in der Nachsorge eine große Herausforderung. Auch der Brand von defekten Smartphone-Akkus kann für jeden von uns eine Gefahr darstellen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Bürgermeister, Roland Bodechtel